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Datenschützer von Bund, Ländern und Sendern fordern Änderungen am Rundfunkbeitragsstaatsvertrag

Am Montag (11. Oktober 2010) fand in Berlin die entscheidende Anhörung der Länder zu dem neuen Rundfunkbeitragsmodell statt. Weder Journalisten noch Landtagsabgeordnete durften daran teilnehmen. Allerdings erhielten die Datenschutzbeauftragten der Länder die Möglichkeit, ihre Bedenken vorzutragen. Und so erklärte der amtierende Vorsitzende der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, der baden-württembergische Landesdatenschutzbeauftragte Jörg Klingbeil:  

„Der grundlegende Systemwechsel sollte für mehr statt weniger Datenschutz, also für mehr Datensparsamkeit, genutzt werden. Der vorliegende Entwurf des Staatsvertrags erfüllt unsere Hoffnungen noch nicht. Die bestehenden Befugnisse bei der Geldeintreibung werden beibehalten und teilweise sogar noch erweitert; so soll künftig sogar die Datenerhebung über den Adresshandel möglich sein. Auf diese Weise stellt das neue Finanzierungsmodell nur alten Wein in neuen Schläuchen dar.“

Die Datenschützer fordern seit langem, mit diesem Systemwechsel endlich auch die Befugnisse zur Erhebung und Speicherung personenbezogener Daten einzuschränken. Der Staat sei gehalten, gesetzlich dafür zu sorgen, dass die Datenverarbeitung auf ein Maß beschränkt wird, das für den Zweck der Rundfunkfinanzierung unerlässlich ist. Und so fordern sie in einer aktuellen Erklärung vom 10. Oktober konkret:

– „die Datenerhebungsbefugnisse beim Beitragseinzug von Wohnungsinhabern auf das erforderliche Maß zu beschränken, den Direkterhebungsgrundsatz zu beachten und vor allem auf Datenerhebung beim Adresshandel zu verzichten,

– bei Befreiungsanträgen von Wohnungsinhabern aus sozialen Gründen wie Armut oder Behinderung nur die Vorlage einer Bestätigung des Leistungsträgers zuzulassen, auf die Vorlage der vollständigen Leistungsbescheide aber zu verzichten und

– auf die beabsichtigten Übermittlungen der Adressdaten aller gemeldeten Volljährigen durch die Meldestellen als Einstieg in das neue Beitragsmodell über einen Zeitraum von zwei Jahren zu verzichten, stattdessen die Datenübermittlung auf zeitnahe Übermittlungsbefugnisse nach dem Melderecht zu beschränken.“

Dies ist auch die Quintessenz einer Stellungnahme, die sie einige Tage nach einer Anhörung durch die Rundfunkreferenten der Länder am 15. September 2010 vorlegten. In dieser setzten sie sich auch mit Äußerungen der Rundfunkreferenten der Länder auseinander, dass noch bestehende Unklarheiten im Gesetzestext dann im Rahmen einer Begründung zum Staatsvertragsentwurf ausgeräumt würden. Diese Begründung liegt noch nicht vor. Die Datenschutzbeauftragten monieren deshalb, dass

„strukturelle Unklarheiten einer Rechtsnorm nicht durch eine noch so kreative Begründungsformulierung beseitigt werden können. Auch ist eine Gesetzesbegründung nicht in der Lage, die fehlende Bestimmtheit von Ermächtigungen und Pflichten im Gesetzeswortlaut auszugleichen. Zudem erscheint es untunlich, zuerst den Staatsvertrag durch die Landesregierungen unterzeichnen zu lassen und einigen Regelungen erst danach eine inhaltliche Bedeutung zu geben.

Auch der schon geäußerte Gedanke, die Rechtsprechung könne unklare Begrifflichkeiten mit weiteren Konturen versehen, geht fehl. Zwar ist die Rechtsprechung grundsätzlich berufen, unbestimmte Rechtsbegriffe auszufüllen. Es kann jedoch nicht ihre Aufgabe sein, unklare und missverständliche Begriffe erstmals in etwaigen Prozessen überhaupt verständlich zu machen.“

Sie stellen also faktisch fest, dass die Rundfunkreferenten wie auch die Ministerpräsidenten ihre Arbeit machen und ihrer Pflicht nachkommen sollen, einen Staatsvertrag mit klaren und verständlichen Regelungen zu verabschieden.

Am Tag der Anhörung äußerten sich auch die Rundfunkdatenschutzbeauftragten von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Sie begrüßten „den Umstieg auf eine geräteunabhängige Rundfunkfinanzierung.“ Der Arbeitskreis hält „Nachbesserungen aber für erforderlich“. (Leider wurde die in der Presseerklärung angesprochene Stellungnahme zum geplanten 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht mit verlinkt.) Auch sie sehen also noch Änderungsbedarf. Damit folgen sie nicht ihrem früheren Kollegen Hans Peter Bull, der im Auftrag von ARD und ZDF ein Gutachten zum Entwurf des Staatsvertrages erstellt und am 20. September vorgelegt hatte. Hans Peter Bull forderte sogar im Interesse der Gebührengerechtigkeit sowie der Effektivität noch mehr Daten zu erfassen.

Im Gegensatz zu dem von ihren Anstalten bezahlten Gutachter wollen sie, dass weniger statt mehr Daten erhoben werden. So soll der Grundsatz „eines Beitrags pro Wohnung konsequenter“ umgesetzt werden. Wenn man auf die Unterscheidung von Haupt- und Nebenwohnung verzichtet, könnten „Ausforschungen hinter der Wohnungstür“ unterbleiben. Und sie stellen außerdem fest:

„Im Rahmen der Beitragsbefreiung aus sozialen Gründen solle auf die Pflicht zur Vorlage von Sozialleistungsbescheiden im Original verzichtet werden. Denn solche Originalbescheide enthielten weit mehr Daten als zur Beitragserhebung notwendig. Die Sozialleistungsträger müssten vielmehr verpflichtet werden, aussagekräftige Drittbescheinigungen über die Gewährung von Sozialleistungen auszustellen.“

Mal sehen, ob die Ministerpräsidenten wenigstens diese Anregungen aufgreifen. Sie treffen sich am nächsten Mittwoch (20.10.) zu ihrer dreitägigen Jahreskonferenz. Da wollen sie die politische Entscheidung treffen. Danach sollen die Landtage „vorunterrichtet“ werden. Am 15. Dezember diesen Jahres wollen sie den Staatsvertrag unterzeichnen.

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