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Die Erniedrigung des Gefreiten Bradley Manning

Der Protest gegen die Haftbedingungen von Bradley Manning nimmt zu. Nachdem sich Ende März bereits Amnesty International in einem offenen Brief an US-Präsident Obama wandte, um auf die untragbaren Zustände des in strengster Isolationshaft in einem US-Militärgefängnis festgehaltenen Manning hinzuweisen, ziehen nun namhafte Rechtsgelehrte nach. Jetzt veröffentlichte die New York Book Review einen von Bruce Ackerman (Yale Law School) und Yochai Benkler (Harvard Law School) initiierten offenen Brief an die US-Regierung, den in kürzester Zeit über 250 Intellektuelle unterzeichneten. Unter dem Titel „Die Erniedrigung des Gefreiten Manning“ werden dort die jeder Rechtsgrundlage entbehrenden unmenschlichen Haftbedingungen angeklagt:

Seit neun Monaten ist Manning 23 Stunden am Tag in seine Zelle eingesperrt. Während seiner einen verbleibenden Stunde kann er sich im Kreis in einem anderen Raum bewegen, ohne dass weitere Gefangene anwesend sind. Ihm ist es tagsüber nicht erlaubt einzunicken oder zu entspannen, sondern er muss alle fünf Minuten mündlich auf die Frage „Bist du okay?“ mit Ja antworten. Nachts wird er geweckt und erneut mit „bist du okay“ befragt, sobald er seinen Rücken der Zellentür zukehrt oder seinen Kopf mit einer Decke bedeckt, so dass die Wachen sein Gesicht nicht sehen können. In der vergangenen Woche wurde er gezwungen, nackt zu schlafen und nackt zur Inspektion vor seine Zelle zu treten. Für unabsehbare Zeit wurde ihm seine Kleidung abgenommen, muss er einen „Kittel“ tragen – unter der Behauptung, es bestehe Gefahr für sich selbst, die er bestreitet.

Manning, der von der US-Regierung bezichtigt wird, Julian Assange und WikiLeaks die Kabeldepeschen der US-Botschaften verschafft zu haben, solle ein faires Verfahren erhalten. Seine entwürdigende Behandlung widerspreche der Verfassung und der Bill of Rights. Sie diene allein zur Abschreckung künftiger Withleblower und/oder zur Konstruktion einer erzwungenen Verschwörung mit Assange. Der Brief endet mit dem Appell:

Die Wikileaks-Enthüllungen berührten jeden Winkel der Welt. Nun schaut die ganze Welt auf Amerika und beobachtet, was es tut, nicht was es sagt.

Präsident Obama war einst ein Professor für Verfassungsrecht und betrat die nationale Bühne als ein wortgewandter sittlicher Führer. Die Frage ist nun indes, ob sein Verhalten als Oberbefehlshaber die grundlegenden Normen des Anstands erfüllt. Er sollte nicht bloß beteuern, dass Mannings Haftunterbringung „angemessen und mit unseren wesentlichen Normen übereinstimmt“, wie er das zuletzt tat. Er sollte dem Pentagon abverlangen, die Grundlagen für dessen außeralltägliche Handlungen öffentlich zu belegen – und sofort jene zu beenden, die dem Tageslicht nicht standhalten.

Unterdessen hat nach einem Bericht von Wired ein Sprecher der US-Army weitere Anschuldigungen gegen Manning erhoben. Demnach soll dieser eine nicht-autorisierte Data-Mining Software auf das Secret Internet Protocol Router Network (SIPRnet) der Streitkräfte aufgespielt haben. Um welche Software es sich handelte, die Manning ein automatisches Auswerten der Datenbestände erlaubt haben soll, könne allerdings nicht mitgeteilt werden. Auskünfte darüber würden die weitere Ermittlungsarbeit behindern, hieß es von Seiten des Militärs.

Klar scheint allerdings, dass Manning durch diese weitere Anschuldigung Vorsatz unterstellt werden könnte. Zudem versuchen die Militärankläger offenbar gleichzeitig ein politisches Motiv auf Seiten Mannings in Abrede zu stellen. Bislang war ein solches in den Medien auf Basis von aufgezeichneten, vermeintlichen Chat Logs Mannings mit dem zu den US-Behörden übergelaufenen Ex-Hacker Adrian Lamo behauptet worden. (Siehe hierzu zuletzt Greg Mitchell in The Nation.)

Nun behauptet der Militärsprecher, Manning habe den Code der Software ein erstes Mal zwischen dem 11. Februar 2010 und dem 3. April 2010 aufgespielt und ein zweites Mal um den 4. Mai – letzteres nur einen Tag nachdem Manning nach einer Auseinandersetzung mit einem anderen US-Soldaten vom Stabsgefreiten zum Gefreiten degradiert worden sei.

In der Logik der militärischen Strafverfolger könnte sich darin neben dem strafverschärfenden Handeln aus Vorsatz ein ebensolches aus niederen Beweggründen andeuten.

Ein Kommentar zu “Die Erniedrigung des Gefreiten Bradley Manning”

  1. Anonymous sagt:

    Aufgelesen und kommentiert 2011-04-05…

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