Respekt für geistige Leistung und künstlerische Arbeit – so ist das Positionspapier der Initiative Urheberrecht überschrieben, das diese bereits im September 2012 verabschiedet und kürzlich im politischen Betrieb verteilt hat. Die Initiative ist ein Zusammenschluss von zahlreichen Urheberverbänden: von der Illustratorenorganisation über den Deutschen Komponistenverband bis hin zu den freien Journalisten. Viele von ihnen haben nicht die Kapazitäten, um selbst politisches Lobbying zu betreiben. Da ist es gut, sich zusammenzuschließen, um mit einer Stimme zu sprechen.
In dieser Stimme klingt jede Menge Empörung mit. Die Autoren des Papiers haben sichtlich Mühe, diese zu verbergen, zumal das Sachliche im Wesentlichen ein Copy & Paste aus früheren Stellungnahmen ist. Nun muss man von Positionen, die man einmal als richtig erkannt hat, nicht unbedingt abrücken, nur weil ein gesellschaftlicher Druck entstanden ist, der diese in Frage stellt. Bedauerlich ist jedoch, wie konsequent die Initiative jede Auseinandersetzung mit diesem Druck verweigert.
Dem digitalen Wandel und seinen gesellschaftlichen Folgen gegenüber nehmen die Urheberverbände eine völlig ungebrochene Abwehrhaltung ein. Das Urheberrecht reformieren? Geht nicht, Schutz des Eigentums, Schutz der Persönlichkeitsrechte. Remix, Mash-up? Nix da. Fair use? Bloß nicht. Rechtsdurchsetzung? Muss sein, wenigstens mit Warnhinweisen. Und überhaupt: Es geht nicht, dass jetzt plötzlich die Nutzer im Mittelpunkt stehen sollen. Es heißt schließlich Urheberrecht. Punkt, fertig. Oder im O-Ton: „Die Initiative Urheberrecht spricht sich mit Nachdruck gegen Vorschläge aus, die das Selbstbestimmungsrecht von Urhebern und ausübenden Künstlern grundsätzlich in Frage stellen.“
Aus Sicht der Urheber ist alles ganz einfach: Da gab es ein tolles Urheberrecht, es ging ihnen prima, dann kamen die Piraten, und die Politiker sind dem populistischen Hype erlegen. Jetzt muss man sie mit einem Positionspapier am Ohrläppchen ziehen, damit sie merken, wie böse die Urheber auf sie sind. Das wird sie schon zur Räson bringen.
Dass Politiker vor Populimus nicht ganz gefeit sind, wird kaum jemand ernsthaft bestreiten wollen. Aber Politiker sind auch gezwungen, mit offenen Augen durch die Welt zu laufen, gesellschaftliche Veränderungen wahrzunehmen, zu interpretieren und darauf zu reagieren. Urheber offenbar nicht. Die wollen, dass alles bleibt, wie es ist, so sehr sich die Welt auch verändern mag. Und so werden in dem Papier Vorschläge zu Reformen des Urheberrechts nur diskutiert, um sie sogleich in Bausch und Bogen zurückzuweisen, als unvereinbar mit der Begründung des Urheberrechts von 1965. Oder mit diversen Bundesverfassungsgerichtsurteilen, die der geneigte Leser in den Fußnoten findet. Veränderungen kann man sich nur dort vorstellen, wo man selbst unmittelbar von ihnen profitieren würde.
Jeder hat das Recht, seine eigenen Interessen zu vertreten. Wer aber eigene Interessen vertritt, ohne nach links und rechts zu schauen, wer also mit Scheuklappen durch die Gegend läuft, braucht sich nicht zu wundern, wenn er mit niemandem ins Gespräch kommt. Wer mit der Verfassungskeule (Eigentumsgarantie) auf alle einzuschlagen droht, die der Meinung sind, dass sich am geltenden Recht für geistige Schöpfungen etwas ändern müsste, braucht nicht erstaunt zu sein, wenn das nicht gerade als konstruktiver Beitrag zu einer Reformdiskussion aufgefasst wird.
Da hilft es auch nicht mehr, wenn am Ende des Papiers ein Lippenbekenntnis für gesellschaftliche Verständigung nachgeschoben wird. Die Urheber haben sich entschlossen, wie ein Fels in der Brandung zu stehen, so hoch die Wellen auch schlagen mögen. Das ist ihr gutes Recht. Aber es ist eine Fehleinschätzung zu glauben, man könnte die Politik davon überzeugen, es ebenso zu halten.
[…] auch kritische Fragen. Ilja Richter hat im Digitale Linke-Blog das Positionspapier kommentiert: Empörte Urheber: das Positionspapier der Initiative Urheberrecht. Dem digitalen Wandel und seinen gesellschaftlichen Folgen gegenüber nehmen die Urheberverbände […]
[…] DIGITALE LINKE: “Respekt für geistige Leistung und künstlerische Arbeit – so ist das Positionspapier der I… […]
[…] Ilja Braun attestiert der “Initiative Urheberrecht” insgesamt Empörung und Scheuklappen: “Das Urheberrecht reformieren? Geht nicht, Schutz des Eigentums, Schutz der Persönlichkeitsrechte. Remix, Mash-up? Nix da. Fair use? Bloß nicht. Rechtsdurchsetzung? Muss sein, wenigstens mit Warnhinweisen. Und überhaupt: Es geht nicht, dass jetzt plötzlich die Nutzer im Mittelpunkt stehen sollen. Es heißt schließlich Urheberrecht. Punkt, fertig.” […]
Für derlei unqualifiziertes Genörgel würde ich ja meine Parteimitgliedschaft gerne dran geben.
Was soll die rethorische Abkanzelung berechtigter und durch unser Parteiprogramm ausdrücklich anerkannter Autoreninteressen als „Verfassungskeule“?
Sind wir es nicht selbst, die sich zu Recht darüber aufregen, wenn die Geltendmachung von Bürgerrechten, z.B. im Versammlungsrecht, durch die CDU-Politiker als „Verfassungskeule“ abgetan werden, als könne man über die Grundrechte einfach hinwegsehen.
Dient es denn unserer Partei, wenn immer wieder einer laut aufruft „Enteignung“ obwohl wir die Soziale frage in unserem Parteiprogramm schon lange ganz anders stellen?
Liebe Genossen – überlasst nicht das Feld der Webseitenbetreuung den Google-gesteuerten selbsternannten Netzverstehern.
Die Freiheit des Netzes wird durch das Urheberrecht nicht gefährdet, auch wenn am Stammtisch eine Hohe Anwaltskostenrechnung für Abmahnungen die Vorstellungskraft einiger Genossen leider übersteigt.
Aussagen wie „man darf ja seine Position vertreten, aber dann gleich mit Grundrechten zu kommen“ gehören in den rhetorischen Schatz unserer Gegner – so sollte es bleiben!
Und zum Thema Urheberrecht: fragt mal jemanden von Verdi – Sachverstand ist ja durchaus auch im Freundeskreis anzuzapfen.
Mit solidarischen Grüßen
Markus