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EuGH: Vorratsdatenspeicherung de facto unmöglich?

Der EuGH (C-293/12, C-594/12) hat heute die Vorratsdatenspeicherung gekippt und rückwirkend außer Kraft gesetzt. Die Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Daten ist ungültig, lautet es knapp und vielversprechend im entsprechenden Leitsatz des Gerichts. Dennoch hat das Gericht die Richtlinie nicht in Bausch und Bogen zurückgewiesen, sondern ihr „eine dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung“ (Rn. 44) zuerkannt und insofern eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit des mit ihr einhergehenden Eingriffs vorgenommen.

Halina Wawzyniak hat in einer ersten Bewertung bereits darauf hingewiesen, dass mit dem Urteil künftig durchaus eine verhältnismäßige Vorratsdatenspeicherung möglich wäre. Zugleich verweist sie auf mehrere Randnummern des Urteils, die eine Vorratsdatenspeicherung als anlasslose Vorratsdatenspeicherung de facto unmöglich machten. Zwei davon seien hier wiedergegeben:

In Rn. 59 heißt es:

Zum anderen soll die Richtlinie zwar zur Bekämpfung schwerer Kriminalität beitragen, verlangt aber keinen Zusammenhang zwischen den Daten, deren Vorratsspeicherung vorgesehen ist, und einer Bedrohung der öffentlichen Sicherheit; insbesondere beschränkt sie die Vorratsspeicherung weder auf die Daten eines bestimmten Zeitraums und/oder eines bestimmten geografischen Gebiets und/oder eines bestimmten Personenkreises, der in irgendeiner Weise in eine schwere Straftat verwickelt sein könnte, noch auf Personen, deren auf Vorrat gespeicherte Daten aus anderen Gründen zur Verhütung, Feststellung oder Verfolgung schwerer Straftaten beitragen könnten.

In Rn. 63 ist zudem zu lesen:

Drittens schreibt die Richtlinie 2006/24 hinsichtlich der Dauer der Vorratsspeicherung in ihrem Art. 6 vor, dass die Daten für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten auf Vorrat zu speichern sind, ohne dass eine Unterscheidung zwischen den in Art. 5 der Richtlinie genannten Datenkategorien nach Maßgabe ihres etwaigen Nutzens für das verfolgte Ziel oder anhand der betroffenen Personen getroffen wird.

Die Beschränkung einer Vorratsspeicherung von Daten auf einen bestimmten Zeitraum, ein bestimmtes geografisches Gebiet und/oder einen bestimmten Personenkreis kann ebenso wie die Unterscheidung von Datenkategorien nach dem Nutzen des verfolgten Ziels oder betroffenen Personen tatsächlich nicht anlasslos bewerkstelligt werden. Insofern könnte sich das Urteil für die Befürworter einer verhältnismäßigen Vorratsdatenspeicherung noch als eine Bombe erweisen.

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