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Kabelweitersendung soll technikneutral werden

Es sind nur sechs Worte, die die Bundesregierung an den Urheberrechtsparagraphen anfügen möchte, der die Kabelweitersendung regelt: „oder auf sonstige Art und Weise“. Kurz, in Zukunft gelten auch andere Techniken als die Verbreitung über Kabel als Kabelweitersendung. Das Gesetz soll technikneutral werden.

So weit, so gut. Aber was ist eigentlich Kabelweitersendung?

Kabelunternehmen speisen die Signale der Fernsehsender ins Kabel ein und leiten sie weiter. Es geht also um die inhaltsgleiche, unveränderte Weitersendung von Programmen. Dafür zahlen die Kabelunternehmen eine Vergütung an die Verwertungsgesellschaften. Sowohl Urheber als auch Sender bekommen davon etwas ab: die Urheber wegen ihrer Urheberrechte, die Sender wegen ihrer Leistungsschutzrechte an der Produktion.

Damit sind die Kabelunternehmen eigentlich noch nie einverstanden gewesen. Was wenig verwundert, schließlich sind sie es, die zahlen müssen, nämlich etwa 4% des Bruttoentkundenentgelts, also dessen, was sie von ihren Kunden jeden Monat einnehmen. Seit Jahren kämpfen sie deshalb dafür, dass diese Zahlungen wegfallen sollen.

Damit wiederum sind die Urheber nicht einverstanden, weil sie genau wissen, dass sie ihren Anspruch auf eine angemessene Vergütung gegenüber den Sendern nicht durchsetzen könnten. Denn wenn man als einzelner kleiner Urheber mit einem großen Sendeunternehmen verhandeln muss, ist man natürlich in einer schlechteren Situation, als wenn man das eine Verwertungsgesellschaft machen lässt.

Das hat auch der Gesetzgeber eingesehen, und so sitzen seit einigen Jahren die öffentlich-rechtlichen Sendeunternehmen, die meisten privaten Sender sowie die Verwertungsgesellschaften VFF, VG WORT, GVL und VG BildKunst zusammen in der sogenannten „Münchner Runde“, um gemeinsam Lizenzen für die Kabelweitersendung zu vergeben.

Das Problem dabei ist, dass die Lizenzierung für das Internet nicht ohne Weiteres machbar ist, denn im Netz findet ja, technisch gesehen, keine Kabelweitersendung statt. Folglich können Anbieter, die Inhalte von Rundfunkanstalten ins Netz streamen wollen, dafür bislang keine Lizenz erwerben. Genauer gesagt: Sie müssen umständlich alle Rechteinhaber einzeln fragen. Angebote wie zattoo sind deshalb nicht ohne Weiteres möglich – zattoo funktioniert nur, weil es mit den öffentlich-rechtlichen Sendern eine vertragliche Einigung gibt. Für das Privatfernsehen kamen solche Einigungen nicht zustande, weil die Produzenten der Meinung waren, man müsste mit ihnen direkt verhandeln. Zattoo hatte zunächst versucht, sich auf die Kabelweitersendung zu berufen, war aber damit gescheitert. Auch mobile Angebote, etwa Fernsehstreams über LTE, sind derzeit nur möglich, wenn der Anbieter einen erheblichen Rechteklärungsaufwand auf sich nimmt.

Die nunmehr im Referentenentwurf vorgeschlagene vorgeschlagene technikneutrale Ausgestaltung ist entsprechend in der Branche unumstritten. Das eigentliche Problem greift sie indes gar nicht auf: die zunehmende Medienkonvergenz. Kabelweitersendung betrifft nämlich von vornherein nur Streams. Video-on-demand-Angebote sind noch mal eine ganz  andere Kiste, denn sie fallen von vornherein nicht unter das Senderecht und somit auch nicht unter den Begriff Weitersendung. Tatsächlich verschwimmt jedoch die Grenze zwischen Stream und On-demand zunehmend, und zwar umso eher, je fortschrittlicher die entsprechenden Angebote sind. Für On-demand muss man aber auf jeden Fall die Rechteinhaber einzeln fragen. Kollektivlösungen über Verwertungsgesellschaften gibt es hier bislang nicht.

Insofern ist die technikneutrale Ausgestaltung der Kabelweitersendung eigentlich eine Art Brückentechnologie. Sie macht kurzfristig mehr möglich, als heute geht. Langfristig wird aber den Nutzern kaum plausibel zu erklären sein, warum Streams und On-Demand-Angebote überhaupt unterschiedlich behandelt werden.

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