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Lektionen in Politsprech: Die Bundesregierung und die Netzneutralität

Vor kurzem wurde unter anderem hier ein Aufschrei laut, dass die Netzneutralität in Deutschland mal wieder gebrochen wird. Kabel Deutschland hatte seine AGB im Bereich IP-Datentransport geändert. Nach den neuen Regelungen (PDF) findet sich auf Seite 4 unter „Leistungsbeschreibung“ der Hinweis auf eine Geschwindigkeitsdrosselung für File-Sharing-Anwendungen, wenn an einem Kalendertag mehr als 10 Gigabyte darüber heruntergeladen werden.

Die netzpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Halina Wawzyniak, hat daraufhin bei der Bundesregierung mal nachgefragt (PDF), wie man das mit Kabel Deutschland dort denn so bewertet. Schließlich behauptet diese beständig, dass die Netzneutralität in Deutschland nicht gefährdet ist und im Zweifel der Wettbewerb alles regeln wird.

Bei der Beantwortung der Fragen zeigt die Bundesregierung einmal mehr, wie mit Anfragen von Parlamentariern umgegangen wird: Ausweichen und in bestem Politsprech irgendwas aufschreiben (zur Not auch ohne Bezug auf die gestellten Fragen). Die erste Frage wird einfach nicht beantwortet und bei Antwort zur zweiten Frage ist nicht ganz klar, worauf eigentlich geantwortet wird. Wir möchten die Antworten daher hier dokumentieren. Falls jemand eine tatsächliche inhaltliche Aussage der Bundesregierung findet, sind wir über jeden Hinweis dankbar.

  1. Sieht die Bundesregierung das Prinzip der Netzneutralität durch Kabel Deutschland verletzt, wenn in den ab Mai 2012 gültigen AGB (hier Leistungsbeschreibung für Internet- und Telefondienste unter Punkt 2.b) vorgesehen ist, die Übertragungsgeschwindigkeit für Filesharing-Anwendungen bei Überschreiten eines Tageslimits von 10 Gigabyte auf 100kB/s zu drosseln und sieht die Bundesregierung in diesem Fall Handlungsbedarf nach §41a TKG?Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass Wettbewerb und Transparenz den besten Schutz für eine diskriminierungsfreie und neutrale Datenübermittlung bieten. Daher wurde in das TKG (§ 43a Abs. 2 Nr. 3) eine Neuregelung aufgenommen, mit der die Transparenzpflichten der Anbieter zugunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher verschärft wurden.

    Aus Sicht der Bundesregierung müssen die weitere Entwicklung und laufende Untersuchungen abgewartet werden, etwa die „Iniative Netzqualität“ im Auftrag der Bundesnetzagentur oder die Konsultationen des Gremiums Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK). U.a. daran orientiert sich die Frage nach einem Handlungsbedarf mit Blick auf § 41a Telekommunikationsgesetz.

  2. Wie beurteilt die Bundesregierung die Drosselung der Übertragungsgeschwindigkeit bestimmter Dienste und Anwendungen im Internet und vor allem die dazu notwendige technische Überwachung und Inspektion des Datenverkehrs von Nutzerinnen und Nutzern unter Aspekten des Datenschutzes und wie gedenkt die Bundesregierung den Datenschutz bei der Überwachung und Inspektion des Datenverkehrs von Nutzerinnen und Nutzern zu schützen?Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse, ob und inwiefern die Datenschutzbestimmungen durch Drosselung der Übertragungsgeschwindigkeit bestimmter Dienste und Anwendungen im Internet Verletzt werden. Der Datenschutz und das Fernmeldegeheimnis müssen bei Anwendungen dieser Praktiken gewahrt bleiben. Die Prüfung und Beanstandung von möglichen Datenschutzverstößen ist zunächst Sache des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie der Bundesnetzagentur.

 

Ein Kommentar zu “Lektionen in Politsprech: Die Bundesregierung und die Netzneutralität”

  1. […] Vor einigen Tagen habe ich kommentiert, daß Kabel Deutschland seinen Kunden mit einer Einschränkung ihrer Bandbreite droht, sofern diese pro Kalendertag mehr als 10GiB Datenverkehr verursachen. Aus meiner Sicht ist dies ein klarer Verstoß gegen die Netzneutralität. Erfreulicher Weise hat jetzt die netzpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Halina Wawzyniak, zu diesem Sachverhalt eine kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt. […]