DIGITALE LINKE
— Politik in der digitalen Welt! —
 

Mehr oder weniger Datenschutz im Internet?

Bei der nicht-öffentlichen Sitzung der Projektgruppe Datenschutz der Enquête-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ debattierten die Mitglieder unter Punkt 2.1 des Arbeitsprogramms „Prinzipien, Ziele und Werte“ des Datenschutzes. Dabei wurde vor allem das Verhältnis von Informationsfreiheit auf der einen und Datenschutz auf der anderen Seite diskutiert. Es ging um die Frage, wie strikt Datenschutz in einer Informationsgesellschaft sein darf, die auf eine möglichst große Masse frei verfügbarer Informationen angewiesen sei.

Halina Wawzyniak, Obfrau der Fraktion in der Enquête, sagte dazu im Anschluss: „Ein pauschales weniger an Datenschutz zugunsten von unreflektierten Anforderungen der Informationsgesellschaft mit ihren verschiedensten privaten und privatwirtschaftlichen Akteuren und deren Interessen wird es mit uns nicht geben.“

Auch und gerade in einer Informationsgesellschaft müsse etwa das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, im Sinne informierter Bürgerinnen und Bürger, gestärkt werden. Nur wer sich darüber bewusst sein kann, welche seiner persönlichen Daten von wem und zu welchem Zweck erhoben und verarbeitet werden, könne selbstbestimmt an den Möglichkeiten einer digitalisierten Gesellschaft teilhaben. An diesem wichtigen Grundsatz wird die LINKE in der aktuellen Debatte festhalten.

Halina Wawzyniak wies in der Sitzung noch einmal darauf hin, dass das Debattieren in nicht-öffentlichen Projektgruppensitzungen nicht dem Einsetzungsbeschluss der Enquête-Kommission entspricht, wonach eine Einbeziehung der Öffentlichkeit „in besonderem Maße“ erfolgen solle. „Es kann nicht sein, dass die Diskussion um und konkrete Arbeit an Texten und Thesen unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt, und der so genannte 18. Sachverständige völlig außen vor gelassen wird.“ so Wawzyniak.

Die Fraktion DIE LINKE wird die Frage der Öffentlichkeit auch in den Projektgruppen weiter thematisieren, um eine tatsächliche Einbeziehung interessierter Bürgerinnen und Bürger zu erreichen.

Bereits zur dritten Sitzung der Projektgruppe Datenschutz am 4. Oktober diesen Jahres hat die Fraktion einen Textbeitrag zu „Prinzipien, Zielen und Werten“ des Datenschutzes erarbeitet.

Dieser Bericht ist zuerst erschienen auf linksfraktion.de

5 Kommentare zu “Mehr oder weniger Datenschutz im Internet?”

  1. Die Frage beim Datenschutz ist ja zunächst einmal: Was genau ist das Problem?

    Denn meist wird ja versucht, irgendein anderes Problem zu lösen. Sei es, dass man die Versicherung dann nicht bescheissen kann (eh ein super Grund), dass irgendeine Rating-Agentur vielleicht irgendwas damit macht usw. Hier sollte man aber das Problem im Kern lösen und z.B. Rating-Agenturen regulieren. Selbst wenn ich aufgrund einer Meinungsäußerung einen Job nicht bekomme, ist das kein Datenschutz- sondern ein gesellschaftliches Problem.

    Hier würde mich mal ein Brainstorming interessieren, was denn für Gefahren drohen könnten. Meistens höre ich da immer nur sehr konstruierte Beispiele, was eher dafür spricht, dass es doch meist Ängste als wirkliche Gefahren sind.

    Das Verhältnis, um das es meiner Meinung nach geht, ist eher das zwischen dem Datenschutz und der sozialen Interaktion miteinander. Gebe ich keine Daten preis, wird es auch eher einsam. Das globale Dorf hat halt auch die gleichen Auswirkungen wie ein Dorf. Auch da weiss evtl. der Arbeitgeber mehr als in der Stadt. Ob das ein Problem ist, weiss ich aber nicht.

    Ich empfehle doch eher Gelassenheit, denn sonst verbauen wir uns die Zukunft. Wenn man mal mit Firmen spricht, haben die jetzt schon soviele Regeln zu befolgen (die sich teilweise widersprechen), dass es in Deutschland eh schon wenig Anreize gibt, ein Internet-Startup zu gründen. Ich würde mir daher wünschen, dass Datenschutz nicht als Selbstzweck diskutiert wird, sondern man mal zum Kern der Probleme kommt. Risiken gibt es natürlich auch immer, aber auch hier ist eine Gesellschaft stärker, wenn sie mit diesen umzugehen weiss, als wenn es nur einen Vollkaskoschutz gibt.

    Dann noch zur informationellen Selbstbestimmung: Wie realistisch ist denn diese? Wenn ich 1000 Knöpfe habe, an denen ich irgendwas einstellen kann, wenn dahinter 1000 Algorithmen hängen, die ich nicht verstehe, wenn es in 20 Jahren ganz neue Methoden der Datenverarbeitung gibt, kann ich das wirklich einschätzen?

    Kann ich natürlich nicht, ist aber IMHO auch nicht schlimm, denn in den allermeisten Fällen werden diese Dinge ja zu unserem Nutzen eingesetzt. Auch von daher sollte man eher schauen, dass man Datenmissbrauch bestraft, aber nicht notwendigerweise das Volk so verunsichert, dass man dann vor jeder Äußerung online Angst hat und dann dadurch ein Chilling Effect/Selbstzensur eintritt.

    (Das ist im übrigen ja sogar eines der Probleme, weswegen die #eidg nicht öffentlich tagen mag. Davon müssen wir also weg!)

    So, es ist spät, keine Ahnung, ob es Sinn macht, aber ich blogge irgendwann nochmal drüber.

  2. Sebastian Koch sagt:

    Ich denke, dass das Recht auf informelle Selbstbestimmung der Dreh- und Angelpunkt des Datenschutzes bleiben sollte. Das „Problem“, nach dem du fragst, liegt zum Beispiel darin, dass Online-Dienste Nutzerdaten (und damit auch Daten dritter über den Nutzer) und Nutzerverhalten (vgl. Problematik des dynamisch eingebundenen „gefällt mir“ Buttons) aufzeichnen und verknüpfen. Damit entstehen Benutzerprofile, die tiefe Einblicke in die Lebensverhältnisse der Menschen ermöglichen. Der Punkt dabei ist, dass die Nutzer über diese Vorgänge nicht informiert sind.
    Es geht also nicht um die Frage ob hier Informationen, die in irgendeiner weise zur Entwicklung einer digitalisierten Gesellschaft nötig seien (was auch noch niemand wirklich ausgearbeitet hat), zurückgehalten oder gegen den Willen der Menschen geschützt werden sollen, sondern dass der mündige Bürger über die Verwendung seiner persönlichen Daten selbstbestimmt verfügen kann.

  3. Das ist aber dann ja doch eher Informationspflicht als Datenschutz. Aber auch hier sehe ich das Problem, dass Otto Normalverbraucher das nicht überblicken kann, was das nun heisst. Aus diesem Grund würde ich eben den Fokus mehr darauf legen, zu untersuchen, welche Probleme denn nun wirklich auftreten und wie man denen begegnen kann (ausser mit „wo keine Daten sind, kann auch nix schiefgehen“, denn das ist heutzutage unrealistisch). Ausserdem bleibt die Frage, wie genau man denn die Nutzer informieren will. Über ewig lange Datenschutzerklärungen? Das wird wohl eher nicht funktionieren, würde ich mal denken.

    Die Gefahr sehe ich zudem darin, dass man immer die Datenmenge und die nicht näher spezifizierten Auswirkungen („Da werden Profile gemacht!“) dramatisiert. Ich denke, man muss den Leuten eher die Angst nehmen. Und insofern hat dies nämlich doch Auswirkungen auf die Gesellschaft. Es geht dann nämlich um die Frage, ob wir eher paranoid oder offen miteinander umgehen, ob wir eher die Toleranz fördern oder uns einigeln.

    Es bleibt auch die Frage, ob nicht weniger Kontrollmöglichkeiten (öffentlich/privat) besser sind als viele (nur zu sehen für enge Freunde, die mittwochs geboren sind und mit mir in der Schule waren, aber nicht in der 7. Klasse, und wenn wir uns nicht mehr verstehen, soll diese Information sofort gelöscht werden). Twitter z.B. ist wohl überschaubarer als Facebook und man hat eben dadurch vielleicht eher mehr das Gefühl, die Kontrolle zu haben.

  4. Achja, im Dorf haben die Mitmenschen auch einen tieferen Einblick in die Lebensverhältnisse als in der Stadt. Ist das im globalen Dorf ein größeres Problem oder müssen wir uns nur dran gewöhnen (so wie man das muss, wenn man von der Stadt aufs Land zieht)?

    Ich gehe vom letzteren aus (denn auch ich wollte früher mal alles kontrollieren, aber das ist einfach zuviel Arbeit und soviele Gefahren scheint es ja auch nicht zu geben).

  5. Hans-Gert Gräbe sagt:

    Vielleicht hilft ja auch mal der Blick über den Gartenzaun, zum Beispiel http://www.softwarefreedom.org/news/2010/feb/10/highlights-eben-moglens-freedom-cloud-talk