DIGITALE LINKE
— Politik in der digitalen Welt! —
 

Miese Nummer – Wie DerWesten Front macht für Internetsperren

DerWesten – das Online-Portal der WAZ-Mediengruppe – macht Front für Internetsperren. Bereits am Montag dieser Woche hatte Knut Pries, Chef des Brüsseler Korrespondentenbüros der WAZ-Gruppe, in einem Kommentar „Kinderpornographie ist das größte Verbrechen“ die Sperrgesetz-Pläne der EU-Kommissarin Malmström begrüßt und im Falle von Kinderpornographie das Internet als den „Marktplatz dieses Verbrechens“ bezeichnet:

Die Brüsseler Kommissarin Malmström hat recht: Das Quälen von Kindern ist das scheußlichste aller Verbrechen. Hier trifft die größte Schäbigkeit des Motivs auf die größte Hilflosigkeit der Opfer[s]. Und das Internet ist kein beliebiger Tatort. Es ist der Marktplatz dieses Verbrechens.

Nicht fehlen in Pries’ kurzer Philippika durfte die seit Ursula von der Leyen gängige Argumentationsfigur von Kinderpornographie als Geschäft im Netz. Neu war allenfalls das Plädoyer für Löschen und Sperren. Letzteres wird immer mehr zur Kampflinie der Sperrpropagandisten.

Gestern nun hat DerWesten nachgelegt. Diesmal allerdings etwas subtiler und auf der Lokalseite. Unter der Überschrift „76 Fälle von Kinderpornographie im Netz in Duisburg“ heißt es dort:

Duisburg. Während die EU-Kommission vorschlägt, Internetsperren gegen Kinderpornografie einzuführen, bekämpft die Polizei Duisburg die Straftäter – allerdings nur auf Hinweise von Bürgern oder anderen Dienststellen. 2009 registrierten die Duisburger Behörden 76 Fälle von Kinderpornografie im Netz.

Kinderpronografie im Internet, deren Bekämpfung derzeit auf europäischer Ebene diskutiert wird, spielt auch in Duisburg eine Rolle. „Vergangenes Jahr hatten wir 51 Fälle von Besitz und Verschaffung kinderpornografischer Inhalt[e] und 25 Fälle von deren Verbreitung“, sagte Holger Haufmann, Leiter der Kriminal-Inspektion 1 und stellvertretender Duisburger Kripo-Chef.

Das Entscheidende ist, was hier nicht mitgeteilt wird, leicht aber dem im Netz stehenden Kriminalitätsbericht 2009 (S. 24) der Kripo Duisburg entnommen werden kann. Erstens: In 2009 wurde tatsächlich in 25 Fällen wegen Verbreitung und in 51 Fällen wegen Besitz und Verschaffung kinderpornographischer Darstellungen ermittelt. Das Internet wurde aber nicht in den insgesamt 76 Fällen als Tatmittel benutzt, sondern in 45 Fällen. Zweitens: Die Aufklärungsquote in beiden Deliktbereichen – somit auch im Falle des Internet als Tatmittel – betrug in 2009 100 Prozent.

Durch das Weglassen dieser Informationen wird die Meldung zur Fälschung: Einerseits ist die genannte Zahl von Netzdelikten schlicht falsch, andererseits sind bei einer Aufklärungsquote von 100 Prozent Netzsperren rein unsinnig.

Übrigens: Das Bild zum Duisburg-Artikel insinuiert den voyeuristischen Betrachter eines Urlaubs- oder Familienfotos auf einem Internet Screen – mit zwei im Sand spielenden, unbekleideten Kindern. Es ist die skandalisierende Untermalung eines miesen Textes auf der Ebene der Ikonographie.

2 Kommentare zu “Miese Nummer – Wie DerWesten Front macht für Internetsperren”

  1. […] Dieser Eintrag wurde auf Twitter von Jörg Tauss erwähnt. Jörg Tauss sagte: CSU Dobrindt für #censilia http://tinyurl.com/ykbbthe Gute Gelegenheit, alle #eidg Sachverständigen nach deren Haltung zu befragen […]

  2. Sanni sagt:

    Der Westen hat übrigens auch einen Artikel dagegen veröffentlicht:
    http://www.derwesten.de/kultur/Zensursula-reloaded-id2815339.html