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Netzsperren, Vorratsdatenspeicherung, Online-Durchsuchung – Spekulationen zum Stand der Koalitionsverhandlungen

Nur wenig drang bislang über die schwarz-gelben Koalitionsverhandlungen in der Arbeitgruppe Sicherheit und Justiz nach außen. In dieser werden so heikle Themen wie Netzsperren, Vorratsdatenspeicherung und Online-Durchsuchung verhandelt. Während CDU/CSU hier keinen Änderungsbedarf erkennen lassen, hatte sich die FDP im Wahlkampf auf diesem Gebiet besonders hervorgetan. In der vergangenen Woche trat die Arbeitsgruppe drei mal zusammen, drei weitere Sitzungen sind für diese Woche (Dienstag, Mittwoch, Donnerstag) angesetzt.

Bereits letzten Donnerstag berichtete die Süddeutsche Zeitung über „Harte Kämpfe um die innere Sicherheit“ auf ihrem Online-Portal jetzt.de. Demnach könnten die Themen Online-Durchsuchung und Vorratsdatenspeicherung auf einer „Dissensliste“ landen, über die keine Einigkeit erzielt wurde und über die die Parteigranden selbst entschieden oder – so darf wohl hinzugefügt werden – hinwegverhandelten. Zu den Konstellationen hieß es dort:

„Kurios ist es aus Sicht der Union, dass über Online-Durchsuchungen besonders laut gestritten werde, obwohl die FDP im bayerischen Polizeigesetz dieser zugestimmt habe. Zudem habe es seit Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes auf Bundesebene nicht eine einzige Genehmigung eines Richters zu einer Online-Durchsuchung gegeben.

Bei der ebenfalls umkämpften Vorratsdatenspeicherung gibt es, wie sich derzeit abzeichnet, immerhin eine halbe Annäherung. So soll es keinen Streit mehr über die Speicherung geben, wohl aber über die Frage, wer auf die gespeicherten Daten Zugriff bekommen soll. Die Union möchte, dass die Sicherheitsbehörden – wie stets bei der Gefahrenabwehr – das Recht auch präventiv erhalten. Die FDP lehnt das strikt ab. Dabei kommt der FDP in den Verhandlungen zugute, dass die EU in einer entsprechenden Richtlinie die Speicherung nur zur Aufklärung von Verbrechen verlangt hat.

Für die Union besonders problematisch ist, dass sie sich intern nicht einig ist, bei welchen Straftaten sie die Vorratsdatenspeicherung nutzen will. Während die einen dafür plädieren, das Instrument nur zur Aufklärung schwerster Verbrechen zu verwenden, verlangen andere wie der CDU-Politiker Günther Krings intern, diese Daten auch dann zu nutzen, wenn zum Beispiel jemand illegal Musik aus dem Internet heruntergeladen hat.“

Und heute berichtet Der Tagesspiegel unter der Überschrift „Liberale wollen wenigstens Netzsperren kippen“, dass die Verhandlungen keine wirklichen Fortschritte erkennen ließen. Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) habe daher den Vorschlag gemacht, Vorratsdatenspeicherung und heimliche Online-Durchsuchung bis zu entsprechenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auszuklammern:

„Man könne ja die beiden Themen Vorratsdatenspeicherung und BKA-Gesetz bei den Verhandlungen zunächst ausklammern, schlug Bosbach öffentlich vor. Immerhin seien sie beide Gegenstand eines Verfassungsstreits in Karlsruhe. ‚Man könnte sich ja so einigen, dass es keine Erweiterungen gibt, bevor (das Bundesverfassungsgericht in) Karlsruhe entschieden hat.’

Die FDP aber will auf keinen Fall über ‚Erweiterungen’ reden, sondern vielmehr über Einschränkungen. Begeistert war man daher von dem Vorschlag nicht: ‚Ich gehe hier nicht in stundenlange Verhandlungen, um irgendetwas auszuklammern’, sagte der FDP-Innenexperte Max Stadler.

Möglich wäre allerdings, dass die FDP sich auf den Vorschlag Bosbachs einlässt und das als Zugeständnis an die Union verstanden wissen will. Im Gegenzug könnte sie Änderungen bei den Zugangserschwerungsgesetz genannten Netzsperren verlangen. Wie die aussehen könnten? Eigentlich nur in einem Kippen des bereits beschlossenen, aber noch nicht umgesetzten Gesetzes. Alles andere wäre nach den bisherigen Forderungen der FDP eine Niederlage. Eine katastrophale noch dazu, würde die Partei doch ihre neu gewonnene Glaubwürdigkeit beim Thema Bürgerrechte sofort wieder einbüßen.“

Letzteres allerdings scheint eine sehr gewagte Annahme. Da auch eine Verfassungsbeschwerde gegen das Sperrgesetz vorliegt, könnte der von den Parteispitzen zu verhandelnde Kompromiss vielmehr so aussehen, dass – unter Zugeständnis eines Einstiegs in die von der FDP gewünschte Steuerreform und Steuersenkungen – alle drei Themen bis zu den entsprechenden Entscheidungen in Karlsruhe ausgeklammert würden.

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