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BGH urteilt gegen jugendliche Filesharer und missachtet Intention des Gesetzgebers

Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte kürzlich, dass Internetprovider persönliche Daten über Teilnehmer von Tauschbörsen im Internet an Rechteinhaber herausgeben müssen. Laut Urheberrechtsgesetz ist dies eigentlich nur bei „gewerblichem Ausmaß“ vorgesehen. Kurzerhand deutet der BGH das Gesetz nun um. Alle Rechtsverletzungen seien zu verfolgen, eine Beschränkung bei der Auskunft auf gewerbliche Nutzer nicht im Sinne der 2007 hart umkämpften Neuregelung des §101 des Urheberrechtsgesetzes.

Mit diesem Urteilsspruch deutet der Bundesgerichtshof, auch nach Einschätzung von Rechtsexperten, den Sinn des Gesetzes um und verkennt die Intention des Gesetzgebers. Dieser hatte vor fünf Jahren lange um die Formulierung des Auskunftsanspruches gerungen und letztendlich den bekannten Kompromiss gefunden. Der Bundestag ist davon ausgegangen, dass Bagatellfälle nicht als Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß gezählt werden können. Dies sahen auch die mit entsprechenden Fällen befassten Oberlandesgerichte so. Der BGH hat nun höchstrichterlich widersprochen.

Mit diesem Urteil wird neues Futter für die Abmahnanwälte geliefert, gegen zumeist jugendliche Internetuser unangemessene Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Die Fraktion DIE LINKE hat sich in den Beratungen zum Urheberrecht bereits 2007 dafür eingesetzt, die Schwellen für Auskunftsansprüche so hoch wie möglich zu hängen und das Abmahnunwesen einzudämmen. Es rächt sich nun, dass die damalige Große Koalition nicht bereit war, klarere Kriterien zu definieren, unter welchen Bedingungen Urheberrechtsverletzungen ein gewerbliches Ausmaß erreichen und damit im Unterschied zu Bagatellfällen einen besonderen Verfolgungsdruck rechtfertigen.

Durch die Abmahnpraxis der letzten Jahre hat insbesondere die Musikindustrie rechtsstaatliche Verfahrensweisen wie den zivilrechtlichen Auskunftsanspruch, um an die Daten potenzieller Nutzerinnen und Nutzer zu kommen und diese anschließend zivilrechtlich verfolgen zu können, missbraucht. Wer Zigtausende, oftmals gleichlautende Abmahnungen samt Unterlassungserklärungen wegen Urheberrechtsverstößen verschickt und diese zur Generierung von Erlösen nutzt, handelt rechtsmissbräuchlich. Ein solches Verhalten gefährdet nicht nur die Funktionsfähigkeit der Gerichte, sondern stellt eine massive Kriminalisierung der Nutzerinnen und Nutzer des Netzes dar.

Auch eine Überwachung des Internetverkehrs, wie sie erforderlich wäre, um vermeintlichen Rechtsverletzern Warnhinweise zustellen zu können, wird von uns als unverhältnismäßig und freiheitsgefährdend abgelehnt. Eine Privatisierung der Rechtsdurchsetzung durch Zwangsmaßnahmen der Internetprovider ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar.
Aus LINKER Perspektive brauchen wir eine Bagatellklausel für Tauschbörsen und eine bessere Durchsetzung der Privatkopie auch im digitalen Bereich. Der BGH geht mit seinem Urteil genau in die entgegengesetzte Richtung. Gesetze werden jedoch immer noch im Parlament gemacht und da passt der Titel des Albums, das Gegenstand des BGH-Verfahrens war: „Alles kann besser werden.“

Crosspost von linksfraktion.de, 14. August 2012

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