DIGITALE LINKE
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Posts mit dem Tag ‘Digitaler Kapitalismus’

Das Netz, die Eigentumsfrage und die Freiheit der Kommunikation (Teil II)

Strategische Kontrollzugriffe

Grundlegender Ansatzpunkt aller Strategien zur Kontrolle des Internet bildet der Zugriff auf die physische Transportinfrastruktur (Goldsmith/Wu 2008). Provider und Netzbetreiber sind als Gatekeeper und Intermediäre von Kommunikation vorrangiges Ziel staatlicher wie privater Bestrebungen zur Rechtsdurchsetzung. Zunehmend im Besitz der entsprechenden Steuerungstechnologien verfügen sie über ein Werkzeug, das es erlaubt, Datenpakete potentiell nach Inhalt, Quelle oder Ziel zu differenzieren, und eben auch, missliebige Datenverkehre zu unterbinden.

Maßgebende Akteure der Medien- und Unterhaltungsindustrie suchen daher seit geraumer Zeit, das eigene Agenda-Setting in die Debatte um Netzneutralität hineinzutragen und in die Prozesse administrativer Entscheidungsfindung zu inkludieren. Bereits im März des Jahres 2010 hatte sich in den USA ein Bündnis aus Medienindustrie und neokorporatistisch agierenden Gewerkschaften mit einem weitreichenden Forderungskatalog an die US-Regierung gewandt. Darin enthalten war die Aufforderung, die Intermediäre im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen einzubinden und die Thematik in die von der Federal Communications Commission (FCC) geleiteten Verhandlungen zur Netzneutralität aufzunehmen (AFTRA et al. 2010). > Weiterlesen

Das Netz, die Eigentumsfrage und die Freiheit der Kommunikation (Teil I)

Die Zeiten, in denen sich die Kulturschaffenden in ihrem Großteil auf der linken Seite des politischen Spektrums verorteten, sind seit langem vorbei. Tempi passati – heute versammeln sie sich hinter ihren Verwertern. Mit ihnen fordern sie immer lauter schärfere Sanktionen gegen Urheberrechtsverletzungen im Netz. Die Grundlagen digitaler Kommunikation kaum durchschauend, sind sie gar bereit, die Totalüberwachung des Austausches von Informationen in Kauf zu nehmen. Zeit also, die Verhältnisse einmal genauer zu reflektieren. Unter obengenanntem Titel dokumentieren wir in einer dreiteiligen Vorabversion Auszüge eines längeren Textes von Lothar Bisky und Juergen Scheele. Sobald die vollständige Printversion vorliegt, werden wir darauf verweisen. [Red.]

Delikt Kopie

Das von der Rechteindustrie zur Verhandlung gebrachte Delikt Kopie erweist sich bis in die Begrifflichkeiten und die Bewertung des Schadensausmaßes hinein als vermint. Verbreitete Terminologien wie Internetpiraterie und Raubkopie sind als „irreführend“ (Brodowski/Freiling 2011) einzustufen, schließlich bezeichnet Raub die Wegnahme einer Sache unter Gewalt oder unter Bedrohung für Leib und Leben (§ 249 StGB), zählt entsprechend zu mittelschwerer und schwerster Kriminalität, ebenso wie Piraterie juristisch besehen für schwerste Gewaltkriminalität auf Hoher See steht. An einer Dekomposition solcher in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangenen Begriffssemantiken muss sich gleichwohl nicht versucht werden, zumal urheberrechtskritische Ökonomen umgekehrt dazu übergegangen sind, das Verhalten der Unterhaltungsindustrie als Raubrittertum zu brandmarken. > Weiterlesen

Die Logik der deutschen Musikindustrie

Der Bundesverband Musikindustrie stellte heute seine Zahlen für 2011 vor. Leicht gewachsen ist die Branche im vergangenen Jahr. Die CD-Verkäufe zeigten sich stabil. Im digitalen Bereich jedoch legte der Absatz um satte 21,2 Prozent auf 247 Millionen Euro zu. Die Branche könnte mit ihrer Entwicklung zufrieden sein, arbeitet sie doch offensichtlich immer erfolgreicher daran, im digitalen Zeitalter anzukommen und den Strukturwandel zu bewältigen.

Die Logik von Verbandschef Gorny ist natürlich eine andere: > Weiterlesen

Spaltet die Digitalisierung die Gesellschaft?

Die deutsche Technology Review bespricht ein interessantes Buch der MIT-Wirtschaftswissenschaftler Erik Brynjolfsson und Andrew McAfee. Der wirtschaftswissenschaftlich untersetzte Text macht Furore mit der These, dass mit der IKT erstmals eine neue Schlüsseltechnologie Arbeitslosigkeit und Armut vergrößere und die (us-amerikanische) Gesellschaft spalte. Managern und Börsenspekulanten verhelfe die Technik zu enormen Reichtum, während die Arbeit für viele, insbesondere weniger gut ausgebildeter, immer weniger werde. Nicht nur die Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik der US-Regierung seien daran schuld, sondern eben auch die neuen Technologien.  TR zitiert Brynjolfsson:

„Mittels IT können Superstars – ob Mark Zuckerberg, Lady Gaga oder ein Hedgefonds-Manager – ihre Fähigkeiten für viel mehr Vermögenswerte und Kunden einsetzen, als es zuvor möglich gewesen war. Anders als Atome kann man Bits kostenlos, global und verzugslos verbreiten. Alles Digitale, von Software bis zu Musik, kann ein viel größeres globales Publikum erreichen. Dasselbe gilt auch für Software-gesteuerte Geschäftprozesse. Das machen sich CEOs zunutze.“ > Weiterlesen

Urheberrechtsindustrie: Klaus Staeck versucht sich in Astroturfing

Klaus Staeck, SPD-Mitglied und Präsident der Akademie der Künste, sehnt sich in der heutigen Ausgabe der Berliner Zeitung „ein effektives Internet-Ordnungsamt“, das „digitale Knöllchen“ zur Durchsetzung von Urheberansprüchen verteilt, herbei. Da es Bund und Ländern leider allerdings an Haushaltsmitteln ermangele, um eine solche Behörde zu schaffen, sei auch das von Kulturstaatsminister Bernd Neumann propagierte Warnhinweis- und Sanktionierungsmodell (wir berichteten) eine zumindest sinnvolle Lösung.

Anlass für Staecks Law-and-Order-Kommentar sind, wie könnte es anders sein, die vermeintlich durch Internetpiraterie hervorgerufenen Milliardenschäden in der Medien- und Unterhaltungsindustrie. Staeck wörtlich: > Weiterlesen

Google’s Move

Die gestern bekannt gegebene Übernahme von Motorola Mobility durch Google hat zu zahlreichen Spekulationen über das strategische Kalkül des Internetkonzerns aus dem kalifornischen Moutain View geführt. Der Kaufpreis von 12,5 Milliarden Dollar, zu zahlen in Bargeld, ist enorm und beinhaltet bei gezahlten 40 Dollar pro Aktie einen Aufpreis von 63 Prozent gegenüber dem Schlusskurs von Freitag. Das gewöhnlich gut informierte Technologie-Blog GigaOm hilft, die dahinter stehenden Interessen Googles nachzuzeichnen.

Bereits gestern gab dort Om Malik Gerüchte aus Insiderkreisen wieder. Demnach stand auch Microsoft in Verhandlungen mit Motorola. Eine Übernahme des Patent-Portfolios von Motorola Mobility hätte dem Softwarekonzern aus Redmond erlaubt, > Weiterlesen

„Das Netz hat einen Körper“ – Über Revenue-Flüsse, materielle Interessenskonflikte und gesellschaftliche Verfügbarkeit

Auf der von Bundestagsfraktion DIE LINKE und Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) am 3. September 2011 in Berlin veranstalteten Konferenz „Netz für alle“ werden sich zwei Foren mit der Frage „Wem gehört das Netz“ befassen – eines gilt den Inhalten, ein weiteres der technischen Infrastruktur. Rainer Fischbach, Teilnehmer des Panels „Wem gehört das Netz I / Infrastruktur“, hat dazu sieben Thesen verfasst. Im folgenden dokumentieren wir Fischbachs Thesen unter dem oben gewählten Titel vorab.

These 1: Das Netz hat einen Körper. Die Verdrängung dieser Tatsache durch die Cyberutopisten der 1990er Jahre – etwa in der Formulierung in John Perry Barlows Declaration of the Independence of Cyberspace (World Economic Forum, Davos, 8. Februar 1996), dass »unsere Welt […] nicht dort [ist], wo Körper leben« –, deren Denken bis heute die (kultur-)linke Diskussion über das Netz beeinflusst, trägt entscheidend zu deren Realitätsfremdheit bei. > Weiterlesen

Anti-Google-PR in der Frankfurter Rundschau

Die „Frankfurter Rundschau“ öffnete heute ihre Seiten für einen Gastbeitrag von Christoph Waitz unter dem Titel „Der Mensch denkt, Google lenkt“. Darin wird Google als „Bedrohung für die Gesellschaft und für freies Wissen“ dargestellt. Waitz selbst, von 2005 bis 2009 Bundestagsabgeordneter und Sprecher der FDP-Fraktion für Kultur- und Medienpolitik, wird als Sprecher von ICOMP (Initiative für einen wettbewerbsfähigen Online-Markt) in Deutschland benannt.

Nicht mitgeteilt durch das Blatt allerdings wird, dass es sich bei ICOMP um eine von der PR-Agentur Burson-Marsteller betriebene und von Microsoft finanzierte Lobby-Organisation zur Förderung – so laut Eigenangaben – des Wettbewerbs im Bereich Online-Werbung und des Schutzes geistigen Eigentums zur Wahrung von Autoren- und Verlegerrechten handelt. > Weiterlesen

Brauchen wir eine europäische Suchmaschine? – Notizen einer Debatte (Update)

Mit dem Erfolg von Googles neuem SocialWeb-Dienst + ist eine alte Debatte wieder an die Oberfläche geraten: wie viel Macht dürfen die neuen Dienstleister über Zugänge, Inhalte, Wege und Ökonomie unserer Kommunikation haben (Bei uns hier)? Es war unter anderem Frank Schirrmacher, der in seinem Essay „Wir brauchen eine europäische Suchmaschine“ die Auswirkungen der Google-Wolken auf unser gesellschaftliches und individuelles Bewusstsein ausdifferenzierte. Die programmatische Titelaussage seines Textes ist durchaus nicht neu, hat doch Europa ähnliches bereits versucht (und ist daran gescheitert). > Weiterlesen

Enquete-Kommission: PG Wirtschaft, Arbeit, Green IT

Im Rahmen der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestags hat sich am vergangenen Montag die Projektgruppe „Arbeit, Wirtschaft, Green IT“ konstituiert, die von Annette Mühlberg geleitet wird. Mühlberg, die bei der Gewerkschaft ver.di für den Bereich E-Government zuständig ist, wurde von der Bundestagsfraktion DIE LINKE als Sachverständige für die Kommission benannt.

Erklärtermaßen möchte die Internet-Enquete die interessierte Öffentlichkeit in besonderem Maße in ihre Arbeit einbinden. > Weiterlesen