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Transaktionsorientiertes Geschäft

Als der Schweizer Verleger Michael Ringier auf der Tagung des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) Mitte November letzten Jahres in Berlin seine über die vermeintliche Kostenlos-Mentalität im Netz lamentierenden deutschen Kollegen mit markigen Sprüchen unterhielt, rief er ihnen aufmunternd zu: „Wir müssen den Journalismus nicht neu erfinden, sondern neu organisieren.“ (Meedia) Wie das im Falle des Schweizer Medienunternehmens funktioniert, erklärt nun Christian Unger, Vorsitzender der Konzernleitung der Ringier AG, in einem Interview mit NZZ Online.

Ungers Credo lautet: transaktionsorientiertes Geschäft. Dazu werden die Unternehmensbestandteile erstens Print und zweitens Unterhaltung mit dem dritten Standbein Internet vernetzt. Aus Traffic liefernden Print- und Unterhaltungsinhalten wird im Netz mit Services ein Verbundeffekt generiert, dessen Wertschöpfung hoch ist. Unger zur Profitabilität des Unternehmens:

Wie hoch ist die Rendite?

Online-Geschäfte bringen zum Teil sehr erfreuliche Resultate, hochprofitable Geschäfte sind zum Beispiel Autoscout, Geschenkidee oder unsere Neuakquisition in der Slowakei – sie erzielen alle über 30 Prozent Umsatzrendite.

Aber diese Plattformen haben kleine Umsätze.

Diese Geschäfte sind wohl unsere profitabelsten Player, wenn auch vom Umsatz her etwas kleiner. Das sind hervorragende Perlen. Unser transaktionsbasiertes Internetgeschäft ist insgesamt hochprofitabel. Bei verlagsnahen Online-Aktivitäten wie bei Blick.ch zielen wir auf Grösse. Über unsere Inhalte generieren wir Traffic, doch die Wertschöpfung und Gewinne erbringen wir über Services, etwa Tickets, Immobilien. Es geht also wieder um Vernetzung.

Was sind Ihre Renditeziele? 15 Prozent?

Wichtig ist es, einen Gesamtmix zu haben. Insgesamt soll die operative Ebitda-Rendite zwischen 7 und 10 Prozent liegen. Dabei muss es auch Bereiche geben, die 20 bis 30 Prozent Rendite machen, und solche, die je nach Lebenszyklus eine negative Rendite haben. Beispiel: Der «Blick am Abend» generiert noch Verluste, aber er wächst sehr stark. Autoscout dagegen ist hochrentabel. Wir wissen aber, dass sich dieses Modell in fünf Jahren ändern wird. Hier geht es um kurzfristigere, volatile Geschäfte. Deshalb müssen wir immer, bevor sich ein Produktezyklus dem Ende zuneigt, Neues in der Pipeline haben.

Dass das Geschäft hochprofitabel ist und die Ringier AG als Mitglied des Verbands Schweizer Medien ebenfalls ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger nach deutschem Vorbild fordert („Medienpolitisches Manifest“, 16.09.2010), erscheint nur auf den ersten Blick als ein Widerspruch. Ähnlich wie im Falle der Axel Springer AG (wir berichteten) ließe sich auch für das Schweizer Medienunternehmen ein satter Extraprofit erschließen.

Dieses Motiv wird durch die bilanztechnische Trennung der Unternehmensbestandteile in heutigen Medienkonzernen noch befördert. Die Manager der weniger profitablen Sektoren A und B streben nach den höheren erfolgsbedingten Provisionen, wie sie jene des profitableren Sektors C erzielen. Das, was der der Leiter des Gesamtkonzerns als ein einvernehmliches Nebeneinander von hohen und niederen oder gar negativen Renditen beschreibt, sieht im Unternehmensalltag anders aus.

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