DIGITALE LINKE
— Politik in der digitalen Welt! —

Archiv für April 2013

Netzpolitik à la Mutter – oder wer erhält Zugang zum Kanzleramt?

Die Plenardebatte zum Abschluss der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ am 18. April war kaum beendet, da wurden aus Reihen der CDU-Bundestagsfraktion Informationen darüber gestreut, wo im technisch institutionellen Gefüge der Ministerialbürokratie die Bundesregierung künftig das Thema Netzpolitik anzusiedeln gedenke. Das Kanzleramt wolle, so hieß es in diesen informellen Mitteilungen, keinen Internetminister. Stattdessen solle die Netzpolitik dem Innenministerium zugeordnet werden. Fraktionschef Kauder sei eingeschaltet und unterstütze diese Disposition.

Aus den Reihen der Union hieß es, etwas frustriert ob der eigenen (netzpolitischen) Bedeutungslosigkeit, weiter: Netzpolitik sei vergleichbar der Umweltpolitik. Auch diese sei seinerzeit dem Innenministerium unter Genscher zugeordnet worden. Ebenso sei Umweltpolitik zunächst ein minoritäres Politikfeld gewesen. Es habe eine ganze Weile gedauert, bis alle Abgeordneten deren Bedeutung erfasst hatten. > Weiterlesen

„Piratenzauber“: Beitrag zum freien Wissen

Aus dem Buch „Piratenzauber“, das wir hier bereits vorgestellt haben, dokumentieren wir einen Essay von Tobias Schulze unter dem Titel:

Freies Wissen – die praktische Entknappung einer Ressource

„Wissen, hier im weitesten Sinne verstanden – von Information und Daten bis zu Kreativgütern und Kunstwerken, ist eine ökonomische, politische und kulturelle Ressource. Als Werkstück – Buch, Bild, Text, Tonträger – wurde es vergesellschaftet und zum Handelsgut formiert. Die Digitalisierung, insbesondere die Vernetzung, trennt Wissen von dieser körperlichen Erscheinung eines einzelnen Werkstücks ab und macht es zu einem flüssigen Gut. Der beliebte Vergleich mit Leitungswasser hinkt jedoch, denn Wissen ist noch weniger als Wasser einzuhegen und in feste Bahnen zu lenken. Es widerstrebt der Kommodifizierung. Wissen als Eigentum war schon immer schwer vorstellbar. > Weiterlesen

Netzneutralität per Gesetz festschreiben!

Gestern kündigte die Telekom an, ab 1. Mai bei Neukunden nur noch Flatrate-Verträge mit Inklusiv-Datenvolumen anzubieten. Das bedeutet, dass die Kunden nur bis zu einem bestimmten Datenverbrauch die maximale Bandbreite nutzen können. Haben sie eine Grenze überschritten, wird die Geschwindigkeit erheblich gesenkt. Bereits vor knapp einem Jahr hatte Kabel Deutschland mit einer ähnlichen Klausel für Aufmerksamkeit gesorgt. Darüber hinaus bestätigte die Telekom, dass eigene und einige ausgewählte Dienste nicht auf das Datenvolumen angerechnet werden. Wer andere Dienste nutzen will, muss de facto draufzahlen. Das ist ein eklatanter Verstoß gegen die Netzneutralität. Wenn dieses Beispiel Schule macht, ist das Ende des freien Internets erreicht. Dass die Gefahr besteht, zeigen die sofort aufflammenden Gerüchte, auch Vodafone wolle solche Tarife einführen. Zwar widersprach Vodafone dem; man habe keine Pläne für so etwas. Das klingt aber eher nach: Was nicht ist, kann noch werden. Es zeigt sich, dass eine gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität dringend notwendig ist. Dies fordert DIE LINKE schon seit langem. Doch immer wieder sperrt sich die schwarz-gelbe Koalition. Zuletzt weigerten sich Union und FDP eine Handlungsempfehlung, die Netzneutralität gesetzlich zu sichern, in den Bericht der Enquete-Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“ aufzunehmen. Der Markt wird es schon richten. Wie gut das funktioniert, sieht man jetzt. > Weiterlesen

Neue Zeitungsstudie: Fahrlässig beim Thema Armut – Reichtum als Blackbox

Wie kommentiert der bundesdeutsche Journalismus die Themen Armut und Reichtum? Dieser Frage sind Hans-Jürgen Arlt und Wolfang Storz in einer neuen, im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung erstellten Studie nachgegangen: „Portionierte Armut, Blackbox Reichtum. Die Angst des Journalismus vor der sozialen Kluft“. Anhand von vier ausgewählten Tageszeitungen – Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), Süddeutsche Zeitung (SZ), Berliner Zeitung und Tagesspiegel – sowie zweier Wochenzeitungen – Der Spiegel und Die Zeit – wurden 10.000 Textseiten auf Basis von Meinungsbeiträgen analysiert und ausgewertet.

Demnach findet selbst nach der Finanzkrise in der kommentierenden Presseberichterstattung eine Auseinandersetzung mit der Macht und Zusammenballung privater Großvermögen nicht statt. Während der enorme Reichtum in den Händen weniger als Blackbox behandelt wird, wird das Thema Armut in Problemgruppen portioniert. Aufgelöst in Kinder-, Alters-, Migranten-, Langzeitarbeitslosen-, Schwerbehinderten-, Hartz-IV- und Alleinerziehenden-Armut werden die Bedingungen gruppenspezifisch individualisert oder dem Sachzwang Globalisierung zugeschrieben. Das Resumée der Autoren lautet: > Weiterlesen

Neuerscheinung: Piratenzauber – Über eine Gesellschaft, die Freibeuter hervorbringt


CC BY-NC-ND 3.0 – Cover: Joachim
Kubowitz, luxsiebenzwoplus

Soeben erschienen ist der von Horst Kahrs herausgegebene Sammelband „Piratenzauber – Über eine Gesellschaft, die Freibeuter hervorbringt“ (Papyrossa, 2013, 196 S.). Das Buch „fragt nicht in erster Linie nach Profil und Schicksal einer Partei, sondern vor allem nach der Gesellschaft, die diese hervorgebracht hat“ (Klappentext). Die Verfasserinnen und Verfasser – darunter auch Mitglieder der Piratenpartei sowie Autoren dieses Blogs – erörtern unter anderem Fragen zu Demokratie, Transparenz, individuelle Freiheit und universelle Teilhabe in einem Cross-Over-Verfahren.

Sie stellen nicht nur ihre Positionen vor, sondern gehen davon aus, dass das durch die digitale Revolution bereitgestellte Potential und politische Projekt auch nach der bevorstehenden Bundestagswahl aktuell bleiben wird – in welcher politischen Ausformung auch immer.

 

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Regierungsentwurf zum Urheberrecht: besser als nichts – aber nicht viel besser

Crosspost von petra-sitte.de

Das Kabinett hat gestern seinen Regierungsentwurf für eine Neuregelung zu verwaisten Werken und zum Zweitveröffentlichungsrecht für WissenschaftlerInnen (PDF) vorgestellt. Dass im BMJ nicht nur über Rechtsdurchsetzung, sondern auch über Rechtsfortentwicklung nachgedacht wird, ist schön. Aber besonders weit gehen die Regelungen leider nicht.
Eine Ausnahme für die Nutzung verwaister Werke im Urheberrecht einzuführen, hat die LINKE seit Langem gefordert. Ein großer Teil unseres kulturellen Erbes liegt derzeit brach. Wenn Bücher, Filme und Musik, die in Archiven, Bibliotheken und Museumsbeständen ungenutzt herumliegen, zukünftig online zugänglich sein sollen, ist das grundsätzlich begrüßenswert. Es ist allerdings fraglich, ob es dazu kommen wird. Denn schon die entsprechende EU-Richtlinie lässt leider wenig Gestaltungsspielraum.

So sind zum Beispiel Fotos schon von vornherein nicht enthalten – es sei denn, sie waren mal in einem Buch abgebildet. Und bei den anderen Werkarten wird die „sorgfältige Suche“ nach verschollenen Rechteinhabern, die eine zwingende Voraussetzung für die Online-Zugänglichmachung werden soll, erhebliche Kosten verursachen – zusätzlich zu den Kosten der Digitalisierung. Damit die Schrankenregelung nicht am Ende komplett leerläuft, muss dringend darüber nachgedacht werden, ob man nicht die Last der Recherche auf viele Schultern verteilen kann – etwa von freiwilligen Helfern. Verboten ist das dem Wortlaut des Gesetzes zufolge nicht. > Weiterlesen