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Bundesverband der Deutschen Industrie gegen Leistungsschutzrecht

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat heute eine „Gemeinsame Erklärung zum Vorhaben eines ‚Leistungsschutzrechts für Presseverleger‘“ veröffentlicht. Darin wird das Vorhaben der Bundesregierung zur Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger scharf kritisiert und „vollständig abgelehnt“. Laut BDI ist ein Leistungsschutzrecht „ordnungspolitisch inakzeptabel“ und „willkürlich“, es gefährde nicht nur die Innovationskraft der deutschen Wirtschaft, sondern beschränke zugleich die Informationsfreiheit. In der Erklärung heißt es:

[…] Jedem Anbieter im Internet ist unbenommen, den Zugang zu seinen Onlinediensten zu beschränken bzw. ausschließlich gegen entgeltliche Vereinbarung freizuschalten. Entscheidet sich ein Verlag hingegen für unbeschränkt zugängliche Presseangebote im Internet – zum Beispiel um mehr Nutzer anzusprechen und höhere Werbeeinnahmen zu erzielen, darf er nicht gleichzeitig über staatliche Regulierung durch die Hintertür hierfür eine Kostenpflicht herleiten. Eine derartige mittelbare Bepreisung von Inhalten würde das marktwirtschaftliche Prinzip im Internet aus den Angeln heben. Um eine dauerhafte Kostenbelastung zu vermeiden, wären Unternehmen und Selbständige in Deutschland gezwungen, auf allen internetfähigen Geräten umfangreiche Zugangssperrungen für Verlagsseiten des In- und Auslands durchzuführen.

[…] Im Sinne der Informationsfreiheit müssen frei zugängliche Texte oder Bilder im Internet angezeigt und allgemein betrachtet werden können. Dies ist essenziell um das Internet als das freiheitlichste und effizienteste Informations- und Kommunikationsforum der Welt – so auch das Bekenntnis im Koalitionsvertrag – mit Leben zu füllen. Im Widerspruch dazu steht der Vorschlag nach einem „ausschließlichen Recht“ für Presseverleger, das Presseerzeugnis, oder Teile daraus zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Als Folge würden selbst kleinste Informationsteile auf allgemein zugänglichen Online-Verlagsseiten kostenpflichtig oder wären zu sperren.

[…] Die Finanzierung von Online-Verlegerpresse durch eine staatlich gewährleistete Kostenpflicht der Wirtschaft würde brancheninterne Anreize für innovative, selbsttragende Geschäftsmodelle reduzieren. Die pauschalen Zahlungen an eine neue Presseonline-Verwertungsgesellschaft wären auch nicht geeignet, die inhaltliche Qualität von Pressemedien zu fördern: Denn soweit die Verteilung der Einnahmen reichweitenorientiert erfolgt, werden vor allem massenkompatible Formate gefördert.

[…] Der Anknüpfungspunkt für eine „Leistungsschutzabgabe“ allein für die Presseverleger erscheint willkürlich. Die journalistische Leistung des Autors wird durch dessen Urheberrecht geschützt und ist nicht Grundlage eines Leistungsschutzes der Verleger. Die „institutionell-organisatorische“ Leistung der Presseverleger ist ebenfalls kein geeigneter Anknüpfungspunkt, da sie nicht über die anderer Anbieter werthaltiger Inhalte im Internet hinausgeht. Es entstünde eine systemfremde Privilegierung einer Online-Anbietergruppe mit unabsehbaren Folgen für Wettbewerb und Vielfalt im Internet.

Der BDI hat – wenngleich mit einiger Zeitverzögerung – erkannt, dass die von den Verlagen per Leistungsschutzrecht geplanten Abgabenerlöse in Milliardenhöhe auf Kosten Selbstständiger, kleiner und mittelständischer Unternehmen sowie der deutschen Wirtschaft insgesamt gingen. Nachdem die Kritik am Leistungsschutzrecht bislang nur in Kreisen einer kritischen, digitalen Öffentlichkeit geübt wurde, ist somit ein neuer, mächtiger Player in die Auseinandersetzung eingetreten.

2 Kommentare zu “Bundesverband der Deutschen Industrie gegen Leistungsschutzrecht”

  1. […] (BDI) sich kürzlich gegen ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger ausgesprochen hat (siehe hier), legt nun die Deutsche Bank nach. Deutsche Bank Research, verantwortlich für die […]

  2. […] Kritik des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) gegen das Leistungsschutzrecht – wir berichteten – sei unfaire Polemik: „Ausgerechnet Verbände, die Stimme für Marktwirtschaft und Eigentum […]