DIGITALE LINKE
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Der Sold der Matrosen – Podium zum Urhebervertragsrecht

Brauchen Kreativschaffende einen stärkeren gesetzlichen Schutz vor fiesen Verträgen? Oder ziehen Verwerter und Kreative in Wirklichkeit an einem Strang, und die Bösen sind YouTube, spotify & Co.? Zusammen mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung hat die LINKE Bundestagsfraktion am 17. Dezember 2012 eine Podiumsdiskussion zum Thema Urhebervertragsrecht durchgeführt. Dabei wurde schnell deutlich: Es ist mal wieder alles etwas komplizierter.

Petra Sitte und Kathrin Senger-Schäfer, die das Thema im Rahmen ihrer Arbeit bei der Bundestagsfraktion der Linken betreuen, diskutierten mit einer Runde von Interessierten, in der Kreative ebenso vertreten waren wie ihre Vertragspartner. Hier gibt es den archivierten Stream der Debatte zu sehen.

Matthias Hornschuh, Filmkomponist aus Köln und Vorsitzender des mediamusic e.V. erzählte, er habe die Diskussion über Schutzgesetze lange nur als Herumdoktern an Symptomen empfunden: Der Markt sei nun mal so, wie er sei. Der linke Gesetzentwurf enthalte nun aber doch interessante Ansätze. Der Musiker und Komponist berichtete ausführlich von seiner Arbeit für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und davon, dass außer den GEMA-Tantiemen oft so gut wie kein Honorar bei ihm ankommt. Er kritisierte aber auch die Games-Industrie: Viele Unternehmen aus der Branche würden grundsätzlich keine GEMA-Mitglieder mit der Komposition von Musik für Games beauftragen, um die Tantiemen an die GEMA zu sparen.

Eva Kiltz, Geschäftsführerin des VUT, wies darauf hin, dass Labels und Musikverlage teilweise ganz ähnliche Probleme haben wie Urheberinnen und Urheber – nämlich bei ihren Handlungen mit Vertragspartnern aus der digitalen Welt. Portale wie YouTube oder spotify hielten den Künstlern und ihren Vermittlern Standard-AGB unter die Nase, die von vornherein unverhandelbar seien.

Das Urhebervertragsrecht sei zwar nicht in der Lage, alle Probleme zu lösen, aber helfe doch ein ganzes Stück weiter, erklärte hingegen Benno Pöppelmann vom Journalistenverband djv. Er berichtete von mittlerweile 10 Jahre währenden Vertragsverhandlungen mit den Zeitungsverlegern und beklagte vor allem, dass es im derzeitigen Urhebervertragsrecht an Durchsetzungsmöglichkeiten mangele. Der djv fordert ein Verbandsklagerecht, damit nicht der einzelne Urheber gegen seinen Vertragspartner vor Gericht ziehen muss, sondern stattdessen ein Verband die Einhaltung von ausgehandelten Vergütungsregeln einfordern kann.

„Buyout-Verträge gibt es im Buchbereich nicht“, erklärte Katharina Winter aus der Rechtsabteilung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Autoren erhielten stets eine Erfolgsbeteiligung an jedem verkauften Exemplar, und mit den Autoren habe man sich bereits 2005 auf eine gemeinsame Vergütungsregel geeinigt. Nur mit den Literaturübersetzern sei man sich nicht einig geworden. Man müsse nun sehen, was die durch den Hanser Verlag eingeforderte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ergebe.
Luis Ruby, der Literatur aus dem Spanischen übersetzt, erläuterte die Sonderstellung von Übersetzern im Vergleich zu anderen Urheberinnen und Urhebern. Übersetzer arbeiten einerseits im Auftrag von Verlagen, andererseits ist das von ihnen geschaffene Werk, also die Übersetzung, in ähnlicher Weise geschützt wie das Original. Sie müssten deshalb ähnlich wie Autoren, wenn auch mit geringeren Sätzen, am Markterfolg beteiligt werden. Dass es noch zu keiner Einigung mit den Verlagen gekommen ist, sei umso bedauerlicher als die Mehrzahl der Verträge mit nur drei großen Verlagsgruppen geschlossen werde.

An die Podiumsdebatte schloss sich eine lebhafte Publikumsdiskussion an. „Hier fahren gerade Schiffe durch Stürme“, diagnostizierte Labelmanager Stefan Herwig. „Die Schiffe drohen gerade zu kentern, und der LINKEN fällt leider nichts Besseres ein, als gerade in diesem Augenblick über den Sold der Matrosen zu verhandeln.“ Gerhard Pfennig von der Initiative Urheberrecht hielt dem entgegen, im Kulturbetrieb herrschten großenteils noch immer „archaische Produktionsverhältnisse“. Es müsse sichergestellt werden, dass Freiberufler und Verwerter auf Augenhöhe verhandeln könnten. Denn derzeit fänden solche Verhandlungen in vielen Bereichen nur über Standardverträge und AGB statt, während anderswo Tarifrecht gelte.

Mittlerweile ist der Gesetzentwurf der LINKEN im Bundestag in erster Lesung diskutiert worden. SPD und Grünen haben beide eigene Entwürfe zum Thema angekündigt. Die SPD wird sich vermutlich an dem Gutachten orientieren, das sie dazu in Auftrag gegeben hat. Die Grünen sind derzeit in Sachen Urheberrecht offenbar vor allem mit der Kulturflatrate beschäftigt, würden aber Urhebervertragsrechtsreformen sicher auch nicht blockieren. Man darf gespannt sein, wie die Debatte in den Ausschüssen weitergeht.

Ein Kommentar zu “Der Sold der Matrosen – Podium zum Urhebervertragsrecht”

  1. Frank sagt:

    Nur mal so als Tipp an die Rechteverwerter: Ist die Entlohnung des Seemanns nicht die Heuer? Wenn ja, navigiert sie’s sogleich in andere semantische Gewässer.