Die heutige Pressekonferenz, zu der ver.di eingeladen hatte (wir berichteten hier und hier), offenbarte, dass ein neues Bündnis der Dienstleistungsgewerkschaft mit den Arbeitgebern wohl in der eigenen Organisationen keinen Rückhalt hat. Heinrich Bleicher-Nagelsmann, der den kurzfristig abgesprungenen stellvertretenden ver.di-Vorsitzenden Frank Werneke vertrat, verlas ein Statement, in welchem er eher allgemeine Grundsätze formulierte. Von Forderungen nach Sanktionsverschärfungen bei Urheberrechtsverletzungen distanzierte sich Bleicher-Nagelsmann auf Nachfrage klar:ver.di lehne solche Forderungen ab, es gebe auch kein Bündnis der auf dem Podium vertretenen Organisationen. Die zu Beginn der Pressekonferenz vorgestellte Studie der Unternehmensberatung TERA (hier verlinkt und hier besprochen) kritisierte der ver.di-Mann als methodisch fragwürdig. Die Berliner Sektion der Deutschen Journalisten-Union in ver.di verteilte derweil Flugblätter (Scan), auf denen Sperren, Filter und Vorratsdatenspeicherung klar abgelehnt werden. Bereits vor der PK war Bleicher-Nagelsmann in einem Erklärungsschreiben auf die Kritiker dieser Kampagne zugegangen.
Angesichts dieser Distanzierung der Gewerkschaft von der eigenen Veranstaltung stand bei den Verbandsvertretern das Unbehagen ins Gesicht geschrieben. Gorny schimpfte über „Internet-Maoismus“ und erklärte, ohne die Industrie sei das Internet leer. Man dürfe den
„Leitmarkt der Creative Industries nicht auf dem Altar der digitalen Coolness opfern“.
Das Internet dürfe nicht nur von der Seite der Nutzer her gesehen werden. Man brauche eine „StVO für das Internet.“ Frankreich und Großbritannien seien hier bereits weiter.
Während Gorny und auch die Verbände der Film- und privaten Fernsehindustrie keine konkreten Forderungen an die Politik erhoben, wurde Alexander Skipis von Börsenverein deutlicher. Er erwartet eine Two-Strikes-Regelung, wonach nach einmaliger Verwarnung nicht nur zivilrechtliche, sondern auch strafrechtliche Sanktionen erfolgen müssten. Zudem sollten die Provider für illegale Inhalte haften und effektiv zum Löschen gezwungen werden. Hierzu sei ein internationaler Rechtsrahmen notwendig.
Die Geschäftfsührerin der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) stieg in ihr Statement übrigens mit einer bemerkenswerten Offenheit ein: es gehe der deutschen Filmindustrie besser als je zuvor, der Marktanteil betrage 25 Prozent, die Umsätze mit DVDs stabilisierten sich auf hohem Niveau und insgesamt herrsche angesichts der Digitalisierung eine „technologische Aufbruchsstimmung“. Damit die Industrie jedoch wachsen könne wie erwartet, müsse politisch gehandelt werden.
Wichtig sei, so wurde von Prof. Peter Hennig vom Verband Deutscher Drehbuchautoren, angemerkt, dass der Künstler eine autonome Entscheidung behalte, mit wem er zusammenarbeite und welche Projekte er verfolge. Das Urheberrecht sei nicht nur zum kommerziellen Schutz da, sondern auch zum Persönlichkeitsschutz.
Die Podiumsrunde wurde noch frustrierter, als aus dem Publikum die Frage aufkam, warum denn kein Vertreter von Creative-Commons-Lizenzen und keine Internetuservertretung auf dem Podium säßen. Es gab interessanterweise auch keine Fragen der etablierten Medien bis auf dpa. Stattdessen missmutiges Gemurmel im Publikum bei den Äußerungen von Gorny und Co. Insgesamt wohl ein Schuss in den Ofen für die Contentindustrie. Und ein deutliches Signal, dass soziale Antagonismen nicht einfach unter dem Deckmantel der „Wissensgesellschaft“ verborgen werden können.
(Update: siehe auch den Bericht bei heise.de. Übrigens: ein Austritt löst das Problem bei ver.di nicht)
[…] scheint also insoweit kein neues Solidaritätslied mit der Verwertungsindustrie zu singen. Gleichwohl forderte auch Ver.di ein “stärkeres Urheberrecht”. Zu welchem […]
Aufgelesen und kommentiert 2010-04-26…
Aygül Özkan – eine Muslimin als CDU-Ministerin NRW-SPD-Chefin Kraft: Verbreiten von Parteiskandalen im Internet führt zu Politikverdrossenheit NRW-Wahlkampf: Rüttgers und Kraft liefern zahmes Duell Wie geht es uns, Herr Küppersbusch? Die alten Leiden…
Siehe hierzu auch der Artikel auf freitag.de:
http://www.freitag.de/politik/1016-fragwuerdige-offensive
[…] Siehe zum Thema auch: – ver.di, die UNI-MEI-Kampagne und das Urheberrecht – Kein Bündnis von ver.di und Industrie […]