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Leistungsschutzrecht für Presseverlage im Bundestag (UPDATE IV)

Das Leistungsschutzrecht für Presseverlage ist nun auch offiziell im Bundestag angekommen. Mit einer Drucksachen-Nummer datierend vom 14.11.2012 versehen und firmierend unter dem Titel „Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes“ (BT-Drs. 17/11470), wird es am 29. November 2012 in 1. Lesung im Plenum aufgerufen – nach dem ersten Entwurf der Tagesordnung und dem Willen der Koalition unter TOP 43 (Reden zu Protokoll).

Trotz Änderungen gegenüber den ersten beiden Entwurfsfassungen von Mitte Juni und Ende Juli enthält auch die aktuelle Version weiterhin zahlreiche Ungereimtheiten. Nachdem jüngst ein Beamter aus dem Bundesjustizministerium – befragt im Unterausschuss für Neue Medien (Tagesordnung), ob Links, die den Titel eines Presseartikels beinhalten, künftig geschützt seien – bestätigte, dass eine Überschrift als solche unter den Anwendungsbereich des Leistungsschutzrechts falle, wenn eine Verlinkung auf den ganzen Artikel erfolge, eröffnet sich ein weites Feld für potentielle Abmahnungen.

Anbieter wie Facebook, Twitter und nahezu das gesamte Social Web könnten unter das Leistungsschutzrecht fallen. Für sie wäre bereits das unkommentierte Posten und Verbreiten entsprechender Links durch Dritte lizenzierungspflichtig. Ursache ist unter anderem ein schwammiger und unbestimmter Anbieterbegriff: Das Leistungsschutzrecht gebietet einen Schutz „vor systematischen Zugriffen auf die verlegerische Leistung“ nicht nur durch Suchmaschinenanbieter, sondern auch durch „Anbieter von solchen Diensten […], die Inhalte entsprechend einer Suchmaschine aufbereiten, da deren Geschäftsmodell in besonderer Weise darauf ausgerichtet ist, für die eigene Wertschöpfung auch auf die verlegerische Leistung zuzugreifen“, heißt es im aktuellen Gesetzentwurf.

Dass darunter nicht ausschließlich automatische Aggregatoren zu subsumieren sind, zeigt ein Interview mit Jan Hegemann in der November-Ausgabe der Zeitschrift promedia (nur offline). Hegemann ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Raue L.L.P. sowie – was das Medienmagazin verschweigt – Berater namhafter deutscher Zeitungsverlage und als solcher juristischer Spiritus rector des Leistungsschutzrechts. Auf die Frage, ob ausschließlich automatische Aggregatoren unter den Anbieterbegriff des Gesetzentwurfs fallen, antwortet er:

„Die meisten Aggregatoren erzeugen ihre Ergebnisse nach meinem Verständnis mithilfe automatisierter Verfahren. Wenn ein Anbieter allerdings manuelle Korrekturen vornimmt (z.B. besonders wertvolle Ergebnisse selektiert), führt dies aus dem Leistungsschutzrecht nicht hinaus. Eine Beschränkung auf voll automatisierte Aggregatoren ist im Gesetzestext nicht angelegt. Der Entwurf stellt darauf ab, wie der Aggregator die Inhalte ‚aufbereitet‘, und nicht, wie er sie erzeugt.“

Bereits dieser Exkurs über das, was aus dem Leistungsschutzrecht nicht hinaus führt, gibt eine Vorahnung von der mit einem solchen Recht einhergehenden massiven Rechtsunsicherheit. Halina WawzyniakHerbert Behrens und die Fraktion DIE LINKE haben die Ungereimtheiten und möglichen Kollateralschäden des Leistungsschutzrechts in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung (Vorabversion) zu systematisieren versucht. Herausgekommen ist eine erstaunliche Sammlung von Rechtsunklarheiten. Auf die Antworten darf man gespannt sein.

 

UPDATE 22.11. 12:55 Uhr

Bereits gestern Abend hatten LINKE und Grüne im Bundestag angekündigt, dagegen zu protestieren, dass die erste Lesung des Leistungsschutzrechts ohne echte Debatte im Plenum durchgewunken werden sollte. Heute morgen haben Mathias Schindler und Netzpolitk.org dazu aufgerufen, sich bei den Fraktionen im Bundestag dafür einzusetzen, dass es eine echte Debatte zum Leistungschutzrecht gibt. Mittlerweile hat auch der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD im Bundestag, Thomas Oppermann, angekündigt, sich für eine echte Debatte einsetzen zu wollen.

Darüber hinaus haben Tabea Rößner von den Grünen und Petra Sitte von der LINKEN am Mittag angekündigt, ihr Rederecht auf jeden Fall wahrnehmen zu wollen.

Heute tagt der Ältestenrat des Bundestages um die Tagesordnung für kommende Woche offiziell zu beschließen. Dabei wird auch der Protest der Oppositionsfraktionen für eine echte Debatte zur Sprache kommen. Wir werden weiter berichten.

 

UPDATE 23.11. 11:10 Uhr

Der Ältestenrat hat gestern einstimmig beschlossen, das Leistungsschutzrecht am 29.11.2012 unter TOP 19 zu debattieren. Nach der jetzigen Aufsetzungsplanung wäre die frühestmögliche Uhrzeit 20:45. Das ist aber nur ein theoretischer Wert: Realistisch ist 22:00 Uhr, möglich ist auch 23:15.

 

UPDATE 27.11. 13:45 Uhr

Laut Tagesordnung des Bundestags von heute findet die erste Lesung am 29.11.2012 von 01.50-02.25 Uhr statt – also Freitag zu nachtschlafender Zeit …

 

UPDATE 29.11. 08:30 Uhr

Laut aktualisierter Tagesordnung von gestern abend ist die frühestmögliche Debattenzeit nun 00:05-00:40 Uhr.

 

9 Kommentare zu “Leistungsschutzrecht für Presseverlage im Bundestag (UPDATE IV)”

  1. […] verkündete die Digitale Linke, dass nun endlich ein Termin für die 1. Lesung des Leistungsschutzrechtes anberaumt sei: Es werde […]

  2. […] Presseleistungsschutzrecht. Leistungsschutzrecht für Presseverlage im Bundestag (UPDATE III) « DIGITALE LINKE: Laut Tagesordnung des Bundestags von heute findet die erste Lesung am 29.11.2012 von 01.50-02.25 […]

  3. […] Digitale Linke notiert am 27.11. gegen 13:45 Uhr: Laut Tagesordnung des Bundestags von heute findet die erste Lesung am 29.11.2012 von 01.50 – 02.25 Uhr statt – also Freitag zu nachtschlafender Zeit … […]

  4. […] propos Presseleistungsschutzrecht. Leistungsschutzrecht für Presseverlage im Bundestag, (UPDATE III) « DIGITALE LINKE: Laut Tagesordnung des Bundestags von heute findet die erste Lesung am 29.11.2012 von 01.50-02.25 […]

  5. […] 2. & 3. Lesung Donnerstag der 29.11.2012 um 23:35 Uhr oder 23:55 Uhr oder Freitag der 30.11.2012 um 00:35 Uhr Hinweis: Nach Fraktionsangaben von DIE LINKE finden die Lesungen sogar noch später statt. […]

  6. […] Freitag ist es so weit: Das Leistungsschutzrecht geht im Bundestag in die erste Lesung. Und zwar um 1:50. Nachts. Ein eindeutigeres Zeichen, wie egal das Internet der Bundesregierung auch Ende 2012 noch […]

  7. Telemedicus sagt:

    Presse-Leistungsschutzrecht: Ein Schaden für die Gesellschaft…

    Die Ereignisse überschlagen sich um das geplante Presse-Leistungsschutzrecht: Google startet eine breite Kampagne „Verteidige dein Netz” und ruft online wie offline zum Protest auf. Das Max-Planck-Institut für Immaterialgüter- und Wettbewer…

  8. […] http://blog.die-linke.de/digitalelinke/leistungsschutzrecht-fur-presseverlage-im-bundestag/Wenn man die Redewendung “unchristliche Zeit” wörtlich nimmt, nimmt die zu überzeugende Partei an dieser Debatte nicht einmal Teil. […]