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Zugangserschwerungsgesetz: Anhörung im Rechtsausschuss

Am Mittwoch, 10.11.2010, 14.00 Uhr, befasst sich der Rechtsausschuss des Bundestages unter Vorsitz von Siegfried Kauder (CDU) in einer öffentlichen Anhörung mit dem Thema „Zugangserschwerung zu kinderpornographischen Inhalten im Internet“. Grundlage bilden die von den Oppositionsfraktionen DIE LINKE, GRÜNE und SPD vorgelegten Gesetzentwürfe zur Aufhebung des Sperrgesetzes.

Im Rechtsausschuss, in dem Nicht-Juristen traditionell ein schweres Standing haben und normalerweise allein rechtspolitische Expertise gefragt ist, gedenkt die Union nun, in ihrem Bestreben zur Einführung von Netzsperren noch eine Schüppe draufzulegen. Das zeigt ein Blick auf die durch sie benannten Sachverständigen.

CDU/CSU beförderten (hier die noch unvollständige Liste der Sachverständigen) Carmen Kerger-Ladleif von Dunkelziffer e.V. und Jürgen Maurer, Vizepräsident des Bundeskriminalamtes (BKA), zu rechtspolitischen Experten. Allen, in der Geschichte des Zustandekommens des Zugangserschwerungsgesetzes Versierten dürfte dies ein Aha entlocken.

Bekanntlich fand am 27.08.2008 eine Pressekonferenz des BKA zu „Schwerer und Organisierter Kriminalität“, darunter Kinderpornographie, statt. Zu diesem Thema wurden damals begleitende Statements von Carmen Kerger (Dunkelziffer e.V.) und Julia von Weiler (Innocence in Danger e.V.) gehalten.

Erstere hat lediglich ihren Namen verlängert. Letztere ebenfalls zu berufen, erschien der Union möglicherweise nicht opportun, da sie heute das umstrittene RTL II-Format „Tatort Internet“ betreibt – unterstützt von der Präsidentin des Innocence in Danger e.V. und Gattin des CSU-Verteidigungsministers Stephanie Freifrau zu Guttenberg.

Die Pressekonferenz selbst bildete seinerzeit den Auftakt für die Kampagne Ursula von der Leyens (CDU) zur Einführung von Netzsperren. Im Jahresbericht 2008 (S. 2) von Innocence in Danger e.V. heißt es dazu knapp und entsprechend:

In 2008 wurde die inhaltliche Kooperation mit dem Bundeskriminalamt intensiviert. Unter anderem lud der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, Innocence in Danger ein, auf der jährlichen Pressekonferenz am 27.08.2008 in Berlin ein Statement zum Thema „Kinderpornographie“ abzugeben.

Angesichts der steigenden Zahlen – z.B. der Anstieg bei der Verschaffung von Kinderpornographie im Internet von 111 % von 2006 auf 2007 – und der immer brutaleren Gewalt gegen immer kleinere Kinder, forderte das BKA gemeinsam mit „Dunkelziffer e.V.“ aus Hamburg und „Innocence in Danger“ eine gesetzliche Verankerung des „Access Blocking“ von Internetseiten mit illegalem Inhalt – insbesondere Kinderpornographie!

Im November 2008 hat sich die Bundesfamilienministerin, Ursula von der Leyen, dieser Forderung angeschlossen und treibt seit dem eine allseits verbindliche Regelung voran.

Nach dem für die Union unvorteilhaften Ausgang des vorausgegangenen, sehr sachlich geführten Expertengesprächs im Unterausschuss Neue Medien planen CDU/CSU nun offenbar, die Anhörung im Rechtsausschuss in ein Tribunal für Netzsperren zu verwandeln. Intern wurden die Reihen bereits weiter geschlossen.

Thomas Jarzombek, für die CDU Mitglied im Unterausschuss Neue Medien und in dieser Funktion bislang nicht gerade als netzpolitischer Hardliner hervorgetreten, propagierte vor einigen Tage in The European Netzsperren als „Brückentechnologie“. Auf europäischer Ebene sollten in einem „Schengen-Raum im Netz“ Sperren als Brücke dienen, bis in allen Ländern auch garantiert gelöscht werde.

Einen „Schengen-Raum“ für das Internet hatte zuvor auch die Junge Union Deutschlands in einem „Plädoyer für eine moderne Netzpolitik“ (10.07.2010) gefordert. Im Gegensatz zu Jarzombek allerdings hatte sich die Jugendorganisation der Union explizit gegen Netzsperren und für den Grundsatz Löschen statt Sperren ausgesprochen. Auch hatte sie ihr Unverständnis über die in Deutschland und auf EU-Ebene wiederaufgeflammte Debatte zu Netzsperren zum Ausdruck gebracht und diese als „überflüssig“ bezeichnet.

2 Kommentare zu “Zugangserschwerungsgesetz: Anhörung im Rechtsausschuss”

  1. […] die öffentliche Anhörung im Rechtsausschuss zum Zugangserschwerungsgesetz kommenden Mittwoch berichtet worden – und darüber, dass die Union mit den von ihr benannten Sachverständigen Carmen […]

  2. […] findet die öffentliche Anhörung im Rechtsausschuss zum Zugangserschwerungsgesetz statt. Die schriftlichen Stellungnahmen der geladenen […]