Kippt das Leistungsschutzrecht doch noch auf der Zielgeraden? Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) sagte gestern Abend, dass es derzeit direkte Verhandlungen zwischen den deutschen Verlagen und Google gibt, um eine Vereinbarung zwischen den Unternehmen zu erzielen, die ein Leistungsschutzrecht ersetzen könnten. Weiter stellte er in Aussicht, dass die FDP den Gesetzentwurf zum Leistungsschutzrecht im Bundestag solange nicht abstimmen will, bis diese Verhandlungen zwischen den Konzernen abgeschlossen sind.
Derzeit (21.02., 13:15 Uhr) steht aber weiterhin die Abstimmung über den Gesetzentwurf auf der Tagesordnung des Bundestages für nächste Woche.
Wir dokumentieren das Gespräch bei „UdL digital“ am 20.02.2013 gegen 19:30 Uhr zwischen Journalist Mario Sixtus und dem Bundeswirtschaftsminister und Vizebundeskanzler, Philipp Rösler (FDP):
Transkript des Videos von Tilo Jung: http://youtu.be/3GFRtiYXi34
Es gilt das gesprochene Wort.
Mario Sixtus:
Wie schaffen sie das, Spagat, hier jetzt den Schutzpatron der Internetstart-Ups zu spielen und morgen bei der Kabinettssitzung wieder zu sagen: „Ja, hmm, Leistungsschutzrecht haben wir beschlossen bei der Koalition, jetzt machen wir’s auch.“?
Es folgt Geplänkel darüber, wann denn das Kabinett ernsthaft das nächste Mal tagt und woher sich Sixtus und der Vizekanzler kennen. Dann die Antwort auf die eigentliche Frage:
Philipp Rösler:
Erstmal zum Leistungsschutz selber: Das liegt jetzt nach Beschluss der Bundesregierung beim Bundestag [unverständlich]. Auch meine eigenen Leute haben mir gesagt, dass sie das momentan nicht passieren lassen wollen, dass muss ich akzeptieren Ich ziehe [unverständlich] des deutschen Bundestages grundsätzlich nicht in Zweifel. Als ich vor einer Woche in Frankreich war, haben die Franzosen ihr Modell, ihr Lösungsmodell erläutert, nämlich dass sie einen Vertrag [unverständlich, evtl. „mit Google“?] geschlossen haben mit den jeweiligen Verlagen, dass es eine Einmalzahlung gegeben hat und dann hat man jede weitere gesetzgeberische Aktivität fallen lassen. Ob das nun gut ist oder nicht, steht mir nicht zu, aber zumindest gab es eine andere Lösung jenseits der gesetzgeberischen.
Und jetzt habe ich gehört, dass große namhafte Verlage aktuell, so wie wir hier zeitgleich sitzen und, zufälligerweise [unverständlich] auch gerade in den USA sind, um mit entsprechenden, eben schon genannten Konzernen zu außerlegislativen Lösungen zu kommen.
Und, ähm, das wäre der Hammer. Dann würden meine Abgeordneten, die haben mir das gerade angedroht, eine [unverständlich, evtl. „regelrechte liberale“?] Tradition, die haben mir das gestern Abend nämlich gesagt, für den Fall dass das eintreten würde, würden die Abgeordneten des deutschen Bundestages, auch meiner Fraktion, danke, die eigenen Leute sind immer die besten, würden das Gesetz voraussichtlich nicht passieren lassen. [unverständlich]. Deswegen warten wir doch jetzt erstmal ab, was die Gespräche den bringen. Die Modelle zeigen, dass das funktionieren kann, also sofern, glaube ich würde ich mal abwarten und wir können dann beim nächsten Liveblog, das wir wieder haben werden, nochmal drüber sprechen.
Mario Sixtus:
Also kann ich das vielleicht kurz so zusammenfassen: Sie sagen, wenn die Lobbyisten, die die ganze Zeit dieses Gesetz haben wollen, also der Bundesverband der Zeitschriftenverleger und namentlich natürlich also ganz vorne immer der Axel Springer Verlag, wenn die irgendwann sagen, och nöö, jetzt wollen wir das doch nicht mehr so, weil jetzt haben wir uns irgendwie, irgendwie finanziell geeinigt, so [unverständlich]. Dann würden sie sagen, dann brauchen wir das Gesetz nicht mehr. Das finde ich jetzt so ein bisschen, ähm, zweitklasse.
Philipp Rösler:
Gut, dass sie nochmal nachfragen, weil [unverständlich] verstanden habe. Erst einmal entscheide das [unverständlich, evtl. „wir nicht“?], sondern entscheiden das die Kolleginnen und Kollegen, die schon unabhängig davon übrigens sehr skeptisch sind, [unverständlich] zu sagen, und mir auch gesagt haben, dass, selbst wenn es da keine Lösung gibt, wären sie bereit. Sie diskutieren noch, braucht es ein solches leistungsschutzrecht, ja oder nein? Meine Kollegen sagen mir im Ministerium, ich hab denen das erklärt, wir brauchen das, aber andere Kollegen sagen bisher nein. [unverständlich] von der Lösung kann es sein, dass wir das noch durch den deutschen Bundestag bekommen, dass wäre jedenfalls mein Wunsch, aber die Abgeordneten des deutschen Bundestages sehen das aktuell anders, jetzt mal unabhängig [unverständlich]. Ich hatte angedeutet, dass es parallel solche Entwicklungen gibt,wie gesagt ich muss nicht beurteilen, ob ich das richtig oder falsch finde. Ich habe das Leistungsschutzrecht damals für richtig gehalten, hab das auch so eingebracht, und ähm, so ist das in einer Demokratie, wenn diejenigen, die darüber abzustimmen haben, anders darüber abstimmen, dann hab ich mein Gesetz nicht durchgekriegt, aber das gehört dann eben auch mit dazu. Es gab gute Argumente dafür, das man eben Geschäftsmodelle eben auch möglich machen muss im Internet, die gibt es bisher noch nicht in vielen Bereichen, aber offenbar ist der Weg, den ich vorgeschlagen habe nicht der Weg, den die Mehrheit im Parlament momentan [unverständlich, evtl. „Schade eigentlich“].
UPDATE DER REDAKTION, 18:50:
Während die Verlage und Christoph Keese konkrete Verhandlungen mit Google zum Leistungsschutzrecht irgendwie dementieren, haben wir über die LINKE MdB Petra Sitte einen neuen Verhandlungsstand in Sachen abschließende Behandlung des Gesetzentwurfs im Bundestag erfahren:
Offenbar gibt es Uneinigkeit im Koalitionslager, wie es weiter gehen soll und deshalb dort interne Diskussionen. Aktuell werden zwei Varianten diskutiert: Zum einen eine Absetzung des Tagesordnungspunktes und damit eine Verschiebung der Abstimmung. Zum andern eine Sondersitzung des Rechtsausschusses am Dienstag (26.02.), damit am Donnerstag (28.02.) fristgerecht debattiert und abgestimmt werden kann.
UPDATE DER REDAKTION, 19:10:
Wie wir soeben erfahren, hat die Koalition das Leistungschutzrecht für nächste Sitzungswoche von der Tagesordnung genommen. Somit kann eine 2. und 3. Lesung erst wieder am Do., dem 14.03., oder Fr., dem 15.03, aufgesetzt werden.
[…] Gestern fand in Berlin eine Veranstaltung mit Wirtschaftsminister Philip Rösler zum Thema Startups statt. Aus dem Publikum befragte der Journalist Mario Sixtus unseren Wirtschaftsminister, wie denn sein Engagement für Start-Ups mit seinem Engagement für das geplante Leistungsschutz für Presseverleger kompatibel sei. Von dem rund vier Minuten Dialog gibt es von Tilo Jung ein Video mit schlechter Tonqualität. Joerg Braun hat den Dialog im Digitale Linke Blog soweit es geht transcribiert. […]
[…] Transkript-Auszug (Quelle: Digitale Linke) […]