DIGITALE LINKE
— Politik in der digitalen Welt! —

Posts mit dem Tag ‘Digitaler Kapitalismus’

Ein digitaler Airbus – Bayerisch-Österreichische Antworten auf die NSA-Abhöraffäre

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hat gestern in einem Welt-Interview angekündigt, das Heraufziehen einer „digitalen Weltherrschaft“ durch die USA brechen zu wollen. Als Antwort auf die NSA-Abhöraffäre müsse Europa in „einem digitalen Mega-Cluster“ die Zukunftstechnologien forcieren. Es gehe um eine Bündelung von Wissen und Finanzkraft europäischer Unternehmen, um „ein gigantisches Projekt von Politik und Wirtschaft in Europa“, lautet sein Credo. Als Vorbild hat er dazu den Flugzeugbauer Airbus im Auge – und Franz-Josef Strauß, der einst das politische Projekt eines europäischen Boeing-Konkurrenten begründete.

Interessanterweise stieß am selben Tag Franz Obermayr, für die rechtspopulistische Freiheitliche Partei Österreichs Mitglied im Europäischen Parlament, in das gleiche Horn. In einer Pressemitteilung verlangte er einen „digitalen Airbus“, um Europas Infrastruktur aus der „US-amerikanischen Abhörwillkür“ zu befreien.

Auch ist die Idee eines „digitalen Airbus“ für Europa keineswegs neu. Seinerzeit stand sie Pate bei der Begründung des deutsch-französischen Suchmaschinenprojekts Quaero. Im Frühjahr 2005 von Jacques Chirac und Gerhard Schröder zum Leben erweckt, sollte eine Suchmaschinentechnik geschaffen werden, die ihre Wurzeln in Europa anstatt in den USA hat. Im Rahmen einer Public-Private-Partnership aus Politik und Wirtschaft war geplant, rund 400 Millionen Euro zu investieren. Frankreichs Medien tauften das Projekt – wie hier nachzulesen ist – „digitaler Airbus“. > Weiterlesen

Eine netzpolitische Exit-Option: Olaf Scholz‘ Absage an eine digitale Gesellschaft

Olaf Scholz (SPD) ist, seitdem er im Februar 2011 die Hamburgwahl mit absoluter Mehrheit gewann, sichtlich bemüht, das Image des vormals konturlosen Politikmanagers abzulegen. Noch als SPD-Generalsekretär unter Schröder wurde er in den eigenen Reihen als Scholzomat verspottet – „als hölzerner Redner ohne Gefühl für die Sorgen der Basis“ (n24), als „ein Hinterzimmermanager“ und „Basta-Politiker“ (taz).

Dass er in den 1980er Jahren als stellvertretender Bundesvorsitzender der Jusos dem linken Stamokap-Flügel angehörte (fes), der den Staat auf Basis der von Lenin entwickelten Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus als Erfüllungsgehilfen ökonomischer Monopole betrachtete, bildet dazu nur einen vordergründigen Widerspruch. Seine Rede zur Neuordnung der Medien- und Netzpolitik anlässlich der Eröffnung des Mediendialogs Hamburg am 28. Mai zeigt: Scholz hat das theoretische und praktische Rüstzeug von einst nicht abgelegt. Er plädiert für eine netzpolitische Exit-Option der Bundesländer zugunsten des medialen Konzernkapitalismus in Deutschland. > Weiterlesen

Alle reden von der re:publica – Wir auch

Am Montag beginnt zum siebten Mal in Folge in Berlin die re:publica, das große Hybrid aus Konferenz, Messe und Klassentreffen für Netzkulutur, Netzpolitik und immer mehr: Netzwirtschaft. Auch wir von „Digitale Linke“ werden in Teilen dort sein, uns im Mix aus AktivistInnen-Treffen, Selbstbeschau und PR-Gebuhle umtun und aus der ein oder anderen Veranstaltung auf @digitale_linke twittern.

Während das Drumherum der re:publica Jahr für Jahr businesslastiger wird, ist das Konferenzprogramm auch dieses Jahr angenehm heterogen und politisch. Im Vorfeld hier unsere kleine, unvollständige Auswahl an spannenden Programmpunkten: > Weiterlesen

Netzneutralität per Gesetz festschreiben!

Gestern kündigte die Telekom an, ab 1. Mai bei Neukunden nur noch Flatrate-Verträge mit Inklusiv-Datenvolumen anzubieten. Das bedeutet, dass die Kunden nur bis zu einem bestimmten Datenverbrauch die maximale Bandbreite nutzen können. Haben sie eine Grenze überschritten, wird die Geschwindigkeit erheblich gesenkt. Bereits vor knapp einem Jahr hatte Kabel Deutschland mit einer ähnlichen Klausel für Aufmerksamkeit gesorgt. Darüber hinaus bestätigte die Telekom, dass eigene und einige ausgewählte Dienste nicht auf das Datenvolumen angerechnet werden. Wer andere Dienste nutzen will, muss de facto draufzahlen. Das ist ein eklatanter Verstoß gegen die Netzneutralität. Wenn dieses Beispiel Schule macht, ist das Ende des freien Internets erreicht. Dass die Gefahr besteht, zeigen die sofort aufflammenden Gerüchte, auch Vodafone wolle solche Tarife einführen. Zwar widersprach Vodafone dem; man habe keine Pläne für so etwas. Das klingt aber eher nach: Was nicht ist, kann noch werden. Es zeigt sich, dass eine gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität dringend notwendig ist. Dies fordert DIE LINKE schon seit langem. Doch immer wieder sperrt sich die schwarz-gelbe Koalition. Zuletzt weigerten sich Union und FDP eine Handlungsempfehlung, die Netzneutralität gesetzlich zu sichern, in den Bericht der Enquete-Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“ aufzunehmen. Der Markt wird es schon richten. Wie gut das funktioniert, sieht man jetzt. > Weiterlesen

Das Leistungsschutzrecht des Stärkeren

Bericht von MdB Petra Sitte zur heutigen Anhörung im Unterausschuss neue Medien des Bundestags zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage

Wir haben in den vergangenen Monaten drei verschiedene Kleine Anfragen an die Bundesregierung gestellt, (1, 2, 3) in denen wir wissen wollten, wie das Leistungsschutzrecht für Presseverlage zustande kam und wie es in der Praxis funktionieren soll. Die Bundesregierung hatte entweder keine Ahnung, was sie mit dem Leistungsschutzrecht anrichten wird oder kein Interesse an den Folgen. Sie gab recht klar zu erkennen, dass es Unmengen Rechtsunsicherheiten geben wird, die dann die Gerichte klären sollen.
Damit wird zwar die Verbreitung journalistischer Informationen für Journalisten, Verlage, Suchmaschinen, Aggregatoren bis zum Ende all dieser Gerichtsverfahren äußerst schwierig und im Zweifel ein Fest für Abmahnanwälte, aber was kümmert’s die Regierung? Dass sich kleine Verlage und innovative Start-Ups im Suchmaschinen- und Aggregatoren-Bereich sich die Rechtsabteilungen gar nicht leisten können und deshalb durch das Leistungsschutzrecht benachteiligt werden, ist der Bundesregierung offensichtlich egal, wie sie uns vergangenen Freitag mitteilte (siehe zum Beispiel die Antwort auf Frage 25 hier).

Die verfassungsrechtlichen Bedenken von Urheberrechtlern aber auch dem Vorsitzenden des Rechtsausschusses, Siegfried Kauder von CDU, werden einfach ignoriert. Und mit Stand heute soll das Leistungsschutzrecht noch diese Woche trotz aller Unsicherheiten, Bedenken und Widersprüche am Freitag endgültig abgestimmt werden.

Heute sollten im Unterausschuss neue Medien technische Fragen rund ums Leistungsschutzrecht geklärt werden. > Weiterlesen

UPDATE II: Kippt das Leistungsschutzrecht, weil sich Google mit den deutschen Verlagen auf einen Deal einigt?

Kippt das Leistungsschutzrecht doch noch auf der Zielgeraden? Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) sagte gestern Abend, dass es derzeit direkte Verhandlungen zwischen den deutschen Verlagen und Google gibt, um eine Vereinbarung zwischen den Unternehmen zu erzielen, die ein Leistungsschutzrecht ersetzen könnten. Weiter stellte er in Aussicht, dass die FDP den Gesetzentwurf zum Leistungsschutzrecht im Bundestag solange nicht abstimmen will, bis diese Verhandlungen zwischen den Konzernen abgeschlossen sind.

Derzeit (21.02., 13:15 Uhr) steht aber weiterhin die Abstimmung über den Gesetzentwurf auf der Tagesordnung des Bundestages für nächste Woche.

Wir dokumentieren das Gespräch bei „UdL digital“ am 20.02.2013 gegen 19:30 Uhr zwischen Journalist Mario Sixtus und dem Bundeswirtschaftsminister und Vizebundeskanzler, Philipp Rösler (FDP): > Weiterlesen

Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger stärkt Monopole und verhindert Innovation

Persönliche Stellungnahme von MdB Petra Sitte, Crosspost von petra-sitte.de

Die gestrige Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags zum geplanten Leistungsschutzrecht für Presseverleger hat die LINKE Ablehnung des Vorhabens bestätigt und unsere Befürchtung verstärkt, dass dieses schlecht formulierte Gesetz weitreichend negative Folgen für die Digitalisierung und die Medienvielfalt haben wird. > Weiterlesen

Petra Sitte: Das Leistungsschutzrecht ist unnötig, grottenschlecht konzipiert und innovationsfeindlich (Update)

An dieser Stelle dokumentieren wir die Rede von Petra Sitte (MdB, DIE LINKE) zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs über das Leistungsschutzrecht für Presseverlage. Mit der heutigen Lesung wird der Gesetzentwurf an die Ausschüsse (federführend ist der Rechtsausschuss, mitberatend der Ausschuss für Kultur und Medien) überwiesen und dort beraten. Danach wird es – an ein und demselben Tag – eine zweite und dritte Lesung mit Abstimmung über den Gesetzentwurf geben. Der Bundesrat muss dem Gesetz nicht zustimmen, kann aber mit einer Zweidrittelmehrhei dagegen Widerspruch einlegen.

 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

wir debattieren zu später Stunde über einen Sandkastenstreit, wer wem welche Förmchen in der Medienwelt wegnehmen könnte.

Da schreien die Verleger: Google verdient Geld mit unseren Inhalten und wollen deshalb Geld von Google. Google kläfft zurück: Die Verlage bekommen von uns die Online-Kunden geliefert, sollen darüber doch froh sein. Gleichzeitig tun beide Seiten so, als wären sie für Gemeinwohl, Demokratie und Weltfrieden unverzichtbar. Aber letztlich streiten sich zwei Konzerne nur um Profite. > Weiterlesen

Ohne Gleichberechtigung und sozialen Ausgleich bleibt Open dicht

Anfang Mai erschien im Universitätsverlag des Saarlands der von Ulrich Herb herausgegebene Sammelband „Open Initiatives: Offenheit in der digitalen Welt und Wissenschaft“. Darin findet sich der lesenswerte Beitrag von Jutta Haider „Open Access hinter verschlossenen Türen oder wie sich Open Access im und mit dem Enwicklungsdiskurs arrangiert“.
Haider zeigt dort anschaulich, wie die ideologische Begründung für Open Access letztlich im imperialistischen Diskurs einer Entwicklungshilfe verortet ist, die „armen“ oder „unterentwickelten“ Gesellschaften die angeblichen und realen Segnungen der kapitalisitischen Industrieländer des globalen Nordens überhelfen soll. Besser noch, es soll die Hoffnung auf diese Segnungen dauerhaft aufrecht erhalten, kann diese aber de facto nicht erfüllen.

Haider ist dabei nicht im Geringsten daran gelegen, den offenen Zugang zu wissenschaftlicher Arbeit an sich zu kritisieren. Sie kritisiert, mit welchen Argumenten die Archive und Publikationsprozesse geöffnet werden sollen. Sie kritisiert, das eine rein technische Lösung (übers Netz zugängliche Datenbanken) als Allheilmittel gegen Ungleichheit (hier: in der Wissenschaft) gepriesen wird und dabei die flankierende PR die Ungleicheit dauerhaft zementiert. > Weiterlesen

Das Netz, die Eigentumsfrage und die Freiheit der Kommunikation (Teil III)

Offenheit als Kontingenz

Tatsächlich muss die praktizierte und noch bestehende Offenheit des Netzes als „kontingent“ (ebd.) angesehen werden. Umgekehrt allerdings gilt das ebenso für seinen prognostizierten Zerfall in Territorien. Beide Szenarien verweisen in ihren grundlegenden Implikationen zurück auf zu führende politische Auseinandersetzungen. Denn folgendes ist zu proklamieren: Obgleich die Offenheit des Netzes nicht als Wesensnotwendigkeit zu begründen ist, so bleibt sie doch politisch möglich. Darauf reflektiert in besonderer Dringlichkeit ebenfalls ein jüngerer Mahnruf von Tim Berners-Lee.

Die konkreten Bedrohungen auflistend – Einzäunung und Abschottung von Informationen in Sozialen Netzwerken, Smartphones und Pads; Drosselung und Unterbindung des Zugangs zu rivalisierenden Diensten im mobilen Internet; fortschreitende Überwachungszugriffe auf die Informationsinfrastruktur durch autoritäre ebenso wie durch demokratische Regierungen –, konstatiert er: „Sollten wir, die Nutzer des Netzes [im Orig.: Web], diese und andere Tendenzen weiterhin ungehindert an uns vorbeiziehen lassen, zerbricht das Netz in fragmentierte Inseln. Wir verlören die Freiheit zur Vernetzung mit den Webseiten unserer Wahl.“ (Berners-Lee 2010)

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