DIGITALE LINKE
— Politik in der digitalen Welt! —

Posts mit dem Tag ‘Internetsperren’

EU-Kommission beerdigt Netzneutralität und ermöglicht Netzsperren [UPDATE]

Aus dem gestern Abend veröffentlichten Vorschlag der EU-Kommission zur Erschaffung eines einheitlichen europäischen Telekommunikationsmarktes (pdf) dokumentieren wir im Folgenden die beiden entscheidenden Absätze aus Artikel 23. Sie ermöglichen priorisierte Dienste – hier „specialised services“ genannt – und das Blockieren oder Verlangsamen von Diensten und Inhalten. Mit dieser Regelung würde die Netzneutralität beerdigt und Netzsperren ermöglicht.

2. End-users shall also be free to agree with either providers of electronic communications to the public or with providers of content, applications and services on the provision of specialised services with an enhanced quality of service.

In order to enable the provision of specialised services to end-users, providers of content, applications and services and providers of electronic communications to the public shall be free to enter into agreements with each other to transmit the related data volumes or traffic as specialised services with a defined quality of service or dedicated capacity. The provision of specialised services shall not impair in a recurring or continuous manner the general quality of internet access services. > Weiterlesen

USA: Six strikes mit Erziehungswarnhinweisvideos

Wir hatten hier und hier bereits berichtet, dass in den USA unter der Ägide des neugegründeten Center for Copyright Information (CCI) ein Copyright Alert System installiert werden soll. Die Basis dazu bildet ein im Juli 2011 zwischen den einflußreichen Verbänden der Unterhaltungsindustrie Motion Picture Association of America (MPAA), Recording Industry Association of America (RIAA), Independent Film and Television Alliance (IFTA), American Association of Independent Music (A2IM) sowie namhaften Netzbetreibern, darunter AT&T, Verizon, Comcast, Cablevision sowie Time Warner Cable, getroffenes privatwirtschaftliches Übereinkommen.

Dieses sieht ein System der abgestuften Erwiderung in insgesamt sechs Schritten vor. Bei Abruf von inkriminierten Inhalten werden Nutzerinnen und Nutzer zunächst über Sicherheitsmaßnahmen ihres Netzanschlusses und legale Alternativen aufgeklärt. Im Wiederholungsfall ist ein Warnhinweis mit ausdrücklich zu bestätigender Einwilligung in den Abruf solcher Inhalte verbunden. Beide Schritte können von den Providern wiederholt werden. In einem letzten Schritt schließlich erfolgen die Drosselung der Verbindungsgeschwindigkeit auf Seiten des Anschlussinhabers oder die Sperrung von abgerufenen Internetdiensten. > Weiterlesen

BGH urteilt gegen jugendliche Filesharer und missachtet Intention des Gesetzgebers

Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte kürzlich, dass Internetprovider persönliche Daten über Teilnehmer von Tauschbörsen im Internet an Rechteinhaber herausgeben müssen. Laut Urheberrechtsgesetz ist dies eigentlich nur bei „gewerblichem Ausmaß“ vorgesehen. Kurzerhand deutet der BGH das Gesetz nun um. Alle Rechtsverletzungen seien zu verfolgen, eine Beschränkung bei der Auskunft auf gewerbliche Nutzer nicht im Sinne der 2007 hart umkämpften Neuregelung des §101 des Urheberrechtsgesetzes. > Weiterlesen

Das Netz, die Eigentumsfrage und die Freiheit der Kommunikation (Teil I)

Die Zeiten, in denen sich die Kulturschaffenden in ihrem Großteil auf der linken Seite des politischen Spektrums verorteten, sind seit langem vorbei. Tempi passati – heute versammeln sie sich hinter ihren Verwertern. Mit ihnen fordern sie immer lauter schärfere Sanktionen gegen Urheberrechtsverletzungen im Netz. Die Grundlagen digitaler Kommunikation kaum durchschauend, sind sie gar bereit, die Totalüberwachung des Austausches von Informationen in Kauf zu nehmen. Zeit also, die Verhältnisse einmal genauer zu reflektieren. Unter obengenanntem Titel dokumentieren wir in einer dreiteiligen Vorabversion Auszüge eines längeren Textes von Lothar Bisky und Juergen Scheele. Sobald die vollständige Printversion vorliegt, werden wir darauf verweisen. [Red.]

Delikt Kopie

Das von der Rechteindustrie zur Verhandlung gebrachte Delikt Kopie erweist sich bis in die Begrifflichkeiten und die Bewertung des Schadensausmaßes hinein als vermint. Verbreitete Terminologien wie Internetpiraterie und Raubkopie sind als „irreführend“ (Brodowski/Freiling 2011) einzustufen, schließlich bezeichnet Raub die Wegnahme einer Sache unter Gewalt oder unter Bedrohung für Leib und Leben (§ 249 StGB), zählt entsprechend zu mittelschwerer und schwerster Kriminalität, ebenso wie Piraterie juristisch besehen für schwerste Gewaltkriminalität auf Hoher See steht. An einer Dekomposition solcher in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangenen Begriffssemantiken muss sich gleichwohl nicht versucht werden, zumal urheberrechtskritische Ökonomen umgekehrt dazu übergegangen sind, das Verhalten der Unterhaltungsindustrie als Raubrittertum zu brandmarken. > Weiterlesen

Im Schützengraben der Urheberrechtsdebatte – eine Analyse des Aufrufs „Wir sind die Urheber“

Der Kampf um die ideologische Hegemonie in der Urheberrechtsdebatte geht in die nächste Runde.

Der Brief der Tatort-Autor_innen etwa wurde auch hier von LINKS beantwortet. Nachdem die 100-Köpfe-Kampagne des Handelsblattes unter anderem deswegen schief ging, weil mindestens so viele Nichturheber wie Urheber dazu zählten, finden sich nun mehrere neue Initiativen gegen die vermeintliche „Kostenloskultur des Internets“. Bei der Linksfraktion ging ein Brief einer Journalistin ein, die das LINKE 10-Punkte-Papier zum Thema „Urheberrecht in der digitalen Welt“ scharf kritisierte. Die Mail, in der die Autorin um Nichtveröffentlichung bat, erschien etwa zeitgleich auf dem Blog des Deutschen Journalistenverbandes, gekürzt um die Bitte der Nichtveröffentlichung. Die Antwort der angeschriebenen Abgeordneten ist dort inzwischen ebenfalls zu lesen.

Die Kampagne Ja zum Urheberrecht  machte mit Plakatmotiven von sich reden, die die Sympathiewerte für die Krimiautoren wohl nur begrenzt steigerten.

Am meisten Furore macht derzeit sicher die Kampagne wie-sind-die-urheber.de Unter den 100 Erstunterzeichner_innen finden sich fast ausnahmslos Buchautorinnen und -autoren. Organisiert wurde das Ganze vom Literaturagenten Matthias Landwehr. Mittlerweile haben mehr als 1500 Personen unterschrieben. Einige, die angesprochen wurden, haben auch nicht unterschrieben und begründen dies öffentlich. Andere starten erfolgreiche Gegenkampagnen wie diese oder diese. Vor der dennoch beeindruckenden Liste der Unterzeichnenden steht ein äußerst dürftiger Aufruf, der an dieser Stelle über diesen Artikel von Christian Stöcker hinaus, kommentiert werden soll: > Weiterlesen

Siegfried Kauder plädiert jetzt für Two-Strikes – Three-Strikes bleibt Option

Was ist eigentlich aus Siegfried Kauders (CDU) Gesetzesinitiative für Three-Strikes geworden? Der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag hatte im Herbst letzten Jahres angekündigt, noch vor Weihnachten einen Gesetzentwurf zu Warnhinweisen einschließlich Internet-Entzug vorzulegen (wir berichteten). Dazu und zu weiteren Planungen ist nun in einem Interview mit Kauder in der April-Ausgabe der Zeitschrift promedia (nur offline) erhellendes zu lesen:

„Ich bin nach vorn geprescht, habe ein Three-Strikes-Modell vorgestellt, mit der Internetsperre als letzte Stufe, um die Debatte zu beginnen. Ich fand die Reaktionen spannend: Es gab einen wilden Aufschrei. Einige meinten, mich als Außenseiter separieren zu müssen. Ich weiss, dass die Internetsperre gegenwärtig nicht durchsetzbar ist. Dann setzen wir eben ein Two-Strikes Modell um. Das zweistufige Warnmodell ist nichts anderes als eine kostenlose Abmahnung. Man zahlt bisher für Abmahnungen Anwaltskosten in einer Größenordnung von 1.000 bis 2.000 Euro für den geringfügigsten Verstoß. Das Justizministerium sucht einen anderen Weg, die Abmahnkosten generell für alle Bereiche zu senken. Da werden sicher bald die Anwälte protestieren. Deswegen ist das Two-Strikes-Modell noch immer der bessere Weg.“ > Weiterlesen

Protokoll der TRIPS-Expertengruppe zu ACTA geleakt

Der Redaktion des Portals iRights liegt ein vertrauliches Protokoll einer Expertenrunde des TRIPS-Council vom 6. Februar vor, über das hier ausführlich berichtet wird. Die wichtigste Erkenntnis: die EU-Kommission hat angesichts der massiven Proteste in ganz Europa große Probleme, die Mitgliedsstaaten mit Argumenten für die weitere Ratifizierung des Abkommens zu versorgen. Viele Staatenvertreter berichteten, dass sie mit den Protesten kaum angemessen umgehen könnten. So zitiert iRights aus dem Protokoll:

Der Vertreter Österreichs teilte mit, man erhalte seit der Unterzeichnung eine Flut von Anfragen aus der Netzgemeinde, von Abgeordneten und Ministerien, und bat die EU-Kommission um Unterstützung. Man müsse die Gegner überzeugen und könne nicht einfach deren Argumentation mit dem Hinweis zurückweisen, sie hätten „keine Ahnung“. Auch Estland, Ungarn und die Niederlande baten die Kommission um bessere Informationen. Malta erklärte, dass auch dort „erheblicher Druck“ auf die Regierung ausgeübt werde. Rumänien bat die Kommission, die Regierungen bei der Ratifikation des ACTA-Abkommens zu unterstützen. > Weiterlesen

„Die Tür ins Freie“ – Lukrezia Jochimsen über Kultur und Netz

Lukrezia Jochimsen, kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, hat für den 11. Band des Jahrbuches für Kulturpolitik einen Beitrag über die Potenziale des Netzes für Kreative und Kulturschaffende verfasst. Das Jahrbuch vereint vor allem die Beiträge des Kulturpolitischen Kongresses „Netz macht Kultur“ vom Mai 2011.

In ihrem Beitrag (pdf) bezieht sich Jochimsen auf das kürzlich beschlossene Parteiprogramm der LINKEN, das die Potenziale des Netzes für Gegenöffentlichkeiten, für Selbstorganisation und für alternative Wirtschaftsmodelle hervorhob. Die Entwicklung dieser Potenziale müsste durch die Politik unterstützt werden:

Was sich hier andeutet an Möglichkeiten zur Teilhabe und selbstbestimmten Entwicklung aller, an Chancen für Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung, das weist über die bestehende Gesellschaft hinaus. Das kann eine Tür ins Freie sein. Wir als Linke halten an der Vision einer Gesellschaft fest, in der die freie und gleiche Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist. Die Weichen dafür, ob das Netz seinen Teil dazu beitragen kann, dieser Vision ein Stück näher zu kommen, werden jetzt gestellt. > Weiterlesen

Zum Fest der Liebe wünscht sich die Musikindustrie endlich Online-Überwachung – schwarz-gelbe Weihnachtsmänner würden gern liefern

2012 wird das Jahr der Entscheidung im Kampf der Content-Industrie für Online-Überwachung. Auf der Agenda steht die Durchsetzung von Rechten des sogenannten geistigen Eigentums. Dazu präsentierte der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) ausgewählten Bundestagsabgeordneten und Regierungsvertretern bereits am Dienstag in Berlin seine Weihnachtswünsche im Rahmen eines Parlamentarischen Abends. Nach einem Heise-Bericht plädierten dort Olivia Regnier, Leiterin des Europabüros der International Federation of the Phonographic Industry (IFPI), Thorsten Schliesche, Deutschlandchef von Napster, sowie der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag Siegfried Kauder (CDU) für die rechtliche Verankerung eines Systems der abgestuften Erwiderung – vergleichbar dem französischen Loi Hadopi und der Digital Economy Act in Großbritannien, auch bekannt unter der Bezeichnung Three-Strikes. > Weiterlesen

EuGH-Entscheid gegen ein Filter- und Sperrsystem im Netz

Mitte April hatte EuGH-Generalanwalt Cruz Villalón in seinem Schlussantrag (wir berichteten) zum Rechtsstreit zwischen der Belgischen Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Verleger (Sabam) und dem Brüsseler Internetzugangsanbieter Scarlet Extended SA (C-70/10) die Errichtung eines Filter- und Sperrsystems im Netz als unzulässigen Eingriff in die Europäische Grundrechtecharta bezeichnet. Heute folgte der EuGH der Rechtsauffassung Villalóns und verkündete ein Urteil, das die Informationsfreiheit nachhaltig stärkt.

In seinem Urteil bestätigt der Gerichtshof – hier die offizielle Pressemitteilung – zwar, dass der Schutz des Rechts am geistigen Eigentum in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sei. Doch sei dieser nicht bedingungslos zu gewährleisten. Die Errichtung eines Filtersystems, dass sämtliche elektronische Kommunikation im Netz zur Ahndung von Urheberrechtsverletzungen überwacht, beeinträchtige die unternehmerische Freiheit des Internetzugangsanbieters. Und: > Weiterlesen