Der von uns sehr geschätzte Autor und Journalist Robert Misik (er war Speaker u.a. bei #nfa11) produziert regelmäßig sehenswerte Podcasts auf der Seite des Wiener Standard. Sein aktueller Podcast steht unter der so irreführenden wie provozierenden Frage „Macht Posten im Internet dumm?“. Misik kritisiert darin die „Schwarmblödheit“ des Internets, insbesondere die Aggressivität und Zerstörungswut anonymer Kommentare und Postings in Foren und unter digitalen Zeitungsartikeln. Auslöser dieser Debatte war offenbar das Geständnis der Standard-Kolumnistin Julya Rabinowich, sie habe sich selbst durch ihre Anonymität im Internet verändert, aber auch diese Erklärung der Standard-Online-Redaktion zu schärferen Moderationsregeln, die sich stark auf das Thema Anonymität bezieht. Er fragt demnach nicht, ob das Posten im Internet dumm mache, sondern ob vor allem Dumme im Internet posten – ein völlig andere Frage.
Misik stellt also fest, dass sich anders als viele das zunächst erhofft haben, die „Reife“ der politischen Öffentlichkeit durch das Internet nicht erhöht, sondern gesenkt habe. Damit reiht sich Misik ein in eine Reihe von früheren Netzoptimisten wie Jaron Larnier, Joseph Weitzenbaum oder auch Jürgen Habermas, die heute die Entwicklung der digitalen Öffentlichkeit kritisch sehen. Es sei ein Problem, so Misik, dass die anonymen KommentatorInnen sich diese Art zu schreiben mit Klarnamen überhaupt nicht trauen würden, weil sie die Konsequenzen wie soziale Ächtung oder auch rechtliche Auseinandersetzungen tragen müssten. Menschen, die unter ihrem Namen oder als normale Autor_innen im Netz agierten seien die Deppen, auf die alle anderen unter Pseudonym mit der Keule von Aggression und Beleidigungen herumdreschen könnten. Misik unterlegt das ganze erst mit echten Kommentaren wohl aus dem SPON-Forum und dann mit trolligen, selbst formulierten Kommentaren zum eigenen Text. Er endet mit der Frage:
„Will ernsthaft jemand behaupten, dass wir heute eine reifere politische Debatte und Öffentlichkeit haben als vor zwanzig Jahren?“
Man solle ein Ja gut begründen. Hier ein Versuch: > Weiterlesen