DIGITALE LINKE
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Digitale Menschenprofile

Frank Rieger, Sprecher des Chaos Computer Clubs, beschreibt heute in der FAZ, wie Maschinen das Denken übernehmen: „Der Mensch wird zum Datensatz“. Seiner Analyse nach ist zu erwarten, dass bislang noch getrennt geführte Datenquellen – auf verschiedenen Computern, bei Behörden, bei Firmen – zur Erstellung digitaler Menschenprofile zusammengeführt werden.

Er prognostiziert das Schwinden menschlichen Ermessensspielraumes zugunsten algorithmisch generierter Handlungsanweisungen, indem die Software von Unternehmen und Behörden deren Bedienstete zu Vollstreckern automatisierter Verfahren macht. Nicht nur um uns zum Kauf aller möglicher Waren zu verleiten, sondern auch um uns effizient zu verwalten. Künftig blieben infolge der ubiquitären Digitalisierung auch kleine und größere Übertretungen von moralischen und rechtlichen Normen nicht mehr im Verborgenen. Zudem drohe allgegenwärtige Kontrolle auf Basis algorithmisch prognostizierter Verhaltensprofile.

Ebenso interessant wie Riegers Forderung nach einer gesellschaftlichen Debatte um das Recht des Menschen auf seine Daten ist seine Antwort auf die Frage: Was tun?

„Es bedarf konkreter Gegenwehr. Die Algorithmen müssen auf Datendünger-Diät gesetzt und vergiftet werden. Im Privaten hilft digitale Selbstverteidigung. Wir sollten alle davon ausgehen, dass jedweder Datensatz, den wir irgendwo angeben, gegen uns verwendet wird. Sei es im Rahmen einer unerwünschten Profilerstellung, sei es, wenn er beim nächsten Datenskandal „verlorengeht“. Es gibt keinen guten Grund, außer in sehr eng begrenzten Fällen, überhaupt korrekte Daten anzugeben.

Noch wichtiger ist ein nachdrückliches Eingreifen des Gesetzgebers. Dem Erstellen massenweiser Lebensprofile aus Vorratsdatenspeicherung und privaten Dateien durch Behörden wird hoffentlich das Verfassungsgericht einen Riegel vorschieben. Es ist jedoch erforderlich, dass auch Unternehmen bestimmte Arten der Persönlichkeitsprofilierung untersagt werden. Um eine neue Datenschutz-Balance wirksam zu erzwingen, ist die Einführung einer aktiven, regelmäßigen Mitteilungspflicht von Behörden und Unternehmen über die gespeicherten Daten an jeden einzelnen Betroffenen notwendig. Wir nennen es den Datenbrief. Dabei müssen nicht nur die Rohdaten mitgeteilt werden, sondern auch alle abgeleiteten Informationen, eben die extrahierten Merkmale und Profile, inklusive der Möglichkeit, sofort die Löschung zu verlangen. Zudem bedarf es der persönlichen Haftung der Geschäftsführung für Datenverbrechen, sowohl bei illegaler Weitergabe und Verarbeitung als auch bei Sicherheitsschwankungen.“

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