Kopien aus Schulbüchern werden immer teurer. Wenn Lehrerinnen und Lehrer in der Schulklasse Arbeitsblätter verwenden, die sie aus Unterrichtsmaterialien kommerzieller Verlage herauskopiert haben, müssen sie dafür blechen. Während sie die Kopien selbst oft genug aus der eigenen Tasche zahlen, werden die Lizenzgebühren, die dafür fällig werden, von den Bundesländern pauschal bezahlt. Im Jahr 2007 fielen dafür Kosten von 4,5 Millionen Euro an. 2014 werden es bereits 9 Millionen sein.
Dafür gibt es einen einfachen Grund: Die Bundesregierung hat Anfang 2008 das Urheberrecht reformiert und dabei das Kopieren aus Schulbüchern verboten. Seitdem brauchen die Kultusminister, die ohnehin schon regelmäßig Kopierabgaben zahlen, eine Extra-Genehmigung der Verlage. Da man im Rahmen eines zeitgemäßen Unterrichts auf Kopien aus Unterrichtsmaterialien nicht verzichten kann, sind die Bundesländer erpressbar. Sie müssen zahlen, was immer die Verlage verlangen.
Kommt das Geld wenigstens bei den Urhebern an? Denn immerhin handelt es sich um eine Urheberrechtsvergütung, die eigentlich den Autorinnen und Autoren zusteht. Eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion zeigt nun, dass wohl auch dies nicht der Fall ist. Das Geld nimmt einen Umweg über Verwertungsgesellschaften und fließt von dort direkt in die Taschen der Verlage. Diese beteuern zwar, sie würden den Autoren einen Anteil weiterleiten. Dass sie das aber tatsächlich tun, glaubt die Bundesregierung offenbar selbst nicht, wie aus dem Schreiben hervorgeht: Die Verteilungspraxis soll jetzt von der Aufsichtsbehörde kontrolliert werden.
Rosi Hein, Petra Sitte und Halina Wawzyniak, die in der Fraktion für Bildung, Forschung und Netzpolitik zuständig sind, haben die in der Antwort der Bundesregierung enthaltenen Infos in einem Factsheet aufbereitet, das seit heute auch auf den Homepages der drei Abgeordneten heruntergeladen werden kann. Sie verknüpfen damit drei Kernforderungen:
– Im Rahmen der geplanten Urheberrechtsreform des Dritten Korbs muss das Verbot des Kopierens aus Schulbüchern aufgehoben werden. Kopien aus Unterrichtsmaterialien können in einem realistischen Umfang im Rahmen der üblichen, von den Bundesländern und privaten Anbietern ohnehin entrichteten Kopierabgabe (Betreiberabgabe) vergütet werden.
– Die Verteilungspläne der Verwertungsgesellschaften sind durch die Aufsicht des Deutschen Patent und Markenamts ausdrücklich einer Kontrolle der Erfüllung des Angemessenheitsgebots zu unterwerfen. Die derzeitige Überprüfung der Willkürfreiheit bei der Verteilung der Einnahmen reicht nicht aus, um eine unangemessene Benachteiligung der Urheber zugunsten der Verlage auszuschließen.
– Die Erstellung frei lizenzierter Unterrichtsmaterialien, deren Vervielfältigung zu Unterrichtszwecken vergütungsfrei möglich ist, sollte vom Bund finanziell und strukturell gefördert und unterstützt werden. Die Bundesländer sollten ermutigt werden, die Möglichkeit eines Einsatzes solcher Materialien im Schulunterricht bei der Gestaltung der Lehrpläne stärker zu berücksichtigen.