Das Zugangserschwerungsgesetz (ZugErschwG), das am 18. Juni 2009 vom Deutschen Bundestag im Rahmen des Mantelgesetzes „Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen“ beschlossen wurde, wird morgen im Bundestag in Form der ersten Lesung der von den Oppositionsfraktionen eingebrachten Aufhebungsgesetzentwürfe behandelt (TOP 10, vorgesehene Uhrzeit: 16.25–17.00 16.15-16.50 Uhr). Zur Debatte stehen folgende Gesetzentwürfe:
– SPD: Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen (Drucksache 17/776);
– DIE LINKE: Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung von Zugangsbeschränkungen in Kommunikationsnetzen (Drucksache 17/646);
– BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Gesetzes zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen und Änderung weiterer Gesetze (Drucksache 17/772).
Die SPD hat heute ihren Gesetzentwurf vorgelegt. Er sieht eine einfache Aufhebung des am 17. Februar 2010 im Bundesgesetzblatt verkündeten ZugErschwG in Form der Aufhebung des Mantelgesetzes vor. Eine explizite Regelung zur Aufhebung der zwischen dem Bundeskriminalamt (BKA) und den Providern geschlossenen Verträgen ist nicht vorgesehen. Doch wird die Bundesregierung im Allgemeinen Teil aufgefordert klarzustellen, dass die Verträge „mangels gesetzlicher Grundlage rechtswidrig“ seien.
DIE LINKE fordert in ihrem Gesetzentwurf ebenfalls die Aufhebung des ZugErschwG, verbindet dies zugleich mit einer Änderung des Telemediengesetzes (TMG). Demzufolge wären technische Maßnahmen, die darauf abzielen, den Zugang zu Internetangeboten systematisch oder anlassunabhängig zu erschweren oder zu unterbinden, unzulässig. Systematisch oder anlassunabhängig bezeichnen dabei Maßnahmen jenseits von nach Art. 7 Abs. 2 S. 2 TMG immer schon durch einen Richter anzuordnenden Verfügungen nach den allgemeinen Gesetzen. Die zwischen dem BKA und den Providern geschlossenen Verträge wären somit rechtswidrig.
Die Grünen haben – wie zu erwarten (siehe unseren Bericht) – ihren ursprünglichen Gesetzentwurf zurückgezogen. Dieser sah lediglich die Aufhebung des ZugErschwG im jenem Falle vor, dass der Bundespräsident nicht unterschreibt, und war nach dessen Unterschrift nicht mehr relevant. Ein heute neu vorgelegter Gesetzentwurf sieht jetzt eine Aufhebung des am 17. Februar 2010 im Bundesgesetzblatt verkündeten ZugErschwG über eine Aufhebung von einzelnen Artikeln des Mantelgesetzes vor. Eine Regelung zur Aufhebung der zwischen dem BKA und den Providern geschlossenen Verträgen ist nicht vorgesehen.
Zur Position der Regierungsfraktionen: CDU/CSU verweigern sich jeglichem Aufhebungsgesetz. In einer am Montag verbreiteten Pressemitteilung zweier Unionsabgeordneter hieß es:
„Die Absicht der Oppositionsfraktionen, das Zugangserschwerungsgesetz ersatzlos aufzuheben, ist unverantwortlich, da damit der Schutz der Kinder vor Missbrauch dem freien Zugangsrecht weiterhin untergeordnet wäre.“
Damit fallen CDU/CSU auf den Stand von Juni 2009 – also die heiße Phase von Zensursula – zurück. Für die jüngeren Netzpolitiker in der Union (siehe z.B. Junge Union Bayern) ist das eine deftige Niederlage.
Die FDP ergibt sich der Koalitionsdisziplin. Deren Parlamentarischer Staatssekretär im Justizministerium Max Stadler hatte ebenfalls am Montag, in der Sitzung des Petitonsausschuss zum Thema Internetsperren, mitgeteilt, dass die FDP-Fraktion den Weg einer Aussetzung des ZugErschwG über eine Dienstanweisung an das BKA (wir berichteten) für rechtskonform halte.
[…] des Zugangserschwerungsgesetz von DIE LINKE, GRÜNEN und SPD (TOP 3a–c) – näheres dazu hier – sowie dem GRÜNEN-Antrag „Keine Vorratsdatenspeicherungen über den Umweg Europa“ (TOP 4) […]
[…] Grundlage bilden die von den Oppositionsfraktionen DIE LINKE, GRÜNE und SPD vorgelegten Gesetzentwürfe zur Aufhebung des […]