DIGITALE LINKE
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Bericht: Unterirdisches Demokratieverständnis der Koalition in der Internet-Enquête

Nachdem die abschließenden Beratungen der Enquêtekommission „Internet und Digitale Gesellschaft“ auf Antrag der Koalition bereits am vorvergangenen Montag um eine Woche verschoben worden waren, standen gestern die Abstimmungen zu Urheberrecht, Netzneutralität und Datenschutz auf der Tagesordnung.

Beim Urheberrecht konnten dank einzelner Sachverständiger aus den Reihen von CDU/CSU und FDP überraschenderweise einige progressive Handlungsempfehlungen der Oppositionsfraktionen angenommen worden. Dazu Petra Sitte, forschungspolitische Sprecherin der Fraktion und Mitglied der Enquête-Kommission: „Ich freue mich, dass sich DIE LINKE sich mit einigen Forderungen für eine progressive Neuregelung des Urheberrechts durchsetzen konnte. Dazu gehören unter anderem die Stärkung des Anspruchs auf angemessene Vergütung von UrheberInnen gegenüber Verwertern und die Entkriminalisierung von Remixes und Mash-Ups, also die kreative Bearbeitung vorhandener Musik, Texte, Bildern und Videos. Auch die Möglichkeit des Weiterverkaufs digitalisierter Inhalte  – etwa von MP3s ohne Datenträger oder Software-Downloads – wurde auf unseren Antrag hin mehrheitlich gegen den Willen der Koalition beschlossen. Mit diesen wichtigen Handlungsempfehlungen kann ein Beitrag geleistet werden, das geltende Urheberrecht an das digitale Zeitalter anzupassen.“

Schon während der Beratung zum Urheberrecht stieg die Nervosität der Koalitionsabgeordneten spürbar an. Nach einer kurzen Pause beantragten sie eine halbstündige Mittagspause, angeblich, um Essen zu gehen. Tatsächlich aber zogen sie sich mit ihren Sachverständigen zur Beratung zurück, um weitere drohende Abstimmungsniederlagen insbesondere im Bereich Netzneutralität abzuwenden. Hier hatte der von der FDP bestellte Sachverständige padeluun bereits mehrfach öffentlich angekündigt, mit der Opposition für eine gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität eintreten zu wollen. Dieser Forderung hat die Fraktion DIE LINKE bereits im parlamentarischen Verfahren durch einen Antrag Ausdruck verliehen.

Nach der Mittagspause beantragten die Koalitionsfraktionen und ihre Sachverständigen dann unvermittelt die erneute Verschiebung der Abstimmung zu Netzneutralität und Datenschutz auf nach der Sommerpause. Die netzpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Halina Wawzyniak, erklärte dazu: „Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP haben heute den weiteren Verlauf der Sitzung platzen lassen. Sie haben die vor Monaten auf ihren Wunsch hin einmütig beschlossene Arbeitsweise plötzlich in Frage gestellt und damit die Enquête-Kommission insgesamt zur Farce werden lassen. Die mit der Koalitionsmehrheit beschlossene Verschiebung der Beratungen auf nach der Sommerpause ist ein billiger Trick, um das laufende Gesetzgebungsverfahren etwa beim Telekommunikationsgesetz nicht zu beeinflussen. Die Koalition beweist damit ein unterirdisches Demokratieverständnis.“

Als Folge der nicht abgeschlossenen Beratungen wird nun die Einsetzung weiterer Projektgruppen erneut verzögert. Lediglich die Gruppe zum Thema „Wirtschaft, Arbeit, Green IT“ unter Vorsitz der von der Fraktion DIE LINKE benannten Sachverständigen Annette Mühlberg konnte sich gestern konstituieren. Ob die Enquête-Kommission ihre Arbeit wie vorgesehen in einem Jahr abschließen kann, ist dank der Verzögerungstaktik der Koalition fraglich.

(Dieser Artikel ist heute auch auf linksfraktion.de erschienen)

Auch zur vergangenen Sitzung der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ am 27. Juni 2011 gibt es einen Bericht auf linksfraktion.de

2 Kommentare zu “Bericht: Unterirdisches Demokratieverständnis der Koalition in der Internet-Enquête”

  1. Oliver sagt:

    Da sollte mal dringend der Verfassungsschutz tätig werden. 🙂

  2. […] Unterirdisches Demokratieverständnis der Koalition (Blog – Digitale Linke) […]