DIGITALE LINKE
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Copy&Paste?

Im Nachklang der Guttigate-Affäre legte die grüne Bundestagsfraktion einen Antrag “ Wissenschaftliche Redlichkeit und die Qualitätssicherung bei Promotionen stärken“ (Drs. 17/5195) vor. Darin überraschen weniger die Forderungen zur Promotion als vielmehr die etwas eigenartige Auffassung von wissenschaftlicher Arbeit und der Rolle des Internets dabei.

Der Begriff vom „geistigen Eigentum“ wird hier ungeachtet aller Debatten um Open Access völlig unkritisch verwendet. Es fehle, so der Antragstext, einem Teil der Bevölkerung wohl der Respekt davor: 

Wissenschaftlicher Betrug und Diebstahl geistigen Eigentums sind keine Petitessen. Dieser Grundsatz muss auch und gerade dann gelten, wenn das Bewusstsein in Teilen der Öffentlichkeit für die Bedeutung wissenschaftlicher Redlichkeit und den Schutz geistigen Eigentums teilweise unterentwickelt ist.

Schuld daran ist, natürlich, vor allem das Internet:

Es sei auch durch die Digitalisierung einer Vielzahl von Veröffentlichungen erheblich einfacher geworden, mittels „Copy and Paste“ Plagiate zu erstellen und Texte Dritter als eigene wissenschaftliche Leistung auszugeben. Im Zuge der Verbreitung des Internets und der Zugänglichkeit einer Vielzahl von Quellen in elektronischer Form hat sich die „Copy and Paste“-Technik in den vergangenen Jahren in zahlreichen Lebens- und Arbeitsbereichen verbreitet.

In den Forderungen soll denn auch der Bekämpfung der Copy&Paste-Technik besonderes Augenmerk geschenkt werden.

Die Ausdrucksweise und der zu lesende leicht kulturpessimistische Einschlag verwundert bei den sonst netzaffinen Kolleginnen und Kollegen.  Und er geht auch einigermaßen fehl in der Einschätzung der Lehren aus der Guttenberg-Affäre. Petra Sitte brachte es in ihrer Rede zum Antrag auf den Punkt:

Wenn in einer wissenschaftlichen Arbeit Texte von anderen Autorinnen und Autoren im Rahmen zitiert werden, dann ist das eine essenzielle, durch das Zitatrecht gesicherte wissenschaftliche Praxis. Niemandem wird damit etwas weg genommen. Im Gegenteil: die Zitation erhöht die wissenschaftliche Reputation des Zitierten. Dass die Quelle genannt werden muss, ist eine Frage der Redlichkeit und der Kennzeichnung der eigenen Leistung, nicht jedoch des Eigentums. Die Grünen sprechen jedoch in ihrem Antrag mehrfach von Diebstahl. Ich kann für meine Fraktion dazu nur sagen: wir setzen uns intensiv für eine stärkere Betonung von Wissen als Gemeingut, für eine stärkere Offenheit der Wissenschaft im Sinne von Open Access und auch für deren öffentliche Finanzierung ein. Dinge, die offensiv geteilt werden, kann man auch nicht stehlen.

Und sie weist auch auf die Unterstellungen in der Presse hin, die in eine ganz ähnliche Richtung gingen:

Neulich war in einer Zeitung zu lesen, der Guttenberg-Eklat sei auch Folge dieser grassierenden „Creative-Commons-Remix-Mentalität“. Hier ist es notwendig, die verschiedenen Sphären klar und deutlich zu trennen und Mythen zurückzuweisen. Ein Remix, ein Cover, eine Zitation in der Kunst setzt auf das Wiedererkennen durch den Leserinnen und Leser, durch Zuhörerinnen und Zuhörer. Häufig liegt ein Kunsterlebnis gerade darin, die zitierten Textteile oder Melodiestücke zuordnen zu können. Kunst darf mystifizieren und andeuten. Wissenschaft darf das nicht. Hier gelten Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Forschungsergebnisse als oberste Maximen. Zitieren ist eine Grundtechik der Wissenschaft – inklusive aller Quellenangaben. Das Internet kann nichts dafür, wenn jemand sich an diese Regel guter wissenschaftlicher Praxis nicht hält. Es hat aber zugleich ermöglicht, Plagiate schnell aufzufinden – viel schneller, als das noch vor zwanzig Jahren möglich war. Auch die schnelle Durchleuchtung der Guttenbergschen Dissertation wäre ohne das Internet nicht möglich gewesen.

Auch dieser Beitrag ist übrigens vor allem durch Copy&Paste-Technik entstanden.  Also nichts für ungut.

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