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Experten: Leistungsschutzrecht wieder abschaffen

Am Mittwoch, 4. März 2015, 11.30 Uhr, findet im Rechtsausschuss des Bundestages die öffentliche Anhörung zur Aufhebung des Leistungsschutzrechts für Presseerzeugnisse statt. Ein entsprechender Gesetzentwurf (BT-Drs. 18/3269) wurde von Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE gemeinsam eingebracht. Bislang liegen zwei Stellungnahmen der insgesamt sieben eingeladenen Sachverständigen vor.

Gerald Spindler, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Rechtsvergleichung, Multimedia- und Telekommunikationsrecht an der Universität Göttingen, legt dar (pdf), dass sich an den bereits im Gesetzgebungsverfahren vorgebrachten Argumenten nichts geändert habe. Sein Fazit aus den ersten Erfahrungen mit dem am 1. August 2013 in Kraft getretenen Gesetz ist gleichwohl vernichtend: „Weder wurden die in das Recht gesetzten Hoffnungen selbst von ihren Verfechtern erfüllt noch konnten bislang die vom Gesetz aufgeworfenen Fragen hinreichend gelöst werden.“

Das Gesetz habe nicht zu einer Beeinträchtigung markmächtiger Unternehmen wie Google geführt, sondern zu einer Benachteiligung eher kleiner und mittlerer Betreiber von Suchmaschinen und News-Aggregatoren, schreibt Spindler. Nachdem Google es ablehnte, die von der VG Media verlangten Lizenzen und den entsprechenden Tarif zu akzeptieren, waren die Verleger gezwungen, dem Konzern „Gratiseinwilligungen“ zuzugestehen. Andernfalls hätten ihnen erhebliche Traffic-Einbußen gedroht, da Google angekündigt hatte, deren Artikel nur noch eingeschränkt in der Suchmaschine und dem Dienst Google News anzuzeigen. Zugleich wurde die Tarifforderung der VG Media gegen marktschwächere Suchmaschinenbetreiber aufrechterhalten. Spindler plädiert aufgrund dieser Erfahrungen, aber auch weiteren massiven Rechtsunsicherheiten, die in der Diskussion zum Leistungsschutzrecht schon früh benannt wurden, für eine Wiederabschaffung des Leistungsschutzrechts.

In die gleiche Kerbe schlägt Rechtsanwalt Thomas Stadler (pdf). Nach Inkrafttreten des Gesetzes habe die VG Media ihre Tarifforderung gegenüber Google nicht durchsetzen können. Ein Verfahren der Verwertungsgesellschaft vor dem Bundeskartellamt sei gescheitert, da eine kartellrechtliche Verpflichtung zum Erwerb von Leistungsschutzrechten nicht besteht. Stadler verweist zudem darauf, dass die Entgeltforderung der VG Media nicht als rechtmäßig zu qualifizieren sei. Diese hatte die Größe von vergütungspflichtigen Textausschnitten kurzerhand derart definiert, wie sie zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Tarifs verkehrsüblich in den Ergebnislisten von Suchmaschinen und News-Aggregatoren angezeigt werden.

Diese Gesetzesauslegung ist, wie Stadler zu Recht festhält, mit dem Wortlaut und dem Sinn des Gesetzes nicht vereinbar. Zugleich beklagt er, dass die VG Media derzeit nur gegen kleinere Anbieter vorgeht. Sein Fazit lautet: „Das Leistungsschutzrecht schadet nicht Google, sondern vor allem kleineren Anbietern von Such- und News-Diensten. Verlage und Autoren profitieren von der Regelung nicht. Die ersatzlose Streichung stellt daher die einzige sachgerechte Lösung dar.“

Die seit dem Inkrafttreten des Gesetzes bestehenden und in den Stellungnahmen geschilderten Erfahrungen bestätigen demnach eine Entwicklung, die an dieser Stelle schon früh als das Leistungsschutzrecht des Stärkeren beschrieben wurden. Ein Grund mehr, es wieder abzuschaffen.

Ein Kommentar zu “Experten: Leistungsschutzrecht wieder abschaffen”

  1. Oliver sagt:

    Hätte uns doch bloß jemand vorher gewarnt!