Auf der Fraktionssitzung am heutigen Dienstag wurde Halina Wawzyniak zur netzpolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Deutschen Bundestag gewählt. Mit der Schaffung dieser Sprecherinnenfunktion hat DIE LINKE einen weiteren Schritt auf dem Weg hin zu einer fortschrittlichen Netzpolitik getan, da nunmehr mit der personellen Besetzung dieses Themenfeldes eine klare Verantwortlichkeit beschlossen wurde. Die Auseinandersetzungen der letzten Jahre etwa um Internetsperren, Vorratsdatenspeicherung, Netzneutralität oder den Datenschutz zeigen, dass die Netzpolitik ein politisches Querschnittsthema ist und alle Bereiche der Gesellschaft berührt. Das Internet ist aus Arbeit, Freizeit, Bildung und Wirtschaft aber auch Umwelt und Kultur nicht mehr wegzudenken.
Mit Halina, der Abgeordneten Petra Sitte und den beiden Sachverständigen, Constanze Kurz und Annette Mühlberg, hat die LINKE in der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestages bereits ihr netzpolitisches Profil schärfen können. Auch in der Programmdebatte der LINKEN hat sich Halina gemeinsam mit Petra Sitte, Bodo Ramelow (Fraktionsvorsitzender der LINKEN in Thüringen) und anderen zu den drängenden Fragen einer digitalisierten Gesellschaft wie der Sicherung der Netzneutralität und der Neuformulierung eines modernen Urheberrechts zu Wort gemeldet.
Zum Weiterlesen:
„It’s the internet, stupid“ – Programmbeitrag von Halina Wawzyniak, Petra Sitte, Bodo Ramelow und anderen
„Neustart erforderlich“ – Programmbeitrag von Halina Wawzyniak
Lieber Sebastian Koch,
eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, zumal das weitere Schicksal dieses
Beitrags bekannt ist und auch die Suche nach dem Wort „Internet“ über die
Protokolle der acht Foren des Programmkonvents [1] 0 (in Worten: null) Treffer
liefert – immerhin aber stehen die Sachen im Netz, so dass sich eine kritische
Öffentlichkeit authentisch informieren kann.
Falls es also jetzt doch langsam einigen Damen und Herren auch in den
Führungsetagen dieser Partei ernst sein sollte mit einer Annäherung an das
kontroverse Thema „Internet“, so wäre zunächst eine unvoreingenommene
Bestandsaufnahme zu empfehlen, um nicht mehr als nötig in die gewetzten Messer
(Das Interview [2] mit Klaus Ernst, ND 21.12.2010, spricht Bände) zu laufen.
Und da wären aus meiner Sicht zu nennen:
(1) Edellinke Zitierkartelle – alte (Luxemburg) wie neue (Prager Frühling) –
haben nach der Vereinigung von WASG und PDS zur LINKEN die parteinahe
Medienlandschaft neu geordnet und voll unter die eigene Kontrolle gebracht.
Die vagen Ansätze in Richtung Blochscher „konkreter Utopien“ – zu denen das
Internet und seine neuen Praxen zweifellos gehören – sind dabei mit dem Ende
von „Utopie kreativ“ zugunsten eines Schwimmens im linken Mainstraam
weitgehend begraben worden. Einzig aus dem „Rat der Alten“ kam leiser Protest,
siehe Christa Lufts kritische Worte in |3] – die einzig kritischen überhaupt
in jenem Sonderheft.
(2) Linke Aktivisten haben die neuen Medien entdeckt (Blogs und Newsletter)
und nutzen sie, um die eigenen Ideen und Positionen „unters Volk“, auch unters
Internet-Volk zu bringen. Meist unidirektionale Kanäle, nicht affirmative
Beiträge werden kurz abgebürstet oder man schweigt gänzlich – ein inzwischen
auch „höchstricherlich“ sanktioniertes Vorgehen, wie die sächsische LSK [4]
(auch wenn Herr Ernst [2] wettert – danke für die klare Positionsbestimmung in
den Begründungen der genannten Entscheidungen, insbesondere zu Verfahren (7))
als sachgerecht und in Übereinstimmung mit den programmatischen Grundsätzen
dieser Partei befunden hat.
(3) Mit LIMA läuft ein Projekt mit großer Resonanz, um „Parteikader“ unter
Leitung von „Parteisoldat Nitz“ (O-Ton in Leipzig am 1.4.2009 [5]) für den
agitativen Gebrauch der neuen Medien fit zu machen; ähnlich der Tenor in
verschiedenen Gruppen auf http://linksaktiv.de. Auch hier primäre Nutzung als
unidirektionales Medium unter dem alten Avantgarde-Slogan „Linke (also unsere)
Positionen mehrheitsfähig machen“, in guter Tradition weit älterer Wurzeln
eines Elitedenkens, deren Bloßlegung etwa in der Leipziger Aufführung der
„Zauberflöte“ – Marx als Gehilfe Sarrastros – zu einigem Eklat führte.
(4) Es gibt eine Reihe spannender Projekte der Politikanalyse wie
http://nachdenkenseiten.de, auch innerparteilicher
Analyse wie http://www.scharf-links.de, die aber mit Blick auf die
Unabhängigkeit der Argumentation eher kritisch beäugt werden.
(5) Am Rand der Landschaft der Parteimedien gibt es schließlich erste eigene
Aktivitäten wie http://linksaktiv.de oder diesen Blog hier, mit denen der
Versuch gestartet wird, die neuen medialen Möglichkeiten auch dialogisch
konsequenter aufzunehmen.
Es mag gute Gründe für eine Partei wie die LINKE und deren Führung geben, die
Kampagnenfähigkeit („’nossen, zurück zur Sacharbeit“) gegenüber einer Denk-
und Diskursfähigkeit zu betonen, gerade auch in einer Zeit des
Zusammenwachsens, obwohl die mit neuen Tönen aus dem Saarland
(„parteischädigendes Verhalten“) weiter vestärkte Linie der Ausgrenzung anders
Denkender („Reisende soll man nicht aufhalten“) virulente Erinnerungen im
Wendeossi (Harry Tisch: „Wir weinen ihnen keine Träne nach“) wachrufen. Die
neue Beteiligungs-Kultur im Internet geht so definitiv nicht und sie hält
probate Mittel gegen jede Form derartiger Zensur hoch: „Zensur wird als
Störfall betrachtet und umgangen“ – das Netz ist groß genug, um sich an einem
anderen Platz zu treffen, dann gern auch ohne die LINKE. Die Marginalisierung
einst mächtiger kommunistischer Parteien in fast ganz Westeuropa zeigt, wo
eine solche Reise hingeht.
Links:
[1] http://die-linke.de/programm/programmkonvent/foren_impulsreferate_und_protokolle
[2] http://www.neues-deutschland.de/artikel/186900.einige-nehmen-sich-zu-wichtig.html
[3] Christa Luft: Das Kuratorium – unabhängig und gemischt. Rosalux, Sonderausgabe 2010, S. 11,
http://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/RosaLux/RosaLux_SO_20Jahre-RLS.pdf,
Leider nicht als Separatum online
[4] Schieds- und Schlichtungsverfahren mit Beteiligten aus dem Leipziger Stadtverband
http://www.leipzig-netz.de/index.php5/WAK.AG-Diskurs.Schiedsverfahren
[5] Schein und Sein – DIE LINKE und die Medien. Sozialistische Politik in einer neoliberalen Medienwelt – Verständnis und Zugangsmöglichkeiten. Mit Christoph Nitz, Berlin
http://www.leipzig-netz.de/index.php5/WAK.2009-04-01
Willkürliche Sperrungen bei Linksaktiv, Moderator Wostok agiert eigenmächtig und ohne Begründungen.
Gesperrter User: COLO, weil er sich über den Moderator beschwerte.