DIGITALE LINKE
— Politik in der digitalen Welt! —
 

Konferenz „Kreatives Schaffen“: Doku zum Panel Ökonomie/Jura/Politik

Am 7. Mai 2012 fand in Berlin die Konferenz „Kreatives Schaffen in der digitalen Welt“ statt, veranstaltet von der GUE/NGL, der LINKEN Bundestagsfraktion, dem Chaos Computer Club, der AG DOK und der Digitalen Gesellschaft. Kern der Konferenz war die Auseinandersetzung mit vier Modellen für die Vergütung kreativer Arbeit: der Tauschlizenz, der Kulturwertmark, des AG-DOK-Modells sowie der Europäischen Contentflatrate. Wir dokumentieren hier die Paneldiskussion zu den ökonomischen, juristischen und politische Aspekten der vorgestellten Modelle.

Luc Jochimsen, MdB, Kulturpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE

… spricht sich für ein Pilotprojekt zu einem Pauschalvergütungs-Modell aus. Dann würde deutlich, ob die Nutzer tatsächlich bereit sind, fünf Euro oder mehr im Monat für eine Variante der Kulturflatrate zu bezahlen. Das Modell der Europäischen Content-Flatrate erscheine ihr allerdings vor dem Hintergrund der rechtlichen Bewertung sinnlos. Es erlaube schließlich nur den privaten Tausch von Inhalten, der auch heute schon erlaubt sei.

Das von der AG DOK vorgestellte Modell der Haushaltsabgabe seiein hochinteressanter Hebel, Künstlern neue Möglichkeiten innerhalb des öffentlich-rechtlichen Systems zu geben und damit das System zu reformieren.“ Dieses sei von seinem öffentlichen Auftrag, neben der Unterhaltung auch Bildung und Information als Grundversorgung zu bieten, immer mehr abgekommen. Über einen Diskurs zwischen Urhebern, Nutzern und Verwertern könne man möglicherweise eine längst überfällige Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems durchsetzen.

Für die Modelle Tauschlizenz und Kulturwertmark ist Jochimsen zufolge derzeit die nötige politische Großwetterlage nicht gegeben.

Um zu verhindern, dass sich ganze Generationen vom Rechtsstaat abwendeten, müsse dringend der Kriminalisierung von Nutzern durch Massenabmahnungen Einhalt geboten werden. Die Decklung der Gebühren sei hierfür der richtige Weg. Falsch wäre es aus Sicht Jochimsens hingegen zu glauben, man brauche zukünftig keine Verwerter mehr. Allerdings müssten die Verwertungsgesellschaften reformiert und den Nutzern bei der Verteilung der Gelder Mitspracherechte eingeräumt werden.

 

Marcel Weiß, neunetz.com, Ökonom und Journalist

… sieht großen Bedarf für eine grundlegende Urheberrechtsreform. Die gesellschaftliche Konsequenz des heutigen Urheberrechts sei, dass ganze Generationen im Bewusstsein heranwüchsen, gegen das Gesetz zu verstoßen. „Wir brauchen ein Urheberrecht, mit dem ein Zehnjähriger in seinem Alltag nie in Berührung kommt“, forderte Weiß.

Für ein neues Pauschalvergütungssystem gebe es hingegen aus ökonomischer Sicht keinen Bedarf, so Weiß. Er bezweifle auch die behaupteten Umsatzeinbrüche der Kulturindustrie. In den USA seien der Umsatz und die Zahl der Arbeitsplätze in der Entertainment-Industrie in den vergangenen zehn Jahren vielmehr gestiegen. Die vorgestellten Pauschalvergütungsmodelle hätten jedoch allesamt ein ökonomisches Anreizproblem. Wenn ein fester Kuchen an Einnahmen aus Pauschalvergütungssystemen unter den Urhebern verteilt werde, gebe es stets einen Anreiz, andere Urheber von diesen Einnahmen auszuschließen.

Am sympathischsten ist Weiß das Modell Haushaltsabgabe (AG-DOK) . Allerdings solle man die Verteilung der Einnahmen nicht einem neuen Gremium überlassen, sondern zum Beispiel die Nutzer plattformbasiert über förderungswürdige Projekte abstimmen lassen. „Hier lässt sich viel austesten“, so Weiß.

 

Dr. Till Kreutzer, iRights.info, Jurist und Journalist

… hält das Abmahn-Unwesen für ein Problem, das dringend gelöst werden muss, und weist darauf hin, dass hier – anders als in vielen anderen Bereichen des Urheberrechts – durchaus eine nationale Lösung denkbar sei. Sonst laufe der Politik im Generationenkonflikt die Zeit davon.

Im Hinblick auf die juristische Bewertung der vier Pauschalvergütungssysteme gelte, dass juristisch stets machbar sei, was auch politisch machbar sei. Recht sei veränderbar. Ob etwas juristisch ausgestaltbar sei oder nicht, hänge also von der politischen Lage ab.

Das Modell Haushaltsabgabe (AG-DOK)  habe allerdings mit dem Urheberrecht nichts zu tun, während die Europäische Content-Flatrate auch nach derzeitiger Rechtslage schon möglich sei. Denn das Teilen digitaler Inhalte mit einem begrenzten Freundeskreis, etwa über Online-Filehoster, sei ohnehin nicht verboten. Warum solle man dafür also zusätzlich zahlen? „Ich halte das Modell für Unsinn“, bekannte Kreutzer.

Hingegen laufe die Tauschlizenz auf eine Schrankenbestimmung hinaus, wofür man die EU-Infosoc-Richtlinie von 2001 ändern müsse, was nicht unmöglich, aber auch kein leichtes Unterfangen sei. Bei der Kulturwertmark seien hingegen die größten rechtlichen Änderungen notwendig. Internationale Verträge (WIPO, TRIPS, Berner Übereinkunft) schrieben eine Schutzfrist von mindestens 50 Jahren vor. Dieses Modell sei daher in absehbarer Zeit realistisch nicht zu verwirklichen.

In Kürze stellen wir hier einen Stream des Panels zur Verfügung.

Keine Kommentare mölich.