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MDR-Rundfunkrat reduziert Verweildauer des Intendanten

Welchen Grund gibt es, in einem Angebot für Drei- bis Sechsjährige die Verweildauer von Serien und Filmen auf sechs bzw. drei Monate zu reduzieren? Ist es nicht so, dass Kinder Bekanntes immer wieder sehen und somit auch neu erkennen wollen? Wachsen die Drei-, Vier-, Fünf- und Sechsjährigen nicht immer wieder „nach“? Wenn man die Mehrheitsentscheidung des Rundfunkrates auf das Fernsehen zurückübertragen würde, dann dürften Pitti Platsch, Fuchs und Elster, Löwenzahn und Sesamstraße schon lange nicht mehr gezeigt werden.

„Wenn man wirklich etwas für Kinder tun will, darf man die ins Netz gestellten Angebote nicht irgendwann willkürlich entfernen … Kinder lieben es, wen sich dinge wiederholen,“ so das Adolf-Grimme-Institut in einem dem Rundfunkrat vorgelegten Gutachten. „Bereits eine auf 24 Monate begrenzte Verweildauer widerspräche den pädagogischen Erfordernissen und erschiene im Prinzip ebenso willkürlich wie eine Frist von 12 Monaten.“ Man würde Kinder enttäuschen, wenn dies ngebote plötzlich nicht mehr wiederfinden könnten.

Doch dieses Gutachten,dass den Rundfunkräten erst am Tag der Entscheidung vorgelegt wurde, konnte diese nicht mehr überzeugen. Die Fristration darüber, dass der Intendant wie auch der KiKa-Geschäftsführer der zuständigen Arbeitsgruppe über Monate hinweg Antworten auf gestellte Fragen schuldig blieben war zu groß. Zudem wurde im Verfahren festgestellt, dass die für kikanichen und Kikaplus beantragten Verweildauern nicht mit denen von KIKA.de übereinstimmten.

Aufgrund fehlender Zuarbeiten und Antworten sowie nicht aufgelöster Widersprüche reduzierte man die Verweildauern auf kika.de-Niveau. Dabei hätte es noch eine andere Möglichkeit gegeben: Die beantragten Verweildauern zu genehmigen und das kika.de-Konzept zurückzuweisen.

Dies wäre eher im Interesse der Nutzer, der Kinder gewesen,. Diese Entscheidung wäre den Empfehlungen aller Gutachten auch am nähesten gekommen. Und: all die Vertreter der gesellschaftlich-relevanten Gruppen hätten auch die Hinweise ihrer Verbandsspitzen umgesetzt: Denn diese plädierten zumeist für unbeschränkte Verweildauern. So verwies die deutsche EKD darauf, dass für das Internet eine unbegrenzte Verweildauer „charakteristisch“ ist und die Deutsche Bischofskonferenz verweis darauf, dass langfristig wirkende Angebote auch lange vorgehalten werde sollen. Die EKD meint, dass das Internet als „wertsetzendes Gedächtnis der Informationsgesellschaft“ eine langfristige Verfügbarkeit erfordert.

All diese Argumente konnten ihre Wirkung nicht entfalten. Viele wollten ihre Unabhängigkeit vom Intendanten beweisen. Doch anstatt über die von ihm willkürlich festgesetzten Verweildauern hinauszugehen, reduzierten sie diese – und kamen so den Forderungen vom VPRT und SuperRTL nicht nur entgegen, sondern setzten diese auch annähernd um. (So hatte SuperRTL gefordert, die Finanzen streng zu begrenzen, die Vereildauer auf maximal zwei Monate zu begrenzen sowie bei Spielen einen strengen Sendungsbezug umzusetzen.) Nun, wäre der MDR eine Aktiengesellschaft und der MDR-Rundfunkrat der Aufsichtsrat, so hätte der Aufsichtsrat in diesem Falle konzernschädigend gehandelt.

Ob es keine Klagen gegen die MDR-Entscheidungen geben wird, wird sich zeigen. Versprechen kann dies nur ein Anwalt der Gegenseite. Angesichts der vorgelegten Gutachten wäre eine Klage gegen das Verweildauerkonzept wohl nicht erfolgreich gewesen.

Allerdings wird die gestrige Entscheidung des MDR-Rundfunkrates noch Folgen für ARD und ZDF haben. In welchem Fall will man denn mit welcher Begründung über die jetzt genehmigten Verweildauern hinausgehen? Welche Gründe kann es geben, Erwachsenen etwas länger anzubieten als Kindern – für die längere Verweildauern aus medienpädagogischen Gründen sinnvoll wären?

Schon aus diesem Grund wird wohl keiner die MDR-Entscheidung angreifen – sondern sie immer wieder heranzuziehen, um andere öffentlich-rechtliche Online-Angebote anzugreifen und zurechtzustutzen. Die gestrige Entscheidung des MDR-Rundfunkrates wird vielen anderen Sendern noch schwer im Magen liegen. Diese Entscheidung wird auf ARD und ZDF bei weiteren Verfahren noch schwer zurückschlagen.

Sicher, man wird die Verweildauern verlängern können. Später. Falls Evaluierungen dies empfehlen. Doch dazu ist dann ein neuer Drei-Stufen-Test nötig. Wieder sind marktliche Gutachten in Auftrag zu geben. Wieder werden Stellungnahmen eingeholt. Wieder wird dem Programm Geld entzogen.

Man hätte es auch einfacher haben können: wenn man nicht sein medienpolitisches bzw. senderinternes Süppchen gekocht hätte, sondern die Interessen der Kinder berücksichtigt hätte. Doch wie so oft: Es ist egal, ob die Gebührenzahler nach dem öffentlich-rechtlichen Spiel im Publikum Platz nehmen. Zahlen müssen sie so oder so.

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