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Neumanns Urheberrechtsfundamentalismus

Kulturstaatsminister Bernd Neumann hat sich auf der CDU-Media-Night am Dienstag in Berlin erneut für die Überwachung des Internetverkehrs ausgesprochen und Verwarnungen im Falle von Urheberrechtsverletzungen im Netz gefordert. Im Wiederholungsfalle müssten solche Handlungen mit einer ernstzunehmenden Reaktion geahndet werden. Laut Redemanuskript sagte er:

Zur besseren Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte sollte der rechtliche Rahmen daher um ein sogenanntes Warnhinweismodell ergänzt werden, das es ermöglicht, bei illegaler Nutzung zu verwarnen, ohne sofort zu bestrafen. Bei wiederholter Rechtsverletzung muss aber mit einer ernstzunehmenden Reaktion zu rechnen sein, z.B. einer kostenträchtigen Abmahnung.

Eine künftige Reform des Urheberrechts solle auch eine Fortentwicklung der Providerhaftung enthalten. Alternativvorschläge wie die Einführung einer Kulturflatrate oder die jüngst aus Reihen des Chaos Computer Club (CCC) vorgeschlagene Kulturwertmarke lehnte Neumann als unpraktikabel, verfassungsrechtlich bedenklich und als eine Enteignung der Kreativen ab.

Generell bestehe für eine Neuformulierung des Schutzzwecks des Urheberrechts zugunsten der Nutzer kein Anlass. Neumann apodiktisch:

Freier Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken kann im digitalen Zeitalter nicht auf Kosten der Kreativen erfolgen, indem das Urheberrecht in ein Verbraucherrecht umgedeutet wird.

Neumanns Vorschläge stießen unmittelbar auf die begeisterte Zustimmung von anwesenden Vertretern der Musikindustrie. Frank Briegmann – President Universal Music Deutschland, Österreich, Schweiz und Deutsche Grammophon – nutzte die Gelegenheit, um am Rande der Veranstaltung in einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel die Forderungen Neumanns zu unterstützen. Andernfalls, so sein Credo, stürben alle: Die Zukunft der gesamten Content-Industrie hinge von einer schnellen Umsetzung eines modernisierten Urheberrechts ab, Künstler und Kreative könnten ohne ein rechtes Urheberrecht und dessen wirksame Durchsetzung ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten.

Dass das Urheberrecht, gleichwohl es den grundsätzlichen Anspruch hat, Kreative zu schützen und ihre Vergütung zu sichern, diesem Anliegen immer weniger gerecht wird, statt dessen im Zuge der Industrialisierung des Kultur- und Medienbetriebes, damit einhergehenden Konzentrationen und veränderten Machtverhältnissen eine zunehmend dominant verwertungsorientierte Komponente erhielt, war da natürlich kein Thema. Ebenso wenig, dass Kreative und Nutzer auch gemeinsame Interessen haben. Aber so ist das eben im Urheberrechtsfundamentalismus.

Ein Kommentar zu “Neumanns Urheberrechtsfundamentalismus”

  1. […] das von Kulturstaatsminister Bernd Neumann propagierte Warnhinweis- und Sanktionierungsmodell (wir berichteten) eine zumindest sinnvolle […]