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ZDF-Staatsvertrag: Warum sich Kurt Beck selbst verklagt

„Das Papier, das Beck in die Länderrunde trug, hatte er gemeinsam mit dem Kollegen Roland Koch vorbereitet, nur wollte Hessen es als Diskussionsvorschlag verstanden wissen, Rheinland-Pfalz als umgehende Beschlusssache. … An die mächtige Position des Verwaltungsratsvorsitzenden zum Beispiel rührt sie nicht … Auch die von Beck und Koch vorgeschlagenen Veränderungen im Fernsehrat sorgen weniger für Entpolitisierung, denn für eine Verschiebung der politischen Gewichte. Von 77 auf 69 Mitglieder sollte dieser reduziert werden, schaut man sich die betreffenden Positionen an, stellt man fest, dass es sich um acht der Union zuzurechnende Vertreter und einen SPD-Mann handelt“,

so beschreibt Michael Hanfeld in der FAZ die Situation unter den Ministerpräsidenten.

Die Mehrheit der unionsregierten Länder lehnte das Paket ab. „Wir gehen davon aus, dass die ZDF-Gremien verfassungsgemäß besetzt sind“, so Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich  laut taz.  Man verschließe sich „nicht der Optimierung des ZDF-Staatsvertrags.“ Das Reformpaket hätte man ohne „tiefergehende Diskussion“ nicht akzeptieren können.

Und so ließen CDU-Ministerpräsidenten das Becksche Reformpaket für etwas mehr Staatsferne des ZDF scheitern. Kurt Beck kündigte daher, an einen Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht (BVG) einzureichen. Er erwarte, dass „sich diesem Antrag weitere Länder anschließen werden“, so Beck, der auch Vorsitzender des ZDF-Verwaltungsrats ist.

In einer Presseerklärung kündigte Kurt Beck an,

„dass der Normenkontrollantrag auf der Basis dieser Vorschläge und in enger Abstimmung mit den anderen SPD-geführten Ländern und der SPD-Bundestagsfraktion zügig vorbereitet werde. Die von den Grünen im Bundestag angestrebte Klage schieße dagegen über das Ziel hinaus. Außerdem sei es Sache der für das ZDF zuständigen Länder, nun auch das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zu führen.“

Nun, es sind ja nicht die Länder, die das Verfahren vor dem BVG anstreben. Es sind nur jene Länder, die sich in der MPK mit ihren Vorstellungen nicht durchsetzen konnten. Also eine Minderheit der Länder. Und es sind auch jene Länder, die schon seit Jahren von SPD-Ministerpräsidenten geführt werden und bisher jedem ZDF-Staatsvertrag zustimmten.

Kurt Beck distanziert sich also von dem Klageentwurf, den die Bundestagsfraktion der Grünen bereits im Februar vorgelegt hatte. „Wir rufen nicht Staat raus“, so Beck. Die Länder müssten weiterhin vertreten sein, sie hätten auch das finanzielle Risiko, vermeldet der Kölner Stadtanzeiger. Nun, ein finanzielles Risiko haben die Länder nicht, da das ZDF über Rundfunkgebühren finanziert wird.

„Damit ist der Wettlauf nach Karlsruhe perfekt: Grüne und Linkspartei haben bereits im Februar ihre Klage präsentiert und sammeln derzeit UnterstützerInnen. Warum sich Beck hier nicht anschließen mag, liegt auf der Hand: Es geht um Gesichtswahrung. Und um die Position von Grünen und Linke, nach der Ministerpräsidenten & Co nichts beim ZDF zu suchen haben. Eine rheinland-pfälzische Klage dürfte andere Akzente setzen“,

so Steffen Grimberg in der taz.

Und Michael Hanfeld beschreibt es in der FAZ so:

„Das muss man sich vor Augen halten: Der Verwaltungsratschef des ZDF klagt gegen den Staatsvertrag der Organisation, die er – neben dem Intendanten – anführt. Ist ihm nach all den Jahren urplötzlich aufgefallen, dass er einer tendenziell verfassungswidrigen Organisation vorsitzt? Die Wahrheit ist eine andere: Beck will Herr des Verfahrens bleiben und verhindern, dass SPD-Abgeordnete im Bundestag sich den Grünen anschließen, die ein Normenkontrollverfahren längst vorbereitet haben, und zwar eines, das nicht Machtkosmetik betreibt, sondern den Einfluss des Staates und der Parteien auf den Sender merklich beschränkt.“

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