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ACTA: Neues aus Hollywood

Dass Hollywood ein lebhaftes Interesse an verbindlichen Regelungen zu Immaterialgüterrechten im Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) zeigt, ist nichts Neues. Neu ist aber der Spin, mit dem die Forderung nach Ahndung von Urheberrechtsverletzungen im Internet vorgetragen wird. Das zeigt ein Brief von Dan Glickman, Chairman und Chief Executive Officer der Motion Picture Association of America, Inc. (MPAA) – der Interessenvertretung der US-amerikanischen Filmindustrie, genauer: der Interessenvertretung der sechs Filmstudios Paramount Pictures Corporation, Sony Pictures Entertainment Inc., Twentieth Century Fox Film Corporation, Universal City Studios LLLP, Walt Disney Studios Motion Pictures und Warner Bros. Entertainment Inc. –, den dieser am 19. November an den Vorsitzenden des Justizausschusses im US-Senat, dem demokratischen Senator Patrick J. Leahy, sandte.

Glickman beklagt darin ein beispielloses Ausmaß an Piraterie im Internet und weist auf die Bedeutung der Filmindustrie innerhalb der US-Wirtschaft hin. Demnach arbeiteten 181.000 Beschäftigte unmittelbar und weitere 231.000 Beschäftigte mittelbar in der Filmwirtschaft. Diese zähle mit einem Gewinn („surplus“) von 13,6 Mrd. US-Dollar in 2007 zu den wenigen US-Branchen, die im internationalen Handel eine positive Bilanz auswiesen. Zugleich bezeichnet er die Proteste gegen die Geheimhaltungspraxis von ACTA in diesem Zusammenhang als Ablenkung:

„Outcries on the lack of transparency in the ACTA negotiations are a distraction. They distract from the substance and the ambition of the ACTA which are to work with key trading partners to combat piracy and counterfeiting across the global marketplace.“

Die Gegner von ACTA sind seinen Einlassungen zufolge entweder gleichgültig gegenüber Urheberrechtsverletzungen im Netz oder gar ihrer Grundeinstellung nach der Filmwirtschaft feindlich gesonnen:

„Opponents of ACTA are either indifferent to this situation, or actively hostile toward efforts to improve copyright enforcement worldwide. Many of them decried the WTO TRIPS agreement when it came into force in the 1990’s and they now insist that any effort to build upon the TRIPS minimum standards for enforcement is ‘anti-consumer and anti-innovation.’ This view overlooks the common stake that consumers and innovators share in ensuring the health of the creative sector of our economy.“

Die Botschaft der US-Filmindustrie ist demnach eindeutig: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns! Dabei kann Glickman sich durchaus auch etwas mehr Transparenz in den ACTA-Verhandlungen vorstellen. Offiziell begründet er dies mit den (negativen) Folgen, die Geheimverhandlungen hervorriefen:

„[…] protests persist, fostering apprehension over the Agreement’s substance.“

Doch muss zu Glickmans Ehrerbietung für Transparenz wohl die Ergänzung in dieser Phase der ACTA-Verhandlungen hinzugedacht werden. Angesichts des von der US-Administration eingeschlagenen Wegs (siehe unseren Bericht) scheint Hollywood in den von ihm selbst protegierten Absichten zu ACTA bereits jetzt siegesgewiss.

Der Adressat des Briefes der US-Filmindustrie, Patrick J. Leahy, übrigens hatte sich zusammen mit seinem seinerzeit republikanischen Kollegen im Justizausschuss, Arlen Specter – er wechselte Ende April 2009 zu den Demokraten –, in einem Schreiben an die US-Handelsbeauftragte Susan C. Schwab vom 2. Oktober 2008 besorgt darüber gezeigt, dass die ACTA-Geheimverhandlungen im Ergebnis die politischen Handlungsmöglichkeiten des US-Kongresses beschränkten. Zugleich hatten sich beide dagegen ausgesprochen, verbindliche Haftungsverpflichtungen für Internetprovider (ISPs) oder technische Schutzmaßnahmen in das Abkommen aufzunehmen.

Die Intransparenz des gesamten Verfahrens jenseits jeglicher demokratischer Entscheidungsfindung bildete nun auch Anlass für Petra Sitte und weitere Abgeordnete der Bundestagsfraktion DIE LINKE, sich in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung zu wenden. (Hier nachzulesen in einer Vorabversion.) Darin werden unter anderem die Fragen aufgeworfen, wie denn die Ausübung von Geheimverhandlungen – Deutschland hat im Falle von ACTA das Verhandlungsmandat an die EU-Kommission übertragen – mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Lissabon-Vertrag und den daraufhin verabschiedeten Lissabon-Begleitgesetzen zu vereinbaren sind.

Sobald eine Antwort der Bundesregierung vorliegt, werden wir darüber berichten.

PS: Laut einer Mitteilung des Büros des US-Handelsbeauftragten, sollen die ACTA-Verhandlungen so bald wie möglich zu einem Ende gebracht werden. Das nächste Treffen ist für Januar 2010 in Mexiko angesetzt.

2 Kommentare zu “ACTA: Neues aus Hollywood”

  1. […] Chairman und Chief Executive Officer der Motion Picture Association of America (siehe auch unseren Bericht zu ACTA), sowie hochrangige Vertreter der Recording Industry Association of America, von Sony […]

  2. […] der Motion Picture Association of America (MPAA – siehe hierzu auch unseren Bericht „ACTA: Neues aus Hollywood“) eingebunden ist. Deren Geschäftsführer Matthias Leonardy erklärte: “Auch Deutschland darf […]