An dieser Stelle dokumentieren wir die Rede von Petra Sitte (MdB, DIE LINKE) zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs über das Leistungsschutzrecht für Presseverlage. Mit der heutigen Lesung wird der Gesetzentwurf an die Ausschüsse (federführend ist der Rechtsausschuss, mitberatend der Ausschuss für Kultur und Medien) überwiesen und dort beraten. Danach wird es – an ein und demselben Tag – eine zweite und dritte Lesung mit Abstimmung über den Gesetzentwurf geben. Der Bundesrat muss dem Gesetz nicht zustimmen, kann aber mit einer Zweidrittelmehrhei dagegen Widerspruch einlegen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,
wir debattieren zu später Stunde über einen Sandkastenstreit, wer wem welche Förmchen in der Medienwelt wegnehmen könnte.
Da schreien die Verleger: Google verdient Geld mit unseren Inhalten und wollen deshalb Geld von Google. Google kläfft zurück: Die Verlage bekommen von uns die Online-Kunden geliefert, sollen darüber doch froh sein. Gleichzeitig tun beide Seiten so, als wären sie für Gemeinwohl, Demokratie und Weltfrieden unverzichtbar. Aber letztlich streiten sich zwei Konzerne nur um Profite.
Kindisches Gezänk könnte man sagen und alles am besten ignorieren.
Aber es gibt eben die ungenierte einseitige Parteinahme der Bundesregierung für Springer & Co. Und so gibt’s kurz vor Weihnachten schon eine Bescherung – einerseits für den Springerverlag und andererseits für’s Parlament – ein Gesetzentwurf zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage.
Dabei ist dieses Gesetz völlig unnötig. Schließlich gibt es einfachste technische Möglichkeiten, mit denen Verlage ihre Veröffentlichungen wirksam vor Suchmaschinen schützen könnten.
Vor allem aber ist das Gesetz denkbar schlampig formuliert.
Niemand weiß, wer alles am Ende von dem Gesetz begünstigt wird oder wer dadurch zu Zahlungen verpflichtet wird. Niemand weiß, was genau der Schutzgegenstand sein soll. Auf jeden Fall wird dieses Leistungsschutzgeld erfolgreich alles verhindern, was an Innovation im Netz entstehen könnte und irgendetwas mit Informationsaggregation zu tun hat.
DIE LINKE hat zu den Rechtsunsicherheiten diese Woche eine Kleine Anfrage gestellt und ich wette mit ihnen, diese wird noch mehr als die bisher bekannten Mängel des vorliegenden Textes zu Tage fördern. Und die Cleveren der Abmahnanwälte freut’s schon jetzt.
Es gibt Gerüchte, dass der Gesetzestext absichtlich so schlecht geschrieben wurde. Nicht, weil es die fleißigen Bienchen im Justizministerium nicht besser könnten. Vielleicht wollten oder sollten sie sich schlicht keine Mühe geben, weil es ja offensichtlich kaum jemanden in der Behörde gibt, der das Gesetz für ernsthaft sinnvoll hält.
Das ist natürlich ganz schlimme Oppositionsspekulation.
Keine Spekulation ist aber die vorgestern veröffentlichte Stellungnahme von 16 hochangesehenen Professorinnen und Professoren gegen das geplante Leistungsschutzrecht. Es handelt sich bei diesem Professorinnen und Professoren um ausgewiesene Urheberrechtsexperten. Und diese stellen für das geplante Leistungsschutzrecht fest, dass es, ich zitiere, „die Gefahr unabsehbarer negativer Folgen“ birgt.
Ebenfalls keine Spekulation ist, dass es selbst in den Reihen der Koalition kaum noch wen gibt, der oder die das Gesetz toll findet. Im Gegenteil, es haben sich schwarze wie gelbe Kritiker und Gegner klug und prominent zu Wort gemeldet.
Daher bleibt mir nur noch, an die Bundesregierung zu appellieren: Hören sie auf all die schlauen Menschen, überwinden sie ihre Angst vor der BILD-Zeitung und ziehen sie das Leistungsschutzrecht ganz, ganz schnell zurück.
– Es gilt das gesprochene Wort. –
Update 30.11., 12:50 Uhr:
Auf S. 1919 des Bundestags-Wortprotokolls (PDF) findet sich die Mitschrift der gehaltenen Rede.
Hier geht es zum Videomitschnitt.
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