Die Enquetekommission „Internet und digitale Gesellschaft“ hat ihren Zwischenbericht zum Thema Urheberrecht veröffentlicht. Wir dokumentieren hier das Sondervotum der Fraktion DIE LINKE zur Länge der Schutzfristen:
Dass der Urheberrechtsschutz an Immaterialgütern stets zeitlich befristet ist, begründet sich aus wichtigen Unterschieden zum Sacheigentum. Einerseits spielt hier die persönlichkeitsrechtliche Komponente des Rechts eine Rolle: Nach dem Tod des Urhebers lockert sich mit der Zeit der legitimierende Zusammenhang des Rechts mit dem ursprünglichen Schöpfer des Werks. Je mehr Generationen schutzberechtigt würden, umso mehr würde die Fortdauer des Schutzes ihre innere Berechtigung verlieren. Doch auch aus der Interessenabwägung zwischen Eigentumsinteressen und solchen des Allgemeinwohls gelangt man zu diesem Schluss. Nach Ablauf einer gewissen Zeit überwiegt das Interesse der Allgemeineheit an einer freien Nutzung des geschaffenen Geistesguts gegenüber den Interessen des Rechteinhabers.
Das geltende Recht trägt solchen Überlegungen Rechnung. Allerdings basiert es auf Gegebenheiten der analogen Welt. Dass mit dem Internet eine leichtere Vervielfältigung und Verbreitung urheberrechtlich geschützter Werke möglich geworden ist, die sich faktisch nicht mehr effektiv kontrollieren lässt, lässt die geltenden Schutzfristen eindeutig als zu lang erscheinen.
Das Bundesverfassungsgericht erläutert in seiner „Schallplatten-Entscheidung“, die Angemessenheit der urheberrechtlichen Schutzdauer könne „zu verschiedenen Zeiten je nach Bewertung der widerstreitenden Interessen verschieden beurteilt werden.“ Die Eigentumsgarantie der Verfassung biete weder die Gewähr einer ewigen Schutzdauer, noch verpflichte sie den Gesetzgeber, die Geltungsdauer auf einen bestimmten Zeitraum festzulegen.
Ein späteres Bundesverfassungsgerichtsurteil, das Vollzugsanstalten-Urteil, hat überdies bestätigt, dass Werke die Tendenz haben, mit zunehmendem zeitlichen Abstand zur Veröffentlichung an privatrechtlicher Bindung einzubüßen: „Mit der Veröffentlichung steht das geschützte Musikwerk nicht mehr allein seinem Schöpfer zur Verfügung. Es tritt vielmehr bestimmungsgemäß in den gesellschaftlichen Raum und kann damit zu einem eigenständigen, das kulturelle und geistige Bild der Zeit mitbestimmenden Faktor werden (BVerfGE 31, 229 [242]; 49, 382 [394]). Es löst sich mit der Zeit von der privatrechtlichen Verfügbarkeit und wird geistiges und kulturelles Allgemeingut (BVerfGE 58, 137 [148 f.]). Dies ist zugleich die innere Rechtfertigung für die zeitliche Begrenzung des Urheberschutzes durch § 64 Abs. 1 UrhG.“ Hieraus folgt, dass grundsätzlich Schutzrechtsverkürzungen möglich sind, auch wenn diese auf EU-Ebene durchgesetzt werden müssten.
Schon die Gesetzesbegründung zur Urheberrechtsreform von 1965 erwähnt, nur die wenigsten Werke seien nach Ablauf der Schutzdauer noch von vermögensrechtlichem Interesse. Auch Thomas Dreier äußert sich in seinem Urheberrechtskommentar (vor §§64 ff. Rdnr. 1) skeptisch. Till Kreutzer glaubt, dass die Schutzdauer in der Regel weit über das hinausgeht, was zum Anreiz kreativer Leistungen erforderlich wäre. Vielmehr seien die langen Schutzfristen nachgerade hinderlich, insbesondere bei technisch-funktionalen Werken, deren „Lebensdauer“ technologiebedingt viel kürzer sei. Gerd Hansen weist zudem auf die Schnelllebigkeit einer modernen Mediengesellschaft hin: Die allermeisten Werke würden nur für einen relativ kurzen Zeitraum verwertet.
Anknüpfend an einen Vorschlag von Lawrence Lessig schlägt Hansen eine radikale Verkürzung der Schutzfrist auf beispielsweise fünf Jahre ab Veröffentlichung vor. Danach soll es eine kostenpflichtige Verlängerungsoption für den Schutzrechtsinhaber geben. Kreutzer hingegen plädiert für eine variable Regelung, die an die Konzeption der Urhebernachfolgevergütung anknüpft. Schutzrechte sollen demnach nur eine Zeit lang als ausschließliche gewährt und hernach als Beteiligungsansprüche ausgestaltet werden (möglicherweise nur für gewerbliche Nutzungen), bevor die Nutzung ganz urheberrechtsfrei wird.
Schutzfristverlängerungen, wie sie derzeit etwa im Hinblick auf die Leistungsschutzrechte der Tonträgerunternehmen diskutiert werden, nutzen den Medienunternehmen, die die Inhaber dieser Rechte sind, nicht jedoch den Künstlern selbst. [Anm. Redaktion: Dieser Absatz ist leider schon wieder veraltet, da die Schutzfristverlängerung mittlerweile beschlossen wurde.]
Aus den aktuell zu langen Schutzfristen resultiert insbesondere das Problem der verwaisten Werke, für das bislang weder auf nationaler noch auf EU-Ebene eine Lösung gefunden wurde. Da abzusehen ist, dass in der digitalen Welt Werke noch viel eher verwaisen als in der analogen Welt, wird dieses Problem sich eher noch verschärfen, wenn nicht eine grundsätzliche Schutzfristverkürzung in Angriff genommen wird.
„Schutzfristverlängerungen, wie sie derzeit etwa im Hinblick auf die Leistungsschutzrechte der Tonträgerunternehmen diskutiert werden, nutzen den Medienunternehmen, die die Inhaber dieser Rechte sind, nicht jedoch den Künstlern selbst. [Anm. Redaktion: Dieser Absatz ist leider schon wieder veraltet, da die Schutzfristverlängerung mittlerweile beschlossen wurde.]“
Dieser Absatz ist nicht nur veraltet, sondern auch völlig absurd und zeigt lediglich das Unverständnis der Verfasser des Artikels bezgl. des Urheberrechts: Medienunternehmen können nicht Inhaber von Urheberrechten sein. Weder per Definition (Urheberrechte beziehen sich immer nur auf die Urheber, wie man vom Namen her schon vermuten könnte), noch lassen sich Urheberrechte auf andere übertragen.
Von daher würde eine Einschränkung der Urheberrechte nicht den Medienunternehmen schaden, sondern im Gegenteil sogar nützen, sondern nur den freien Künstlern, die gegenüber den Medienunternehmen ihre grundsätzlichen Rechte verlieren würde, während die Unternehmen weiterhin von den Werken gegenüber den Nutzern profitieren würden.
Hallo Achim,
es geht in diesem Absatz um Leistungsschutzrechte der Tonträgerhersteller. Das sind Rechte an der Produktion, also an der konkreten Aufnahme, die durch die wirtschaftlich-organisatorische Leistung gerechtfertigt werden und originär (also noch nicht mal abgeleitet, wie bei den Verwertungsrechten) den Medienunternehmen zustehen.
Beste Grüße
Ilja
Man sollte eben nicht das von den Medienkonzerne geforderte erweiterte Leistungsschutzrecht mit dem Urheberrecht vermischen, um damit eine Verkürzung der Schutzfristen des Urheberrechts auf fünf Jahre zu begründen.
Das Urheberrecht ist das Arbeitsrecht der freien Kreativen und ermöglicht erst eine freie Kunst und Kultur mit Zugang für jeden Bürger. Will „Die Linke“ diese Erungenschaft der Französischen Revolution wieder abschaffen?
Hallo Achim,
im Text ist doch ein brauchbarer Ansatz benannt: Verkürzung der Schutzfrist, dafür unabdingbare Beteiligungsansprüche für Urheber. Das würde heißen: Das Werk darf z.B. nach fünf Jahren frei genutzt werden, aber der Urheber hätte über diesen Zeitraum hinaus einen gesetzlichen Anspruch auf eine fortlaufende Beteiligung an den Erlösen. Davon hätten die Urheber m.E. mehr als von Verbotsrechten, die sie in der Regel an Medienunternehmen abtreten, oder von Vergütungsansprüchen, die sie diesen gegenüber nicht durchsetzen können.
Beste Grüße
Ilja
Also in Anbetracht dessen, das hier in Berlin und anderswo unglaublich viel Fahrräder geklaut werden und sich das Eigentum faktisch nicht mehr effektiv kontrollieren lässt, würde ich sagen, dass Fahrräder dem Käufer nur noch maximal 5 Jahre gehören und dann zum Allgemeingut werden. Man könnte das Kaufdatum hierfür in den Rahmen einstanzen. Gegen Gebühr könnte der Käufer diese Frist aber auch verlängern. Dafür wird einfach eine entsprechende Behörde geschaffen. Genau so machen wir es. Allerdings könnte es sein, dass niemand mehr bereit ist ein Fahrrad zu kaufen. Es könnte auch sein, dass zukünftig niemand mehr bereit ist, als Urheber Werke welcher Art auch immer zu schaffen, wenn es über ein Foto mit dem iPhone hinausgeht.
Hallo Marco,
die Frage ist doch eher, ob wirklich jedes Foto, das mit dem iPhone gemacht wird, mindestens 50 Jahre lang geschützt sein muss, nur weil es jemandem „gehört“. Oder ob man nicht bei Schutzumfang und Schutzlänge stärker nach Werkart und oder Nutzungsszenario differenzieren könnte.
Besten Gruß
Ilja
Mir scheint, DIE LINKE. hat kalte Füße bekommen (von den PIRATEN) , sonst keine Probleme (das „Erfurter“ Grundsatzprogramm besticht ja durch seinen winzigen gemeinsamen Nenner) oder will schlichtweg von sich selbst ablenken (in den Landesverbänden rumst es ja schon wieder, von dem Mitgliederschwund ganz zu schweigen), sonst würde sie wohl kaum einen derart inkompetenten Blödsinn wie diesen verbreiten, der auch noch sowas von überflüssig ist, dass mir die Zeit hier schon wieder zu lang war……..
Moment mal, der Ansatz widerspricht sich. Wenn nach fünf Jahren kein Urheberrechtschutz greift und die Verwendung frei ist, wie und welche Beteiligungsansprüche könnte man denn dann noch und gegen wen, geltend machen? Und überhaupt, was wäre denn der wesentliche Unterschied zur heutigen Rechtslage?
Welche „Verbotsrechte“ treten Urheber denn an Medienunternehmen ab? Und welche Vergütungsanprüche ließen sich ohne Schutzfristen besser durchsetzen als mit? Wenn mir mal der Fachausdruck gestattet ist: Das ist gequirlter Blödsinn.
Hallo Achim,
Verwertungsrechte sind grundsätzlich als Ausschließlichkeitsrechte, also als Verbotsrechte ausgestaltet, der Urheber kann die Nutzung untersagen. Dazu gibt es einige Ausnahmen, etwa die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch: Da ist die Nutzung frei, aber vergütungspflichtig. Dieses Prinzip könnte man ausbauen und zum Beispiel sagen: Ein Werk ist fünf Jahre lang vollumfänglich geschützt, danach sind die Nutzungsarten x, y und z für weitere 20 Jahre vergütungspflichtig, aber genehmigungsfrei, danach endet der Schutz. Das ist nur ein Beispiel, man kann die Fristen auch anders und differenzierter konstruieren, und man muss für die Vergütungspflicht auch nicht unbedingt nach Nutzungsarten unterscheiden, sondern könnte darüber nachdenken, ob nicht Verwendungsszenarien (z.B. kommerziell vs. nicht-kommerziell) brauchbarer wären. Aber vom Prinzip her ist das so gedacht. Der Unterschied zur heutigen Rechtslage: Der Urheber würde mehr Geld bekommen, da er einen gesetzlichen Anspruch auf die Vergütung hätte. Heutzutage tritt er die Rechte an einen Verwerter ab, der dafür ein in der Regel viel zu niedriges Pauschalhonorar zahlt. Wenn der Urheber auf eine angemessene Vergütung besteht, muss er in der Regel vor Gericht gegen seinen Auftraggeber klagen. (Jedenfalls ist es ein ganz seltener Fall, dass Urheber für Folgenutzungen angemessen vergütet werden).
Last, not least: Es dürfte nicht zu viel verlangt sein, die in einem Text angegebenen Quellen zu konsultieren, bevor man entsprechende Überlegungen als „gequirlten Blödsinn“ bezeichnet. Es ist aber durchaus viel verlangt zu erwarten, dass andere einem in den Kommentarspalten eines Blogbeitrags mundgerecht alles vorkauen, was man gut auch selbst nachlesen kann.
Beste Grüße
Ilja
@Forenboy
Alle Texte, auch das hier dokumentierte Sondervotum, zum Urheberrechtsbericht der Internetenquete sind zwischen Oktober 2010 und Mai 2011 entstanden. Auch die anderen Papiere, Anträge, Stellungnahmen etc. der LINKEN zur Urheberrechtsreform und den Schutzfristverkürzungen haben die hier dargestellte Stoßrichtung seit langer Zeit (der große Reformantrag der LINKEN wurde im Juli in den Bundestag eingebracht).
Das ist alles weit vor dem Piraten-Erfolg in Berlin und noch weiter vor Erfurt. Mit Blick auf Erfurt wurde all das im Debattenpaier „It’s the Internet, stupid!“ vor über einem Jahr öffentlich gemacht.
Die kalten Füße sind also mindestens hellseherisch.
@Ilja: Urheber haben jetzt doch einen gesetzlichen Anspruch auf eine angmessene Vergütung bei Verwendung.
Nochmals die konkrete Frage: Weshalb sollte es mehr Honorar geben, wenn es weniger vergütungspflichtige Verwendungen gibt?
Und ich muss mich schon wieder wiederholen: Urheber treten nicht gegenwärtig i.d.R. alle Rechte an einen Verwerter gegen ein Pauschalhonorar ab. Das hätten ganz gerne die Verlage zwar und versuchen dies klammheimlich mit entsprechenden Verträgen und AGB aufgrund ihrer Marktmacht durchzusetzen. Diese Verträge werden aber von den Gerichten als Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht (!) und das Urheberrecht für ungültig erklärt (siehe Urteile in gegen den Springer-Verlag, Bauer-Verlag, WAZ-Verlag, Gruner & Jahr, Ostsee-Zeitung, etc.).
Im Fall von G & J wird im Urteil ausdrücklich betont, dass eine pauschale Abtretung von Nutzungsrechten grundsätzlich nicht möglich sei, da eine angemessene Vergütung dadurch nicht erfolgen könnte. Sollte dieses Urteil in absehbarer Zeit rechtskräftig werden, G & J sind in die nächste Instanz gegangen, wären pauschale Abtretungen von Nutzungsrechten grundsätzlich überhaupt nicht mehr möglich.
Sicher ist es so, dass Urheber angemessene Honorare teilweise einklagen müssen. Angemessene Honorare würden aber erst recht nicht gezahlt werden, wenn das Urheberrecht eingeschränkt würde und Klagen gar nicht oder weniger möglich wären. Man schränkt ja auch nicht das Arbeitsrecht ein, um die Rechte von Arbeitern zu stärken. Das ist und bleibt absurd.
Zudem würde eine Einschränkung des Urheberrechts überhaupt nichts an der Abmahnpraxis der Musik- und Filmverlage ändern, denn die beruht auf dem Leistungsschutz- und Nutzungsrecht, welches im Laufe deiser Legislaturperiode wie von den Verlagsverbänden gefordert, erheblich zu Lasten des Urheberrechts erweitert werden soll.
Wahrscheinlich ist es zuviel verlangt, wenn sich eine Partei, und damit ist ausdrücklich nicht nur Die Linke gemeint, sich besser mit einer Einschränkung des Leistungsschutzrechts befassen sollte, als sich populistisch auf die schwächeren Urheber zu konzentrieren.
Als die Grünen vor ein paar Wochen ihren Leitantrag zum Urheberrecht auf dem Parteitag zur Diskussion stellten, konnte man förmlich die Champagnerkorken in den Vorstandsetagen der Verlage knallen hören. Zitat: „Endlich haben die Grünen die Interessen der Verwertungsindustrie für sich entdeckt.“ oder: „Wer hat die Grünen resozialisiert?“.
Eine Unterscheidung zwischen kommerzieller und nicht kommerzieller, also privater Nutzung, wird doch jetzt schon im Urheberrecht, und auch in der Praxis, gemacht. Was sollte denn daran zusätzlich geändert werden?
Nochmals mein Anfangsargument: Soll es wieder nur reines Mäzenatentum geben, wie vor der Französischen Revolutoin? Reicht es nicht, wenn jetzt schon ein immer größer werdender Teil abhängig von gewerblichen Auftraggebern, Sponsoren ist, die nicht nur darüber bestimmen wann, was, wie der Öffentlichkeit präsentiert wird, sondern vor allem direkt die Inhalte beeinflussen?
Ohne überheblich wirken zu wollen: Sie können ausgerechnet auf meinem eigenen Fachgebiet mir nicht vorwerfen, entsprechende Quellen im Internet nicht zu kennen. Ich befürchte eher, diesen Vorwurf müssen Sie sich selbst machen.
@ Jörg Braun: Falls das überhaupt stimmen sollte, denn auf der Webseite „Der Linken“ konnte ich bis letzte Woche nur lesen, dass sich „Die Linke“ für das Urheberrecht und einer Beibehaltung der Schutzfristen einsetzt, dann hinkt Die Linke erst recht der Piratenpartei hinterher. Denn die sind inzwischen für eine Schutzfrist des Urheberrechts bis zehn Jahre nach dem Tod.
@Achim,
ich kann Dir in der Bewertung der „gequirlten“ hier nur zustimmen, erkennbar auch daran, dass sich Jörg Braun auf Formalien heraus redet und keinerlei Inhalte zu der desaströsen Befindlichkeit der Partei DIE LINKE. kolportiert, die ich in meinem Kommentar angedeutet habe.
Nach dem Rücktritt Lindners als Generalsekretär der FDP dürften sich die PIRATEN noch mehr Zuspruch bei den nächsten Wahlen ausrechnen als sie es ohnehin schon kann.
Die Glaubwürdigkeit der Partei DIE LINKE ist nicht nur in der Frage des Urheberrechts aus meiner Sicht wenig ausgeprägt, da sie in wenig kompetenten Händen zu liegen scheint.
@Joerg Braun,
also für die kalten Füße braucht man keine hellseherischen Fähigkeiten, die spürt man ganz einfach allenthalben.
Die hätte ich eher kolportiert, indem ich das Auseinanderfallen der Partei DIE LINKE in ihre drei Hauptgruppen bis Ende 2013 zum Thema gemacht hätte, was ich nämlich so sehe.
Habe ich aber nicht.
@Achim: Die Einschränkung von Schutzfristen ist nur ein Thema, dass die LINKE beim Thema „Reform des Urheberrechts“ anpackt. Eine klare Absage an das von Springer und Co. geforderte Leistungsschutzrecht gehört da ebenso dazu. In diesem Blogpost hat Ilja Braun ein signifikantes Beispeil herausgenommen. Sich darauf zu kaprizieren und die Breite der Debatte und der Änderungsvorschläge innerhalb der LINKEN dabei zu ignorieren, lässt zwei Schlüsse zu:
Entweder hat Ilja Braun Recht, dass etwas breitere und tiefere lektüre helfen würde. Oder das ist gar nicht gewollt und es geht nur um’s Dampf ablassen und rumpöbeln.
Neben den vielfältigen Veröffentlichungen zum Urheberrecht auf diesem Blog seit Beginn seines Bestehens im Folgenden nochmal als Lektürevorschlag die von mir zuvor genannten Texte:
Debattenbeitrag zum Parteiprogramm vom November 2010:
http://blog.die-linke.de/digitalelinke/wp-content/uploads/20101105_Wortmeldung_Internet.pdf
Position der Bundestagsfraktion DIE LINKE zum Urheberrecht inklusiver entsprechender Initiativen im Bundestag bis einschließlich Juli 2011:
http://linksfraktion.de/themen/urheberrecht-internet/
Passage im Parteiprogramm, beschlossen in Erfurt auf S. 46:
http://www.die-linke.de/fileadmin/download/dokumente/programm_der_partei_die_linke_erfurt2011_korrigiert.pdf
Immer geht es darum, die Interessen neu auszugleichen, wobei versucht wird, Verwerterinteressen hinter Urheber- und Nutzerinteressen zu stellen, den UrheberInnen endlich durchsetzungsstarke Vergütungsansprüche zu ermöglichen und gleichzeitig dennoch eine möglichst vielfältgie und freie Nutzung der Werke zu ermöglichen.
Dass dabei bis heute keine Jahreszahl für Schutzfristbegrenzungen genannt wird, mag als „Hitnerherhinken“ gelesen werden. Vielleicht ist es aber auch ein Zeichen dafür, dass hier weder willkürlich noch vereinfachend etwas festgelegt wurde. Vielleicht ist es ja gar nicht sinnvoll, die immer gleichen Schutzfristen für Bücher, Musik, Filme, Software, Zeitungsartikel etc. festzulegen? Die Debatte läuft.
Eine persönliche Anmerkung: Eine Partei, die zurecht sehr kritisch dem Erbrecht gegenüber steht, kann kaum guten Gewissens Schutzfristen „post mortem“ propagieren. Urheberverügtungen ermöglichen muss nicht bedeuten, Exklusivrechte für die Medienindustrie und die Enkel der UrheberInnen zu verteidigen.
@Forenboy: Dies ist ein Blog im Umfeld der LINKEN zu (im weiten Sinne) netzpolitischen Themen und im Besonderen ein Post zu Urheberrechtsschutzfristen. Partei-Zustand ist da ziemlich off-topic. Dafür gibt es andere Blogs und Foren.
@Jörg Braun: „lässt zwei Schlüsse zu:
Entweder hat Ilja Braun Recht, dass etwas breitere und tiefere lektüre helfen würde. Oder das ist gar nicht gewollt und es geht nur um’s Dampf ablassen und rumpöbeln.“
Vor allem lässt es den dritten Schluss zu, nämlich dass noch nicht mal auf meine Argumente eingangen wird, sondern dafür im Gegenzug versucht wird, mich als uninformierten Pöbler hinzustellen. Von daher kann ich Ihre Bemerkung „Die Diskussion läuft“ nur als Zynismus auffassen.
Bzgl. „Vielleicht ist es ja gar nicht sinnvoll, die immer gleichen Schutzfristen für Bücher, Musik, Filme, Software, Zeitungsartikel etc. festzulegen?“
Das ist tatsächlich nicht sinnvoll, vor allem deshalb, weil das Urheberrecht gar keine Schutzfristen für Bücher, Filme und Zeitungsartikel festlegt, festlegen kann. Das Urheberrecht bezieht sich nämlich nur auf die Werke selbst und nicht auf die Form einer Veröffentlichung. Es sogar egal, ob ein Werk überhaupt veröffentlicht wurde.
Schutzfristen für solche Leistungen werden vom Leistungsschutzrecht, wenn überhaupt, geregelt. Und das betrifft eben nicht das Urheberrecht.
Das bestätigt nur meine anfängliche Einschätzung, Urheberrecht, Leistungsschutz und Nutzungsrechte werden durcheinander vermengt und völlig absurde Forderungen und Ideen kommen dabei heraus, die mit der Realität überhaupt nichts mehr zu tun haben. Genau deshalb habe ich dies als gequierlten Blödsinn bezeichnet.
Bei Schutzfristen über den Tod hinaus geht es gerade eben nicht nur um Vergütungen, sondern auch um einen Schutz des Werks vor Nutzungen, die nicht im Sinne des Urhebers wären, Schutz vor einem Auseinanderreissen eines Werks. Die Hinterbliebenen, die Erben hätten dann überhaupt keinen Einfluss darauf, was mit einem Werk passiert. Sie könnten auch nicht, was oft der Fall ist, Werke öffentlichen Museen, Sammlungen, Archiven und anderen Kulturträgern übertragen, um so Allen zugänglich zu machen und gleichzeitig das Werk zu erhalten. Ohne die Schutzfristen des Urheberrechts hätten wir eine Kultur auf rein kommerzieller Basis, wenn überhaupt.
Und anders als bei den postulierten Vererbungen hinterlässt ein Künstler selten Grundstücke, Immobilien, Produktionsmittel oder Kapital. Der durchschnittliche Monatsverdienst von freischaffenden Urhebern beträgt laut Künstersozialkasse 1.134 Euro.
Im übrigen vertrat bis letzte Woche Die Linke auf dieser Domain noch denselben Standpunkt: http://www.die-linke.de/index.php?id=8813
Falls dem nun nicht mehr so sein sollte, sollte man schnellstens diesen Text aus dem Netz nehmen.
@Achim: Sorry, das ist entweder einfach nur rabulistisch oder aber dumm.
Ja, aber nicht von mir.
@Achim: Der von Dir verlinkte Text ist identisch mit dem Hinweis von mir aufs Parteiprogramm und ich sehe nicht, wie oder wo dieser Punkt Schutzfristverkürzungen ausschließt.
Und natürlich besteht der Schutz auf das Werk und nicht auf den Werkträger. Ich hätte genauer formulieren sollen, stimmt: Unterschiedliche Schutzfristen für unterschiedliche Werkarten. Da je nach Werkart (und das mag auch am Ende mit dem Werkträger zusammenhängen) unterschiedliche Verwertungszyklen herrschen, für die ein besonderer Schutz des Vergütungsanspruches angemessen ist. Aber wie gesagt, dass sind offene Fragen, Beispiele, warum es keine fixe Zahl wie bei den Piraten gibt.
Der Schutz der Urheberpersönlichkeitsrechte (Werkentstellung bspw.) könnte theoretisch auch von den Vergütungsrechten getrennt fixiert werden. Aber auch hier gibt es für mich keinen Grund, deshalb auch Jahrzehnte nach dem Tod des Autors eine breite Nutzung kreativer Werke zu verhindern.
Dass nur Enkel oder Rechteerben Werke an Museen, Archive etc. weitergeben können, ist Quatsch. Gedächtniseinrichtungen können auch wunderbar gemeinfreie Werke kuratieren
Last but not least: Keiner redet daavon, komplett auf Schutzfristen zu verzichten, dass ist billige Polemik. Und ob sie in ihrer heutigen Ausgestaltung Kommerzialisierung verhindern oder gar inklusive Ausbeutung fördern, sei mal dahingestellt. Wie gesagt, wir wollen breite und möglichst freie Nutzung bei durchsetzungsstarken Vergütungsansprüchen lebender Kreativer. Und ich glaube nicht, dass das beides mit dem bestehenden Regime möglich ist. Für ein neues Urheberrecht braucht es neue Urheber- und Nutzerrechte, alte Rechte müssen fallen, modernisert werden. Wir haben dazu breite Vorschläge, Du verengst auf das Thema Schutzfristen.
@ Jörg: Anscheinend ist dies der Kern des Verständnisproblems. Die Linke setzt sich zwar im Programm eindeutig (und zu recht) gegen Buy-out-Verträge und AGB ein, übersieht aber dabei, dass die Rechtsprechung auf Basis des bestehenden Urheberrechts mit den langen Schutzrechten dies ebenso sieht uns handhabt, weil dann keine angemessene Vergütung der Urheber mehr erfolgen kann und erachten Buy-outs als Versuche das Urhebergesetz auszuhebeln (Worauf ich schon anfangs hingewiesen habe, aber in der Diskussion nicht darauf eingegangen worden ist).
Würde man die Schutzfristen des UrhG z.B. auf zehn Jahre oder noch weniger verkürzen, wären nicht nur die richterlichen Begründungen perdu, da bei kurzen Schutzfristen sowieso keine Vergütung nach Ablauf mehr erfolgen muss, sondern es ist noch schlimmer: Bei kurzen Schutzfristen sind buy-outs der Verlage gar nicht mehr nötig; sie bekommen nach ein paar Jahren dann alles komplett umsonst.
Nochmals zur Betonung: Buy-outs sind nämlich von den Verlagen genau dazu konstruiert: Die gesetzlichen (langen) Urheberschutzfristen zu unterlaufen.
Kurze Schutzfristen sind für die Urheber deshalb noch schlimmer als Buy-outs für wenig Honorar. Dann bekommen die Urheber nämlich noch weniger oder gleich gar keines mehr, während auf den damit so erstellten Produkten weiterhin der Leistungsschutz gilt, damit verdient wird und auch Abmahnungen erfolgen können.
Im übrigen beinhaltet das Urhebergesetz schon jetzt die Schrankenregelung, dass für Lern- und wissenschaftliche Zwecke (Schulbücher, Zitatrecht) Urheber die Verwendung nicht untersagen können. Inwiefern behindert also das bestehende Urheberrecht die Wissensproduktion, die Wissensvermittlung?
Weshalb es für einen Text eine andere Schutzfrist gelten sollte als für (eventuell sogar darauf basierend) Hörspiel, Film, Musical, Comic, Vertonung oder Übersetzung, ist mir nicht verständlich. Und ob ein Text handgeschrieben, gedruckt oder digital vorliegt, ändert doch nichts an der Wertigkeit der Arbeit, der Idee, die darin stecken.
„Dass nur Enkel oder Rechteerben Werke an Museen, Archive etc. weitergeben können, ist Quatsch.“
Das habe ich auch gar nicht behauptet. Aber um dies überhaupt möglich zu machen, bedarf es der Urheberrechte. Ohne die, hat weder der Urheber selber, noch seine Erben irgendeinen Einfluss darauf, sondern diejenigen, die die größten Möglichkeiten dazu haben. Und das ist bestimmt nicht die breite Öffentlichkeit (Stichwort: Französische Revolution).
Im übrigen ist es sehr akademisch über eine erhebliche Verkürzung der Schutzfristen zu diskutieren, denn damit dies in Deutschland möglich wäre, müsste es zumindest auf EU-Ebene passieren oder Deutschland müsste aus der EU austreten, sowie die Berner Überinkunft aufkündigen und dann noch aus der Welthandelsorganisation austreten, die heute mit Russland154 Mitgliedstaaten hat. Dass das zweitgrößte Exportland aus der WTO austritt, um das Urheberrecht anzupassen, ist mehr als unwahrscheinlich.
Entweder wissen das anscheinend fast alle Parteien nicht, was nicht gerade für ihre Kompetenz in Sachen Urheberrecht spricht, oder man weiß es, und macht der Wirtschaft und/oder der Bevölkerung populistisch zum Schaden von Urhebern etwas vor, um vielleicht ein paar Stimmen im nächsten Wahlkampf einzufangen. Davon kann ich wohl inzwischen keine Partei mehr ausnehmen.
@Achim:
Steht irgendwo hier eine Verkürzung der Schutzfristen auf maximal zehn Jahre nach Veröffentlichung zur Debatte? Nein. Zwischen 70 Jahren nach Tod des Urhebers und 10 jahre nach Veröffentlichung liegen im Zweifel (nehmen wir das Werk einer 20-Jährigen, die das Glück hat, 90 zu werden) 130 jahre. Da ist ordentlich Spielraum für eine Schutzfristverkürzung, die Verwertern und Enkeln Privilegien nimmt, ohne Urheber direkt zu schwächen.
Auch unterlaufen die Verlage die (zu) langen Schutzfristen nur zu ihrem eigenen Vorteil, sie eignen sich diese per Buy Out quasi an. Zum Nachteil von Urhebern und Nutzern.
Schutzfristen betreffen aktuell Vergütungsansprüche, Persönlichkeitsrechte und Ausschließlichkeitsrechte. Hier könnte eine Ausdifferenzierung stattfinden, die Ausschlielichkeitsrechte zum Wohle breiter Werknutzung abbaut und die anderen Rechte schützt oder gar stärkt (solange es den Urhebern und nicht Dritten zugute kommt).
Wer sagt denn, dass einseitig Schutzrechte der Urheber abgebaut werden sollen, die Leistungsschutzrechte aber bestehen oder ausgeweitet werden sollen? Hier niemand. Im Gegenteil.
Die aktuellen Schrankenregelungen für Bildung und Wissenschaft werden hochkritisch gesehen, sind teilweise befristet oder in der Realität kaum nutzbar. Vgl. bspw.:
http://blog.die-linke.de/digitalelinke/urheberrechtsfachgesprach-audio-online/
Die Ausdifferenzierung nach Werkarten ist eine von mir als Einzelperson hier in die Debatte eingeführte Option, kein Programm der Linken oder der Redaktion hier. Und es geht mir dabei nicht um die Ausdifferenzierung in besondere Textsorten, wie in Deinem Beispiel, sondern eher um so Grobkategorien wie sie oben durch die Veröffentlichungsformen grob skizziert waren. Ein für mich dabei noch nicht gelöstes Problem wäre übrigens die Verkomplizierung der Regelungen, die einer breitenwirksamen Gesetzgebung nicht förderlich ist. Ich wollte damit aufzeigen, dass ein pauschales „lange Schutzfristen für alles“ aus unterschiedlichen Richtungen kritisch kommentiert wird.
Das es Urheberrechte ganz grundsätzlich braucht, bestreitet hier niemand. Wieso aber Exklusivvrechte nötig sind, um Werke in Archiven und Museen zu dokumentieren, verstehe ich nicht. Die Museen und Bibliotheken sind voll von Werken, die vor der Etablierung des Urheberrechts entstanden sind. Und in Ihren kammern schlummern bspw. Unmengen von Fotografie-Sammlungen, deren Urheber nicht ermittelt werden können, die aber aufgrund ihres Entstehungsdatums noch nicht gemeinfrei sind und deshalb von niemandem gesehen, genutzt, interpretiert werden können. Allgemeinfreie Werke fallen ja gerade nicht unter die Verfügungsgewalt einiger weniger, sondern sind (insbesondere digital) potentiell allen zugänglich. Ich habe bisher jedenfalls noch nicht gehört, dass die Werke Hegels oder Goethes oder Kafkas besonders wenigen Menschen zur Verfügung stehen.
Dass eine Verkürzung der Schutzfristen nur international durchzusetzen ist, ist völlig richtig und die Berner Übereinkunft sowie andere Verträge allen Fraktionen im Bundestag gut bekannt. Dazu stehen ausführliche Passagen im Zwischenbericht Urheberrecht der Internetenquete, der ja Anlass für diese unsere Debatte ist. Aber wenn niemand die Debatte anfängt, wird sich auch nichts ändern. Als in den letzten über 100 Jahren andauernd gemeinsam Schutzfristverlängerungen international durchgesetzt wurden (ohne, dass sich dabei die Lage der Kreativen irgendwie in der Summe verbessert hätte…), hat auch immer irgendwer in irgendeinem Land die Debatte angefangen. Andersrum muss das ganz genauso laufen. Es sagt doch niemand, wir ändern dass, sondern wir fordern dass und setzen uns dafür ein. Das geht auch international.
Dir mag nicht passen, was die Linke da aufgeschrieben hat und Du magst nicht daran glauben, dass der Anspruch eine Reform zum Wohle von Urhebern und Nutzern möglich zu machen, mit diesen Reformvorschlägen funktioniert. Aber dass hier frei von Kenntnis der Rechtslage und ohne Blick auf Ist-zustände und historische Entwicklungen formuliert wurde, ist definitiv nicht der Fall.
Was ich übrigens bei all denen, die zum Wohle der Urheberinnen und Urheber für die Beibehaltung des bestehden Regimes sprechen, nicht verstehe: Warum so konservativ? Dieses Urheberrecht schützt Industrie-Interessen, die Kreativen (deren geringen Durchschnittsverdienst Du selbst hier in die Debatte eingebracht hast, uns aber ebenso bekannt ist) haben durch das geltende Recht gerade keine gute Position.
@Jörg: „Steht irgendwo hier eine Verkürzung der Schutzfristen auf maximal zehn Jahre nach Veröffentlichung zur Debatte? Nein.“
Hm, zur Debatte steht genau hier, auf dieser Seite, eine Verkürzung sogar auf nur fünf Jahre nach Veröffentlichung.
„Zwischen 70 Jahren nach Tod des Urhebers und 10 jahre nach Veröffentlichung liegen im Zweifel (nehmen wir das Werk einer 20-Jährigen, die das Glück hat, 90 zu werden) 130 jahre.“
Und wenn die 20-Jährige Pech hat und mit 25 Jahren berufsunfähig wird? Dann sind es genau 0 Jahre und 0 Euro von einer Versicherung.
„Da ist ordentlich Spielraum für eine Schutzfristverkürzung, die Verwertern und Enkeln Privilegien nimmt, ohne Urheber direkt zu schwächen.“
Für „Verwerter“, wer auch immer genau damit gemeint sein sollte, gelten nicht die Schutzfristen des Urheberrechts. Da gilt das Leistungschutzrecht und/oder eventuell eingeräumte Nutzungsrechte.
„Auch unterlaufen die Verlage die (zu) langen Schutzfristen nur zu ihrem eigenen Vorteil, sie eignen sich diese per Buy Out quasi an. Zum Nachteil von Urhebern und Nutzern.“
Die Verlage versuchen sie zu unterlaufen, um genau zu bleiben. Und wenn es keine langen Schutzfristen mehr gibt, brauchen die Verlage noch nicht mal mehr es mit Tricks und Marktmacht zu versuchen, die Werke fallen ihnen kostenlos in den Schoß und kein Gericht kann dagegen etwas unternehmen.
„Schutzfristen betreffen aktuell Vergütungsansprüche, Persönlichkeitsrechte und Ausschließlichkeitsrechte. Hier könnte eine Ausdifferenzierung stattfinden, die Ausschlielichkeitsrechte …“
Nein, so nicht. Die Schutzfristen betreffen direkt die Werke und sind an die Personen der Urheber gebunden und kann nicht übertragen werden und wird deshalb Persönlichkeitsrecht genannt. Vergütungsansprüche sind direkt an die Urheber gebunden und es gibt keine Schutzfristen dafür.
Was genau meinst du mit Ausschließlichkeitsrechten? Die ausschließliche, oder auch „exclusive“, Übertragung von Nutzungsrechten an einen einzigen Nutzer für einen unbestimmten Zeitraum? Das fällt unter Buy-Out und da sind wir uns ja, so wie es aussieht, grundsätzlich einig.
Ein Abbau der Schutzfristen für Urheber bedingt automatisch auch immer eine Stärkung der Verlage gegenüber den Urhebern, selbst wenn es gar keinen Leistungsschutz mehr geben würde. Über was sollte ein Urheber mit einem Verlag verhandeln, wenn er praktisch nichts mehr an Nutzungsrechten anzubieten hat? Und warum darf man als Urheber nicht entscheiden, ob sein Werk, womöglich verfälschend, von wem wie verbreitet wird? Wenn ich nicht will, dass es von der NPD, oder meinetwegen auch von einer anderen Partei, Verein oder Firma, genutzt wird, warum sollte ich als Urheber darüber nicht mehr selbst entscheiden dürfen? Die Glaubwürdigkeit eines Autors, seiner Werke, seiner Intention, seines Stils, würden darunter leiden, wären praktisch nicht mehr vorhanden.
Ich räume ja ein, dass es bzgl. der Verträge, und dies betrifft eben auch wissenschaftliche Verlage, Diskussionsbedarf und eventuell Handlungsbedarf gibt. (siehe unten) Es ist aber nicht so, dass dies allein durch das geltende UrhG verursacht wird, sondern wiederum durch Vertragsrecht und Marktmacht.
Museen haben ihre Bestände über Jahrzehnte oder länger i.d.R. zusammen gekauft, bzw. sind im Laufe der Jahrhunderte aus privaten Sammlungen des Adels in den Staatsbesitz übergegangen. Und oft genug ist es dabei auch nicht korrekt zugegangen (Beutekunst, Enteignungen). Komplett oder Vollständigkeit ist die große Ausnahme.
Goethe hatte eine staatliche Anstellung und bekam obendrauf von Gönnern noch ein Salär. Deshalb ist er ja von Frankfurt nach Weimar gezogen. Kafkas Werke dagegen waren von Anfang an und dann bis 1994 vom Urheberrecht geschützt. Hegel hatte anfangs große finanzielle Probleme, so lange bis er Univertätsanstellungen gefunden hatte. Erst dann entstanden seine großen Werke und man findet sie eben in den Bibliotheken von Heidelberg und Berlin, die allerdings bis vor wenigen Jahrzehnten nicht der Öffentlichkeit zugänglich waren. Um vor über 100 Jahren Bücher lesen zu können, musste man nicht nur lesen gelernt haben, sondern sich auch Bücher leisten können. Andere Kunstwerke bekam die Öffentlichkeit gar nicht zu Gesicht, es sei denn sie sollten der Machterhaltung dienen, wie die allermeisten Denkmäler und Gebäude.
Sammlungen von Fotografien mit unbekannten Urhebern können trotzdem ausgestellt und zugänglich gemacht werden, das ist kein Problem. Es wird nur selten gemacht, weil dazu die Attraktivität fürs Publikum fehlt. Nur Namen, dazu möglichst große, garantieren Besucher. Zudem kann man sie keinem Gesamtwerk zuordnen.
Man darf diese Fotos allerdings nicht ohne Einwilligung des Urhebers kommerziell verwerten. Wo ist also das Problem?
Das Argument mit dem Bericht der Enquetekommision kann ich überhaupt nicht gelten lassen. Zum einen ist es irrelevant, wenn in einem 121 seitigen Bericht, der erst am Montag erschienen ist, irgendwo darin auf das Hindernis mit internationalen Verträgen hingewiesen wird, während Parteien und Interessenverbände in ihren Verlautbarungen,Anträgen und Forderungen so tun, als ob es sie gar nicht geben würde.
Zum anderen kommt die Kommission gerade in diesem Bericht zu dem Schluss, dass eine Verkürzung der Schutzfristen gar nicht nötig sei.
Wie bitte? Konservativ? Das Urheberrecht ist erst gerade (2003 und 2007) gerade hinsichtlich einer angemessenen Vergütung der Urheber reformiert worden. Bevor dies überhaupt richtig greifen kann, soll es schon wieder zum Schaden der Urheber verändert werden?