DIGITALE LINKE
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„Eigentum ist Diebstahl“ – oder: Digital Rights Management als Kommunismus!?

Peter Glaser, Schriftsteller, Journalist und Ehrenmitglied des Chaos Computer Club, hat unter dem Titel „Der große Tauschangriff“ in der  Berliner Zeitung ein Traktat über Kopierschutz, Kulturflatrate, Kommunismus und Urheberrecht im Digitalzeitalter veröffentlicht. Darin bringt er so einiges durcheinander und remixed es zu offenkundigem Nonsense – so wenn er schreibt:

„Im Widerspruch zu einem marktwirtschaftlich frei fließenden Datenstrom stehen die Einkapselungen der Inhalte in die Datenkäfige des Digital Rights Management (DRM). ‚Eigentum ist Diebstahl’ erhält auf diese Weise eine ganz neue Bedeutung, denn ginge es nach dem Willen von DRM-Falken, würde es ein Eigentum der Nutzer an digitalem Gut gar nicht mehr geben. Bücher, Musik, Filme, Spiele oder Software, die diesen neuen Beschränkungen unterliegen, kann man quasi nur noch ausleihen – wie ein Kolchosegerät. Bei einer solchen Neubewertung des Urheberrechts scheint es im Kern darum zu gehen, das Privateigentum abzuschaffen. Der Kommunismus ist an dem Versuch gescheitert. Soll der Idee nun mit den Mitteln des digitalen Kapitalismus doch noch zum Sieg verholfen werden?“

Die Phrase „Eigentum ist Diebstahl“ stammt bekanntlich von Pierre Joseph Proudhon. Der war nun Anarchist und – ob zu recht oder zu unrecht – von Karl Marx und Friedrich Engels sowie von dem sich auf letztere berufenden Realsozialismus nicht wohl gelitten. Das selbst Proudhon sich in seiner Kritik von 1840 („Qu’est-ce que la propriété?“) nicht gegen den individuellen Besitz wandte, mag hier dahingestellt sein. Nach Marx und Engels aber beruht Kapitalismus auf dem Privateigentum an Produktionsmitteln.

Mit „Eigentum der Nutzer an digitalem Gut“ – so Glaser – hat Privateigentum à la Marx und Engels nichts zu tun. Nach einem marxistischen Ansatz ist digitaler Kapitalismus denn auch etwas gänzlich anderes: So bezeichnet der US-amerikanische Kommunikationswissenschaftler Dan Schiller Kommunikation und Information – „die Gesamtheit der Produktion und der Verteilung von Botschaften“ – als „aufstrebende, generalisierte Form des Privateigentums“, die es im Prozeß der Ökonomisierung von Kommunikation und Information (= digitaler Kapitalismus) von den Konzernen anzueignen und zu sichern gilt:

„Jedoch steht bereits fest, dass Kommunikation und Information nicht länger ›nur‹ im ideologischen Raum zur Legimitation der bestehenden Produktionsweise wirken, sondern auch direkt zur Reproduktion des Kapitalismus auf erweiterter Stufenleiter beitragen. Sie sind zum wichtigsten Ort der Profitgenerierung geworden, beruhend auf den Gefilden von Lohnarbeit und Marktaustausch und diese zugleich erweiternd.“ (S. 236)

Wer sich allerdings wie Glaser – Grüne und Piraten – einen „marktwirtschaftlich frei fließenden Datenstrom“ herbeisehnt, zeigt nicht nur ein besonderes Ausmaß an Naivität, sondern hat auch die Revolutionierung der Produktivkraft infolge der Digitalisierung und somit die Grundlage des digitalen Kapitalismus nicht verstanden. Das ursprünglich auf Proudhon bezogene Diktum Friedrich Engels’ aus dem Jahr 1872/73 erscheint daher von erneuter Aktualität:

„Der Kleinbürger Proudhon verlangt eine Welt, in der jeder ein apartes, selbständiges Produkt verfertigt, das sofort verbrauchbar und auf dem Markt austauschbar ist; wenn dann nur jeder den vollen Wert seiner Arbeit in einem andern Produkt wiedererhält, so ist der ‚ewigen Gerechtigkeit’ Genüge geleistet und die beste Welt hergestellt.“ (Zur Wohnungsfrage)

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