DIGITALE LINKE
— Politik in der digitalen Welt! —
 

Bundesregierung schummelt erneut beim Internetsperrgesetz

Unter dem Titel „Guttenberg ärgert von der Leyen“ gab gestern Heribert Prantl in der SZ eine völlige Fehlinterpretation eines Vorgangs zum besten: Demnach bediene sich Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg „subtiler Trickserei“, indem er das umstrittene Gesetz zur Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet („Zugangserschwerungsgesetz“) zur Notifizierung an die EU-Kommission weiterleitete und nicht zur Ausfertigung an den Bundespräsidenten sandte. Prantl erkennt – leicht verklausuliert im Konjunktiv – darin „ein raffiniertes Vorgehen …, um den Gesetzgeber auszuhebeln“.

Das ist natürlich völliger Unsinn! Bereits am 11. Mai hatte Prof. Thomas Hoeren von der Universität Münster im beck-blog darauf hingewiesen, dass nach der EU-Transparenzrichtlinie eine Notifizierungspflicht für das Gesetzesvorhaben bestehe. Ihr war die Bundesregierung bis dato nicht nachgekommen, was nach Hoeren „einen groben Formfehler“ darstellte.

Nach einiger Zeit hat das Bundeswirtschaftsministerium diesen Fehler erkannt und – um das Gesetzesvorhaben europarechtlich nicht Scheitern zu lassen – schnell eine Fassung des am 18. Juni verabschiedeten Gesetzes nach Brüssel gesandt. Allerdings handelte es sich bei dem am 7. Juli hinterlegten Dokument nicht, worauf Thomas Stadler am 14. Juli auf internet-law hinwies, um den neuen, sondern den überholten alten Entwurf auf Basis von § 8a TMG.

Nachdem auch dieser erneute Fehler erkannt war, wurde schnell eine neue Version hinterhergeschoben. Die eingereichten Fassungen (mit teils merkwürdigen Datierungsangaben) finden sich zusammen mit einer Erläuterung des Vorgangs auf Alvar Freudes odem.blog dokumentiert. Freudes Eintrag stammt vom 31. Juli. Zwei Tage später veröffentlichte übrigens Jörg Tauss, vormals SPD, jetzt Pirat, sein diesbezügliches Protestschreiben an die Kommission im Netz.

Was lehrt uns das? Der vom Print-Journalismus vielgeschmähte Blog-Journalismus ist (um es höflich auszudrücken) offenbar besser als sein Ruf! Und: Wir dürfen gespannt sein, wie die EU-Kommission reagiert – und welchen Einfluß die Bundesregierung auf dieser Ebene geltend machen wird, um das Sperrgesetz auch dort durchzuschummeln.

Keine Kommentare mölich.