DIGITALE LINKE
— Politik in der digitalen Welt! —
 

Die GEMA und das Dreiklassenwahlrecht

Am Montag fand im Bundestag die öffentliche Sitzung des Petitionsausschusses zu den GEMA-Petitionen statt, von denen eine mehr als 106.000 Mitzeichner erfuhr. Thema war auch das fundamentale Demokratiedefitzit der Verwertungsgesellschaft: In den Gremien der GEMA werden zwei Drittel der Einnahmen durch 3000 ordentliche Mitglieder vertreten und ein Drittel der Einnahmen durch 34 (!) gewählte Delegierte. Und diese Mehrheitsverhältnisse sind es, die über Aufsichtsrat, Satzung und den Verteilungsplan der Einahmen entscheiden.

Die GEMA vertritt in Deutschland die Urheberrechte von nahezu 63.000 Mitgliedern (Komponisten, Textautoren, Musikverleger). Laut Satzung wird zwischen ordentlichen Mitgliedern, außerordentlichen Mitgliedern und angeschlossenen Mitgliedern unterschieden. Ordentliche Mitglieder sind solche, die in fünf aufeinanderfolgenden Jahren ein Mindestaufkommen von der GEMA in Höhe von 30.000 Euro (Komponisten, Textdichter) bzw. 75.000 (Musikverleger) bezogen haben. Der Erwerb der außerordentlichen Mitgliedschaft erfolgt auf Antrag. Sie stellt eine Vorstufe zur ordentlichen Mitgliedschaft dar und ist an den Nachweis einer bestimmten Anzahl an Werkveröffentlichungen gebunden. Angeschlossenes Mitglied schließlich wird jeder mit Unterzeichnung des Berechtigungsvertrages. Die angeschlossene Mitgliedschaft besitzt also jeder Berechtigte, der weder die Voraussetzungen der ordentlichen noch der außerordentlichen Mitgliedschaft erfüllt.

Stimmberechtigt in der Mitgliederversammlung sind automatisch alle ordentlichen Mitglieder. Ferner werden von den außerordentlichen und angeschlossenen Mitgliedern 34 Delegierte nach Berufsgruppen (Komponisten, Textdichter, Rechtsnachfolger, Verleger) gewählt. Sie besitzen ebenfalls Stimmberechtigung in der Mitgliederversammlung. Um die Dimension dieser Ungleichbehandlung im Stimmrecht aufzuzeigen: Zum 31.12.2007 wies die GEMA 3.026 ordentliche, 6.552 außerordentliche und 53.310 angeschlossene Mitglieder auf.

Aus Anlass von Petition und Ausschusssitzung hat der Vorstandsvorsitzende der GEMA, Harald Heker, nun eine Revision in der Binnenstruktur der Mitgliedschaft angekündigt. In einer Pressemitteilung erklärte er:

Die Petenten hatten in ihren Petitionen unter anderem zu hohe Tarife für Kleinkunstbühnen und kleinere Clubs beklagt. Darüber hinaus hatten sie eine Reform der GEMA in den Bereichen Lizenzierung, Abrechnung sowie in der Binnenstruktur der Mitgliedschaft gefordert. Hierzu haben Aufsichtsrat und Vorstand der GEMA für die kommende Mitgliederversammlung einen Antrag vorbereitet. Dieser schlägt eine Erhöhung der Anzahl der Delegierten von aktuell 34 auf 42 Personen vor. Die Delegierten sind aus den Reihen der angeschlossenen und außerordentlichen Mitglieder gewählte, in der Mitgliederversammlung stimmberechtigte Vertreter. Der Antrag beinhaltet auch, dass nur noch angeschlossene und außerordentliche Mitglieder mit einem festgelegten Mindestaufkommen Delegierte werden können. Das Mindestaufkommen bezieht sich auf die zwei Jahre, die der Wahl zum Delegierten vorausgehen, und soll bei EUR 1.000.- für Urheber bzw. bei EUR 2.000.- für Musikverleger liegen.

Eine wahrlich revolutionäre Erneuerung: 60.000 außerordentliche und angeschlossene Mitglieder sollen jetzt von 42 statt 34 Delegierten vertreten werden. Zudem wird für deren Wahl eine neue Hürde durch Einführung eines festgelegten Mindestaufkommens geschaffen. Das bestehende Zweiklassenwahlrecht wird somit zum Dreiklassenwahlrecht. Eine Demokratisierung in den Mitsprache- und Entscheidungsrechten ist das nicht. Das vordemokratische System GEMA erweist sich immer mehr als modernisierungsresistent.

[Siehe hierzu auch: Die GEMA und die Rechteverwertung im Netz.]

Ein Kommentar zu “Die GEMA und das Dreiklassenwahlrecht”

  1. […] hat zum Beispiel  die damalige Enquetekommission “Kultur” des Bundestages massiv die mangelnde Binnendemokratie in den Verwertungsgesellschaften […]