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EuGH-Entscheid gegen ein Filter- und Sperrsystem im Netz

Mitte April hatte EuGH-Generalanwalt Cruz Villalón in seinem Schlussantrag (wir berichteten) zum Rechtsstreit zwischen der Belgischen Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Verleger (Sabam) und dem Brüsseler Internetzugangsanbieter Scarlet Extended SA (C-70/10) die Errichtung eines Filter- und Sperrsystems im Netz als unzulässigen Eingriff in die Europäische Grundrechtecharta bezeichnet. Heute folgte der EuGH der Rechtsauffassung Villalóns und verkündete ein Urteil, das die Informationsfreiheit nachhaltig stärkt.

In seinem Urteil bestätigt der Gerichtshof – hier die offizielle Pressemitteilung – zwar, dass der Schutz des Rechts am geistigen Eigentum in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sei. Doch sei dieser nicht bedingungslos zu gewährleisten. Die Errichtung eines Filtersystems, dass sämtliche elektronische Kommunikation im Netz zur Ahndung von Urheberrechtsverletzungen überwacht, beeinträchtige die unternehmerische Freiheit des Internetzugangsanbieters. Und:

Darüber hinaus würden sich die Wirkungen dieser Anordnung nicht auf Scarlet beschränken, weil das Filtersystem auch die Grundrechte ihrer Kunden beeinträchtigen kann, nämlich ihre durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union geschützten Rechte auf den Schutz personenbezogener Daten und auf freien Empfang oder freie Sendung von Informationen. Zum einen steht nämlich fest, dass diese Anordnung eine systematische Prüfung aller Inhalte sowie die Sammlung und Identifizierung der IP-Adressen der Nutzer bedeuten würde, die die Sendung unzulässiger Inhalte in diesem Netz veranlasst haben, wobei es sich bei diesen Adressen um personenbezogene Daten handelt. Zum anderen könnte diese Anordnung die Informationsfreiheit beeinträchtigen, weil dieses System möglicherweise nicht hinreichend zwischen einem unzulässigen Inhalt und einem zulässigen Inhalt unterscheiden kann, so dass sein Einsatz zur Sperrung von Kommunikationen mit zulässigem Inhalt führen könnte.

Im vorliegenden Fall hatte die belgische Verwertungsgesellschaft vor einem heimischen Gericht eine Anordnung gegen den Internet Service Provider erwirkt. Diese hätte Scarlet gezwungen, zur Vermeidung von durch seine Kunden mittels Peer-to-Peer-Programmen begangene Urheberrechtsverletzungen den Datenverkehr zu filtern und gegebenenfalls zu blockieren.

2 Kommentare zu “EuGH-Entscheid gegen ein Filter- und Sperrsystem im Netz”

  1. […] Ohne den Urheber zu benennen, übernehmen Krings und Heveling kurzerhand dessen Interpretation zur EuGH-Entscheidung vom 24.11.2011 („Scarlet […]

  2. […] ohne Zustimmung der Verwertungsgesellschaft nutzten und weiterverbreiteten. Damit hat SABAM (wir berichteten) innerhalb kurzer Frist eine erneute Niederlage vor dem EuGH einstecken […]