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Gehaltsvergleich: Intendantenwettstreit bringt nicht alle Bezüge ans Licht

Die Intendantinnen und Intendanten der öffentlich-rechtlichen Rundfunksender hat ein regelrechter Wettstreit um die Offenlegung ihrer Bezüge erfasst. Nach Monika Piel (WDR) – wir berichteten – mit einem Jahresgehalt von 308.000 Euro und Dagmar Reim (RBB) mit einem Jahresgehalt von 220.000 Euro haben nun auch Lutz Marmor (NDR) und Peter Boudgoust (SWR) im Gehaltsvergleich nachgezogen. Marmor beziffert nach dem Bericht von Digitalfernsehen sein Jahresgehalt für 2009 auf 286.000 Euro, Boudgoust – derzeit auch ARD-Vorsitzenden – auf 273.000 Euro.

Offenbar wollen die Intendanten die Angelegenheit schnellstens hinter sich bringen, um einer längeren, kaum kontrollierbaren Debatte in der Öffentlichkeit zu entgehen. Dabei fällt auf, dass Piel – dazu gesetzlich veranlasst – auch eine erfolgsunabhängige Prämie in Höhe von 23.000 Euro, Sachbezüge für die Inanspruchnahme eines Dienstwagens in Höhe von 21.000 Euro sowie eine Zuführung in den Pensionsrückstellungen von 228.000 Euro ausweisen musste. Alles in allem machte das allein in 2009 ein Einkommen von 580.000 Euro brutto.

Diese zusätzlichen Annehmlichkeiten in den Intendantenverträgen lassen Piels Mitstreiter in ihren Transparenzbemühungen großzügig unter den Tisch fallen. Doch ist das beileibe längst nicht alles, was in den veröffentlichten Angaben nicht zum Vorschein kommt. Nach wie vor bleiben die Bezüge der Programmverantwortlichen aus paralleler Aufsichtsrats- und Gesellschaftertätigkeit in den kommerziell agierenden Beteiligungsgesellschaften der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten völlig im Dunkeln. Auch Piel ist nach dem novellierten WDR-Gesetz vom 8.12.2009 nicht gezwungen, diese auszuweisen. Dabei verzeichnet der WDR Geschäftsbericht 2009 für sie Mandate in folgenden Beteiligungsunternehmen:

  • Mitglied der Gesellschafterversammlung und Mitglied des Aufsichtsrats der WDR mediagroup GmbH
  • Mitglied der Gesellschafterversammlung der WDR Gebäudemanagement GmbH
  • Mitglied des Kuratoriums der CIVIS medien stiftung GmbH
  • Mitglied der Gesellschafterversammlung der WDR mediagroup digital GmbH
  • Mitglied der Gesellschafterversammlung Der Deutsche Fernsehpreis GmbH
  • Mitglied des Verwaltungsrats des Deutschen Rundfunkarchivs (DRA)
  • Mitglied der Gesellschafterversammlung und Mitglied des Aufsichtsrats der SportA Sportrechte- und Marketing-Agentur GmbH

Über das System öffentlich-rechtlicher Beteiligungsgesellschaften ist in finanzieller Hinsicht bislang kaum etwas bekannt. Der Aufsicht der Gremien entzogen, wird dieses auf öffentlichen Gebührengeldern beruhende Paralleluniversum von allen ARD-Landesrundfunkanstalten unterhalten, und herrscht, wie sollte es anders sein, auch beim ZDF. So ist ZDF-Intendant Markus Schächter zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrats der ZDF Enterprises GmbH, einer 100-prozentigen privatwirtschaftlichen Tochtergesellschaft des ZDF, und NDR-Intendant Lutz Marmor Vorsitzender des Aufsichtsrats der Studio Hamburg GmbH, einer 100-prozentigen Tochter der NDR Media GmbH, der er in Personalunion ebenfalls als Vorsitzender des Aufsichtsrats vorsteht.

Die Verquickungen zwischen öffentlich-rechtlich und privat lassen sich in ihrer Honorierung für die Protagonisten kaum auflösen. Nach privatwirtschaftlichen Maßstäben bemessen dürften insbesondere Mandate aus Aufsichtsrats- und Gesellschaftertätigkeit besonders lukrativ sein. Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder in sonstigen Gremien – Monika Piel beispielsweise ist ferner Vorsitzende des Verwaltungsrats von Deutschlandradio – dürften demgegenüber mit einer (geschätzt) niederen 5-stelligen Summe übers Jahr nur unwesentlich ins Gewicht fallen.

Übrigens: Beteiligungen von Beteiligungsgesellschaften eröffnen weitere Gestaltungs- und Verdienstmöglichkeiten. Monika Piel ist – im Geschäftsbericht nicht ausgewiesen – ebenfalls Vorsitzende des Aufsichtsrats der Bavaria Film GmbH, an der die WDR mediagroup GmbH 33,35 % hält.

Update:

Erik Bettermann (Deutsche Welle) bezieht nach Eigenangaben ein Jahresgehalt von 207.000 Euro, Helmut Reitze (HR) outet sich mit 215.000 Euro, Fritz Raff (SR) erhält 212.000 Euro (Angaben laut Digitalfernsehen und sueddeutsche.de).

3 Kommentare zu “Gehaltsvergleich: Intendantenwettstreit bringt nicht alle Bezüge ans Licht”

  1. Anonymous sagt:

    Aufgelesen und kommentiert 2010-08-16…

    Minus 0,9 Prozent im Einzelhandel: Umsätze sinken stärker als erwartet Kurzvideo: Du musst den Gürtel enger schnallen Zahl der Leiharbeiter wieder auf dem Rekord-Höchststand von 2008 Kein Boom: Konsum lahmt weiter Sinkende Beschäftigungszahlen: Wenige…

  2. Rudolf Fritz sagt:

    Aufklärend. Danke. Weiter so!

  3. Ecknös Zlots sagt:

    Wie wäre es wenn Wir ( wie bei wikileaks ) Infos zusammen tragen und es für Sie übernehmen, Ihre Gehälter und sonstige Zuwendungen für die die es bekommen (und manche auch verdienen) zuveröffentlichen ….
    Dann haben Sie keine Arbeit damit …
    Ist ja auch stressig und eine Zumutung sich drüber zurechtfertigen was und wer von der Allgemeinheit bekommt …

    Weiterhin wäre es ebenfalls Interessant welche Firmen und Institutionen Tochter und oder in Irgend einer weise zusammen gehörig sind …

    Würden Wahrscheinlich einige Fälle von Vorteilsnahmen etc. leichter nachzuvollziehen und aufzuklären sein …

    Für mehr Transparenz in der Öffentlichkeit (Ämtern Institutionen etc. )