DIGITALE LINKE
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Internet-Enquete: 18. Sachverständige bleibt außen vor

Der vom Bundestag eingesetzten Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ gehören 17 Mitglieder der Fraktionen (CDU/CSU 6, SPD 4, FDP 3, LINKE 2, GRÜNE 2) an und ebenso viele von den Fraktionen benannte Sachverständige. Als 18. Sachverständige wird gerne der Bürger benannt. Heute wurde dieser 18. Sachverständige auf einer nicht-öffentlichen Klausursitzung der Kommission von der weiteren Partizipation weitgehend ausgeschlossen. An der Arbeit der neu eingerichteten drei Projektgruppen Netzneutralität, Urheberrecht und Datenschutz, die zur Erleichterung der Kommissionstätigkeit eingesetzt wurden, darf der Bürger nicht teilhaben.

Mit den Stimmen – soweit nicht anders benannt, jeweils Mitglieder und Sachverständige –  von CDU/CSU, FDP und SPD (letztere war zu diesem Zeitpunkt nur noch mit dem Mitglied Lars Klingbeil vertreten) sowie gegen die Stimmen von DIE LINKE und GRÜNEN (letztere enthielten sich zunächst, riefen dann aber noch Nein) und bei Enthaltung der (beiden verbliebenen) Sachverständigen der SPD wurde die Öffentlichkeit von den Sitzungen der Projektgruppen ausgeschlossen. Dabei obliegt den Projektgruppen die so wichtige inhaltliche Arbeit und die Erstellung thematischer Zwischenberichte.

Zwar wurde auch beschlossen, dass in den Projektgruppen keine Abstimmungen vorgenommen werden, sondern diese der öffentlich tagenden Gesamt-Enquete vorbehalten bleiben. Doch wurde gleichzeitig die Zusammensetzung der Projektgruppen nach dem im Bundestag angewendeten Sitzverteilungsschlüssel CDU/CSU 4, SPD 2, FDP 1, LINKE 1, GRÜNE 1 (Verfahren Sainte-Laguë/Schepers) festgelegt. Es ist daher vorauszusehen, dass die eigentliche Arbeit in den Projektgruppen hinter verschlossenen Türen erfolgt und der 18. Sachverständige darüber nachträglich nur im Resultat und in Schaufensterreden der öffentlich tagenden Gesamt-Enquete erfährt. Eine Grundvoraussetzung für Partizipation und Transparenz wurde so im Vorfeld geschliffen.

Zur Erbauung nachfolgend ein kleines Requiem auf den 18. Sachverständigen:

Mit dieser Enquete-Kommission wollen wir einen mutigen Schritt zu einer breiten Bürgerbeteiligung wagen. Es gilt, den Kreis der 17 Sachverständigen um ein weiterer Experten zu erweitern: Der Bürger soll als 18. Sachverständiger eine zentrale Rolle in der Arbeit dieser Kommission einnehmen. [Michael Kretschmer (CDU), 4. März 2010]

„Der 18. Sachverständige kann bei uns teilhaben“, sagte Manuel Höferlin in Anspielung auf die 17 Experten, die offiziell an der Kommission beteiligt sind. Für ihn ist es unabdingbar, beim Thema Netzpolitik den Input und das Wissen der Community zu nutzen. Damit werde eine neue Transparenz und Bürgernähe in der Arbeit des Bundestags geschaffen. [Manuel Höferlin (FDP), 4. März 2010]

Für uns ist der Bürger der 18. Sachverständige unserer Enquete-Kommission. [Blog der CDU-Fraktion, 2. April 2010]

Das Bekenntnis zu einem 18. Sachverständigen darf kein Lippenbekenntnis bleiben. Die SPD-Fraktion fordert eine radikale Öffnung der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, bei der nicht die Präsentation, sondern die Partizipation im Mittelpunkt steht. [Lars Klingbeil (SPD), 20. April 2010]

4 Kommentare zu “Internet-Enquete: 18. Sachverständige bleibt außen vor”

  1. Anonymous sagt:

    Aufgelesen und kommentiert 2010-05-17…

    NRW-Umfragen: Mehrheit der Bürger für Rot-Rot-Grün Kampagne gegen Rot-Rot-Grün in NRW (Teil 3) Interview mit Sahra Wagenknecht Halbe Million Menschen betroffen: Ein Leben ohne Bankkonto Naturschutzbund NRW schlägt vor, den landeseigenen Wald zu privat…

  2. Rainer Hohn sagt:

    Tja, meine lieben Freunde von Linken,
    wenn ihr endlich verstehen würdet, wie Demokratie und nicht gespielte „Volksdemokratie“ funktioniert, dann würdet ihr auch kapieren, dass sich auch bei dieser Enquete der Wählerwille der letzten Bundestagswahl widerspiegeln muss. Und da waren die Linken eben nicht so richtig stark vertreten. Also jammert nicht.
    Im Übrigen war von Anfang daran gedacht, die Öffentlichkeit durch Tools mit einzubeziehen (Wiki, Blog, Fragen etc.) Aber wie bitte soll die Öffentlichkeit auch an den Sitzungen von einzelnen Arbeitsgruppen teilnehmen?? Das ist doch völlig absurd, so etwas zu fordern. Die Öffentlichkeit soll sich beteiligen, jawohl. Aber doch bitte auf den o.g. Wegen. Sonst kann man das ganze Projekt doch gleich in die Tonne treten, weil kein Mitglied mehr vernünftig arbeiten kann.
    Oder will die Linke mittels ihrer gesteuerten Öffentlichkeit hier die demokratische Spielregeln und das Mehrheits/Minderheitsprinzip aushebeln? Das wäre zutiefst undemokratisch und würde vom größten Teil der Öffentlichkeit nicht akzeptiert werden. Haltet euch an die Spielregeln und bringt sinnvolle Themenvorschläge ein!

  3. Peter M. sagt:

    Nun, da gehts jetzt um die Inhalte und schon ist die Öffentlichkeit draußen. Die Diskussionen zu Netzneutralität, Urheberrecht, Datenschutz werden nicht gestreamt. Welche Argumente von wem in die Debatte eingebracht werden, soll die Öffentlichkeit nicht erfahren. Klar, sowas geht auch gar nicht. Wo kämen wir hin. Gelenkte Öffentlichkeit ist keine Öffentlichkeit.
    [Kommentar wurde nach Rücksprache mit dem Autor in „keine Öffentlichkeit“ geändert. Red.]

  4. […] in den Projektgruppen Netzneutralität, Urheberrecht und Datenschutz auszuschließen (wir berichteten), haben die Obleute auf ihrer gestrigen Sitzung nach dem entsprechenden Mehrheitsmuster nun […]