DIGITALE LINKE
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IT-Gipfel: Bundesregierung ohne klare Linie in der Netzpolitik

Heute findet in Stuttgart der Vierte Nationale IT-Gipfel der Bundesregierung – einschließlich Livestream – statt. Im wesentlichen ist das ein Schaulaufen von Lobbyverbänden und Regierungsvertretern. Verhandelt werden vor allem vom Staat subventionierte Großvorhaben für die IKT-Industrie. Das Internet selbst wird lediglich als Wirtschafts- und Nebenthema aufgegriffen. Datenschützer, Netzaktivisten und andere sind nicht eingeladen. Eine breite Debatte über die Freiheit des Internet und die Überwindung der digitalen Spaltung findet nicht statt.

Nun hat ausgerechnet Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) den IT-Gipfel zum Anlass genommen, auf die Internet-Community zuzugehen. In einem heute in der „Welt“ veröffentlichten Essay mit dem Titel „Mit Netz und doppeltem Boden“ schreibt er:

„Am 8. Dezember findet in Stuttgart der vierte Deutsche IT-Gipfel der Bundesregierung statt. Dieses Forum sollten wir nutzen, um die drängenden Fragen nach der Verantwortung für Freiheit und Schutz der Bürger im Internet zu stellen. Der IT-Gipfel kann nur ein Anstoß für diese fällige Debatte sein. Ich werde schon sehr bald Vertreter aus Zivilgesellschaft, Verbänden, Netzgemeinschaft und Wissenschaft zur Diskussion einladen. Ziel unserer Bemühungen sollte es sein, die Freiheit und Sicherheit der Bürger auch im virtuellen Raum zu gewährleisten, das Vertrauen in das Internet zu erhalten, seine Potenziale für Gesellschaft und Demokratie zu erschließen und gute Rahmenbedingungen für Innovationen zu befördern.“

Und: „Ein substanzieller Dialog kann nur in Gang kommen, wenn die Beteiligten bereit sind, aufeinander zuzugehen und einander zu vertrauen. Die Gräben zwischen Staat und Teilen der Netzgemeinschaft sind unübersehbar, aber nicht unüberbrückbar. Angstmachen gilt nicht: Wir steuern auf keinen Abgrund zu. Wir steuern auch nicht auf eine Welt zu, in der es dem freiheitlich verfassten Staat darum ginge, das Internet zu erobern, zu zensieren und umfassend zu kontrollieren. Unsere freiheitliche Gesellschaft braucht freie und sichere Kommunikation im Internet. Dies sicherzustellen ist eine Aufgabe des Staates. Im Dialog mit der Netzgemeinschaft will ich diese Aufgabe angehen.“

Interessant ist in diesem Zusammenhang seine Aussage, Sicherheit im Internet könne „nicht alleine mit den Mitteln des Straf- und Ordnungsrechts“ erreicht werden. Erstens hatte er noch im Wahlkampf ganz anderes, nämlich schärfere Regeln für das Internet gefordert (wir berichteten). Zweitens hat ihm darin heute ausgerechnet seine Kabinettkollegin Ilse Aigner (CSU) widersprochen.

Laut Nachrichtenbericht von Reuters warnte beklagte die Bundesverbraucherschutzministerin vor dem IT-Gipfel davor, dass Online-Kriminalität „als minderschwere Straftat eingestuft“ werde, die die IT-Branche stärker gefährde als die Wirtschaftskrise. Zugleich wiederholt sie die Leier vom Internet als vermeintlich ‚rechtsfreiem Raum’, den der Staat nicht dulden dürfe:

„Kritik äußerte Aigner an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Internetdaten von Verdächtigen nur bei schwersten Straftaten herauszugeben. ‚Angesichts dieser Restriktionen muss sich der Staat fragen, ob er Gefahr läuft, einen rechtsfreien Raum zu schaffen“, sagte Aigner.“

 Somit stellt sich die Frage: Was gilt nun? Eine klare Linie in der Netzpolitik sieht anders aus!

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