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Netzneutralität und Deep Packet Inspection: Ein frisiertes Bundestagsprotokoll der Bundesnetzagentur

Wie sich die Bundesnetzagentur in Sachen Netzneutralität blamiert, davon war anlässlich des Auftritts von Cara Schwarz-Schilling in einem Fachgespräch des Unterausschusses Neue Medien des Deutschen Bundestages an dieser Stelle bereits die Rede. Nun wurde das Wortprotokoll (pdf) der Veranstaltung veröffentlicht. Ein Vergleich mit dem tatsächlich gesprochenen Wort (Videostream) zeigt, dass die Aussagen der Leiterin des Referats Grundsatzfragen der Internetökonomie in der Bundesnetzagentur im Nachhinein in erheblichem Maße frisiert wurden.

Sichtbar wird dies anhand zweier Beispiele.

Vorher I:

DPI ist in der Tat ein Thema für Herrn Schaar. Ich meine, das ganze Internet ist ein Thema für Herrn Schaar, weil letztlich das Internet-Protokoll so aufgebaut ist, dass sie da in den Header reingucken müssen, und wie weit sie in dieses Paketchen reingucken, dass, ich meine, das ist – also de facto, das wissen wir ja alle, das wird auch jedem gesagt, E-Mail ist öffentlich wie eine Postkarte. Also Netzbetreiber können in die Pakete reingucken. Wie weit sie in die reingucken, das ist schwierig zu sagen. (Videostream, Min. 47:18–47:53)

Nachher I:

Das Thema Deep Packet Inspection, das Herr Höferlin angesprochen hat, ist meines Erachtens eines für den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar. Das Internetprotokoll ist so aufgebaut, dass der Router in den Header gucken muss. Prinzipiell können die Router aber auch tiefer in das Paket hineinsehen, weshalb eine E-Mail öffentlich und einsehbar ist, wie eine Postkarte. Es ist eine Tatsache, dass Netzbetreiber in die Pakete hineinsehen können und dass dies auch zum Routing erforderlich ist, ebenfalls. Fraglich ist, wie weit sie hineinsehen und wie die Deep Packet Inspection sinnvollerweise definiert werden müsste. (Wortprotokoll)

Die ursprüngliche Rede wurde hier sowohl in Einzelheiten verändert, als auch durch die Einfügung eines neuen Halbsatzes „wie die Deep Packet Inspection sinnvollerweise definiert werden müsste“ in ihrem Gehalt verfälscht. Ähnliches gilt für das zweite Beispiel, in dem zusätzlich Wertungen („wichtiges Thema“) und gänzlich neue Sätze („Die schwer zu beantwortende Frage ist: Ab wann ist Packet Inspection ‚deep’?“) hinzugefügt sowie Zuschreibungen („passendsten“ statt „schnellsten“) geändert wurden.

Vorher II:

Ich glaube, der Herr Jamborzek hat im Grunde das Thema da aufgegriffen, das durchaus … Die Frage ist, wie dieses Management passiert, ob das agnostisch passiert oder ob das nicht agnostisch passiert. Sozusagen, die, die Router, die gucken überall in die Pakete rein und die gucken vielleicht auch tiefer in die Pakete rein, aber die vergessen im Grunde wieder, was sie gesehen haben, also die nehmen dann im datenschutzrechtlichen Sinne – sozusagen – die gucken nicht auf den Inhalt, sondern die gucken auf Verkehrscharakteristika und die sind dafür da, – den schnellsten –, den schnellsten Weg zu finden. Insofern – da müssen sie mir jetzt auch, da müssen sie jetzt auch meinen, also ich bin keine Informatikerin und ich bin auch keine Technikerin. Ich versuche auch, mich diesem Thema so gut ich kann zu nähern. Es ist sicher so, dass diese Verkehrsmanagement-Maßnahmen und Blockierungen in irgend einer Form erfordern, dass man weiter in die Pakete reinguckt als nur in den Header, sonst können sie gar nicht identifizieren, was sie da für eine Anwendung haben. (Videostream, Min. 53:13–54:20)

Nachher II:

Ich glaube, Herr Abg. Jarzombek hat ein wichtiges Thema aufgegriffen. Das Verkehrsmanagement an den Routern des Internet erfolgt ohne Ansehen der Anwendung. Die Router können zwar in den Inhalt der Pakete schauen, nehmen aber im datenschutzrechtlichen Sinne nicht den Inhalt des Endkunden in den Blick, sondern schauen lediglich auf bestimmte Merkmale, um den passendsten Weg zur Weiterleitung zu finden. Router vergessen nach Weiterleitung der Pakete sozusagen tatsächlich wieder, was sie im einzelnen Paket gesehen haben.

Die schwer zu beantwortende Frage ist: Ab wann ist Packet Inspection „deep“? Selbstverständlich erfordern Verkehrsmanagementmaßnahmen, die auf bestimmte Anwendungen zielen, dass diese dabei auch identifiziert werden. (Wortprotokoll)

Zwar ist das Wortprotokoll als redaktionell überarbeitete Abschrift der Tonaufzeichnung gekennzeichnet, und ist es Usus, ein solches vor Veröffentlichung dem Redner – in diesem Falle Schwarz-Schilling – zur Prüfung vorzulegen. Doch wird nicht mitgeteilt, in welchem Ausmaß hier redigierend eingegriffen wurde.

Dabei sind entsprechende Vorschriften – zumindest im Falle von Plenarprotokollen – eindeutig. Hier haben die Rednerinnen und Redner ebenfalls das Recht, die Niederschrift ihrer Aussagen zu überprüfen, bevor die Protokolle gedruckt und damit verbindlich gemacht werden. Die Geschäftsordnung des Bundestages allerdings bemerkt dazu: „Die Korrekturen dürfen jedoch die ursprünglichen Reden weder insgesamt noch in Einzelheiten verändern, schon gar nicht verfälschen.“

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