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Wie Kurt Beck die SPD im ZDF absichern will

„Vier Eckpunkte für eine Veränderung des ZDF-Staatsvertrages“ hat Kurt Beck vorgelegt. Diese Vorschläge seien mit den anderen SPD-Ministerpräsidenten – Matthias Platzeck (Brandenburg), Erwin Sellering (Mecklenburg-Vorpommern), Jens Börnsen (Bremen) und Klaus Wowereit (Berlin) – , der Partei sowie der Bundestagsfraktion abgestimmt. Prompt begrüßte das ZDF Becks Vorschläge, da mit Becks Initiative das Thema rasch auf die politische Tagesordnung genommen werde. So ZDF-Sprecher Alexander Stock.

Kurt Beck will, dass die Regeln für die Auswahl des Chefredakteurs geändert werden. Bislang braucht der Intendant für seinen Vorschlag eine Drei-Fünftel-Mehrheit im Verwaltungsrat. In Zukunft soll der Verwaltungsrat nur mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit den Vorschlag des Intendanten ablehnen können.  Zudem sollen die gesellschaftlich-relevanten Organisationen in Zukunft ihre Mitglieder im ZDF-Fernsehrat selbst bestimmen dürfen.  Bisher mussten diese Organisationen dem jeweiligen Ministerpräsidenten drei Personalvorschläge auf den Tisch legen, aus denen dann dieser eine Person auswählen konnte.

Daneben soll die Bundesregierung keinen Vertreter mehr im ZDF-Verwaltungsrat haben. Die Zahl seiner Mitglieder würde sich auf 13 reduzieren. Die Zahl der Vertreter des Bundestages soll von 12 auf sechs reduziert werden. Auch die Zahl der Vertreter der Bundesregierung im Fernsehrat soll von drei auf einen Vertreter reduziert werden. Somit würde die Zahl der Mitglieder des Fernsehrates von 77 auf 69 sinken.

Ja, der Staats- und Parteieneinfluss wird auf den ersten Blick reduziert. Doch ändert sich viel, wenn die Verbände ihre Vertreter selbst bestimmen? Werden die Verbände, die zumeist von ihrer Regierung finanziell abhängig, da auf Zuweisungen angewiesen sind, nicht von sich aus den entsenden, den ein Ministerpräsident wünscht? Und werden nicht die Verbandsvertreter weiterhin so abstimmen, wie es sich die entsendende Regierung wünscht?

Es ist auch zu fragen, wie die sechs Vertreter des Bundestages in Zukunft bestimmt werden sollen? Wenn der Bundestag wie bisher seine Vertreter nach dem Stärkeverhältnis der Parteien entsendet, dann bekämen die CDU drei, die SPD zwei und die FDP einen Platz. Grüne und Linke gingen leer aus. Ist dies Becks Ziel? Müsste nicht gesichert sein, dass jede im Bundestag vertretene Partei mindestens einen Platz erhielte. (Dies würde auch ausreichen.) Unverständlich ist, was das Veto mit Drei-Fünftel-Mehrheit soll. Ein solches Veto ist vollkommen unüblich. Zudem bietet es der SPD bei der gegenwärtigen Konstellation im ZDF-Verwaltungsrat die Chance, das rot-schwarze Muster bei der Besetzung von Posten weiter durchzusetzen – wenn sie sich vorab mit der CDU einigt.

Die Staatsferne kann man nur garantieren, wenn Vertreter der Exekutive keinen Platz im Verwaltungsrat haben. Doch an dessen Zusammensetzung will Kurt Beck nicht rütteln. Dabei wäre es gar nicht so schwierig. Wie bei anderen Sendern auch braucht man nur zwei Regeln einzufügen: Erstens müssen alle Verwaltungsratesmitglieder durch den Fernsehrat gewählt werden. Zweitens schließt man aus, dass Vertreter der Exekutive in den Verwaltungsrat dürfen. Doch bisher soll nur der Vertreter des Bundes, derzeit CDU-Kulturstaatsminister Neumann, das Gremium verlassen.

Real laufen Becks Vorschläge also darauf hinaus, die kleineren politischen Konkurrenten zu beschneiden und der CDU Plätze im Verwaltungsrat und Fernsehrat zu nehmen.

Die Grünen meinen, dass Kurt Beck nur eine Klage verhindern will, um den letzten Einfluss der SPD im ZDF zu retten. Bei der Reform des Staatsvertrages habe er alles in der Hand, könne die Regeln bestimmen. Dies ginge nach einem Gerichtsurteil nicht mehr. Denn dann würde man klare Auflagen erhalten.

Kurt Beck meint, er könne nicht klagen, da dann ja die Länder gegen sich selbst klagen würden. Allerdings wurden die Grundlagen des ZDF-Staatsvertrages vor über 45 Jahren erarbeitet, die jetzigen Politiker waren nicht dabei, die ostdeutschen Bundesländer gab es damals noch nicht. Veränderungen an dem Staatsvertragswerk sind nur einstimmig möglich.

Der DJV bringt es auf einen anderen Punkt:

„Becks Vorschläge gehen am eigentlichen Problem vorbei, das in den Eingriffsmöglichkeiten des Verwaltungsrats in die Programmabläufe beim ZDF besteht“,

so der DJV-Vorsitzende Michael Konken. Für ihn ist die notwendige Klarheit

„nur über ein Normenkontrollverfahren beim Bundesverfassungsgericht zu erzielen.“

Rüdiger Heimlich bezweifelt im Kölner Stadtanzeiger, dass „der ZDF-Verwaltungsrat damit auch eine „zweifelsfreie Staatsferne“ erhält, da nach Becks Vorschlag … „die Ministerpräsidenten weiterhin im ZDF-Verwaltungsrat“ blieben. Ein Gang nach Karlsruhe könnte „mehr ändern, als der SPD lieb ist“, schreibt Claudia Tieschky in der Süddeutschen Zeitung und spricht von einem „Staatsschauspiel“.

„Wenn es so kommt, würden alle Parteien im ZDF Macht einbüßen. Aber manche haben schon jetzt weniger zu verlieren, auch das gehört zum Schicksal der SPD.“

Steffen Grimberg (taz) fällt auf, dass der Landespolitiker Beck vor allem den Einfluss der Bundespolitiker beim ZDF schmälern möchte. An seinen Posten geht er nicht ran.

„Ein in der Partei nicht mehr allzu mächtiger Landesvater wie Kurt Beck will sich und den Ländern wenigstens beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch Einfluss sichern. Beck sitzt dem ZDF-Verwaltungsrat vor, sein Staatssekretär Martin Stadelmaier ist im ZDF-Fernsehrat – und Beck möchte gerne, dass das so bleibt. Darum scheut er den Gang nach Karlsruhe“,

so Grimberg am Sonnabend. Dabei hat er wohl auch schon die SPD-Bundestagsfraktion an seiner Seite, die sich schon positionierte, bevor sich die SPD-Medienkommission äußerte. Steffen Grimberg:

„Während die SPD-Medienkommission noch trotzig tönt, man werde sich alle Optionen offenhalten, macht die Bundestagsfraktion der SPD die Kakophonie perfekt. Noch bevor sich die Medienkommission der Partei überhaupt ernsthaft mit dem Thema beschäftigt hat, erklärt der Parlamentarische Geschäftsführer schon mal, man habe auf eine Klage in Karlsruhe eigentlich gar keine Lust.“

Daland Segler (Frankfurter Rundschau) erkennt nur ein Reförmchen.

„Aber ein paar Politiker weniger im Fernsehrat machen kaum einen Unterschied, zumal da die Vertreter der Verbände oft, sehr oft ein Parteibuch haben.“

Daland Segler weißt auf den Widerspruch hin, dass Kurt Beck „glaubt“, „dass sich die unionsgeführten Länder diesen Vorschlägen anschließen werden.“ In der Berliner Zeitung zitiert er Kurt Beck zu „den Chancen einer Verwirklichung seiner Ideen“, dass er (Kurt Beck) in anderen Bereichen immer wieder erlebt habe, dass nach Verhandlungen „verantwortliche Ergebnisse“ erreicht worden seien.

„Im übrigen seien vielleicht Teile der Union nicht unglücklich, aus der „Zwickmühle“ herauszukommen. Womöglich war dem Mainzer Regierungschef ein Gefühl bei der Union aufgefallen, das man woanders in der Republik nicht bemerkt hatte?“

Es ist wohl kaum zu glauben, dass sich die CDU Becks Vorschlägen anschließen wird.

Aus Roland Kochs Staatskanzlei hieß es am Freitag laut Kölner Stadtanzeiger, Beck werde der Rundfunkkommission der Länder

„mehr vorlegen müssen als eine doch sehr vordergründig auf tagespolitische Wirkung angelegte Reaktion“.

Damit hat man wohl doppelt recht. Und man sieht, dass Kurt Becks Glaube in diesem Falle anscheinend nicht weiter hilft.

Becks Vorschläge sollen erst im Februar mit den CDU-regierten Ländern diskutiert werden.

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