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Wie man Gebührenzahler nicht gewinnt

Die Kommission zur Ermittlung der Finanzen (KEF) hat in ihrem 17. Bericht festgestellt. dass in manchen Regionen immer weniger Bürgeinnen und Bürger die Rundfunkgebühr bezahlen. In manchen Vierteln der Großstädte seit das Problem massiv. Bis zu 30 Prozent der Haushalte würden in Berlin, Frankfurt am Main oder München keine Rundfunkgebühren mehr bezahlen. Es gebe, stellt der aktuelle Bericht der KEF fest, eine zunehmende Verweigerungshaltung. Die ARD habe aufgrund des sinkenden Sozialprestiges immer mehr Probleme, Gebührenbeauftragte zu finden. In manchen Gebieten sei niemand bereit, diese Aufgabe zu übernehmen. Die KEF fordert nun, dass die ARD-Anstalten hier tätig werden, dem entgegensteuern. Man könne die Entwicklung nicht einfach so hinnehmen, wenn die Gebührengerechtigkeit gewahrt bleiben solle.

Nun, die wenigsten wissen, dass sie die Rundfunkgebühr bezahlen müssen, sobald sie ein „Rundfunkempfangsbgerät bereithalten“. Die meisten meinen, sie würden für ARD und ZDF bezahlen. Was ja faktisch auch stimmt.

Doch nicht nur die Akzeptanz der Rundfunkgebühr sinkt, sondern auch die Akzeptanz der Programme, die Legitimation von ARD und ZDF – und dies insbesondere bei jungen Leuten.
ARD und ZDF erreichen im Schnitt nur noch 5 bis 6 Prozent der 14 bis 49jährigen. RTLaktuell läuft in dieser Altersgruppe der Tagesschau und heute den Rang ab. Nun haben Sendungen wie die Reality-Doku „Big Brother“ auf RTL2 oder die ProSieben-Show „TV total“ den Ruf, nicht die intelligentesten Zuschauer zu haben. Den öffentlich-rechtlichen Programmen wird hingegen eine gewisse Bildungsaffinität nachgesagt. Das stimmt jedoch auch nicht. Wie die Gesellschaft für Konsumforschung ermittelte und welt.de berichtete, haben 56 Prozent der Raab-Zuschauer einen Abschluss an weiterführenden Schulen, Abitur und einen Universitätsabschluss. Frank Plasberg hat bei seinen Zuschauern mit „Hart aber Fair“ 48 Prozent mit einem solchen Bildungshintergrund. Selbst die RTL2-Reality-Soap „Big Brother“ liegt vom Bildungsniveau der Zuschauer her gesehen mit 47 Prozent knapp hinter dem Polit-Talk „Hart aber fair“.

ARD und ZDF gehen die Zuschauer abhanden und schwimmen die Argumente davon. Joachim Huber schreibt im Tagesspiegel von einem „Senioren-Graben“. Dieser vertiefe sich von Jahr zu Jahr. Und weiter: „Da wird keine Online-Offensive, da wird kein „Tagesschau“-App helfen, Fernsehen wird im Fernsehen entschieden. … Die Verweigerung der Zahlung folgt aus der Verweigerung der Nutzung. Ein Rätsel, wie das Gebührenfernsehen seine Zukunft gewinnen will.“
Und so reicht es nicht aus, darauf zu verweisen, dass man auch im Internet sei, man dort auch die Angebote nutzen könne. Im Netz gibt es eine andere Kultur. Viele wollen dort nur nutzen, was kostenlos ist. Wer hier versucht eine Zwangsabgabe durchzusetzen, kann zwar erst einmal finanzielle Mittel gewinnen. Doch die wiegen die Rufschädigung nicht auf. Wenn ARD und ZDF Gebühren für das Internet durchdrücken lassen, dann werden auch die Buchverlage sowie die Musikindustrie ihre Flatrate bekommen. Die Folge: Dann kostet allein der Internetzugang 30 oder 40 Euro im Monat. Wird der Staat dann diese Kosten für Hartz IV Empfänger übernehmen? Muß dann also der Hartz-IV-Satz um die Rundfunkgebühr und etwaige staatliche verordnete Kulturflatrates erhöht werden? Der Staat muss dann zahlen, wenn er nicht riskieren will, dass diese finanzielle Zugangsschranke gerichtlich gestoppt wird. Falls das Bundesverfassungsgericht der Argumentation des Verwaltungsgerichts München folgt, ist jedoch eine finanzielle Zugangschranke zum Internet mit der Informationsfreiheit nicht zu vereinbaren. In der Sprache des Gerichts heißt es: Es ist „mit Blick auf die Informationsfreiheit außerdem nicht gerechtfertigt, den Zugang zu den weltweiten Informationen im Internet von der Entrichtung einer Gebühr abhängig zu machen, die ausschließlich der Finanzierung Dritter – nämlich insbesondere der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten – dient.“

2 Kommentare zu “Wie man Gebührenzahler nicht gewinnt”

  1. H.-P. Kraus sagt:

    Hallo Herr Hilker, wie passen die Erkenntnisse dieses Artikels mit der Idee der sächsischen Linken zusammen, die Rundfunkgebühr zu einer allgemeinen Abgabe (Steuer) umzubauen? Da haben Sie nicht nur das Problem, dass öffentlich-rechtliche Sender von vielen ignoriert werden, Sie haben auch – wenn man den Zahlen des Stat. Bundesamtes und der GEZ glauben darf – das Problem mit 2 Millionen Haushalten, die kein TV-Gerät haben. Und da Sie hier ein Verwaltungsgericht zitieren, es gibt inzwischen einige Verwaltungsgerichte, die entschieden haben, dass die bloße Zugangsmöglichkeit zum Rundfunk (via Internet) nicht reicht, um eine Gebühr zu rechtfertigen. Es muss die konkrete Nutzung nachgewiesen werden. Das widerspricht der zentralen Begründung für die allgemeine Abgaben-Idee, die von dem Standpunkt ausgeht, dass nur die Zugangsmöglichkeit für praktisch 100% der Bevölkerung ausreicht.

  2. Heiko Hilker sagt:

    Nun, lieber Herr Krauss, wie die Sächsische LINKE trotz vorliegender Erkenntnisse zu Ihrem Konzept gekommen ist und welche Interessen und Ziele sie damit verfolgt, müssen Sie sich aber von der sächsischen Linken und deren medienpolitischen Sprecher, Falk Neubert, beantworten lassen.