DIGITALE LINKE
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EU-Kommission will Digitalisierung von Büchern vorantreiben

Ausgerechnet die EU-Kommission sieht nachahmenswerte Regelungen im Google Book Settlement (GBS). In einer Erklärung der Kulturkommissarin Reding und ihrer Wettbewerbskollegin McCreevy wird bemängelt, dass es in Europa keine adäquate Lösung zur Vergütung der AutorInnen analog dem GBS gebe. Die EU-Kommission führe umfangreiche Gespräche, um entsprechende Anpassungen des Urheberrechts voranzubringen. 90 Prozent der Bücher in den Nationalbibliotheken seien so genannte verwaiste und vergriffene Werke, die „aus der Versenkung geholt und zu neuem Leben erweckt werden“ müssten. Und die beiden Kommissarinnen wollen einen „kritischen Blick auf das Urheberrechtssystem werfen, das wir derzeit in Europa haben.“: „Ist der gegenwärtige Rahmen noch geeignet für das digitale Zeitalter? Werden die heutigen Regeln den Verbrauchern in ganz Europa den Zugriff auf digitale Bücher ermöglichen? Werden sie den Autoren eine gerechte Bezahlung garantieren? Werden sie europaweit gleiche Ausgangsbedingungen für die Digitalisierung sichern oder ist die Uneinheitlichkeit zwischen den einzelnen Ländern noch zu groß? Wie könnte der Beitrag von Europeana, Europas digitaler Bibliothek, aussehen, wenn es um die europäische Reaktion auf Digitalisierungsbestrebungen auf anderen Kontinenten geht? Ist Europas Urheberrechtsrahmen modern genug, um die Digitalisierung verwaister und vergriffener Werke zu ermöglichen?“ Die EU-Kommission wäre nicht sie selbst, wenn sie nicht private Interessen im Sinn hätte. Und so schwebt den beiden Kommissarinnen eine Public-Private-Partnership (PPP) zur Umsetzung einer umfassenden Digitalisierung vor. In den nächsten Wochen soll es Gespräche mit Wirtschafts- und Autorenverbänden zum Google Book Settlement, aber auch zur Umsetzung der europäischen Buchdigitalisierung in Zusammenarbeit mit Privaten, wahrscheinlich Google selbst, geben.

Der Börsenverein des deutschen Buchhandels sieht denn auch seine Felle wegschwimmen. Dessen Vorsteher Honnefelder griff die EU-Kommission  in einer Erklärung scharf an. „Nur der beste Schutz des Urhebers garantiert langfristig auch die Entstehung und Veröffentlichung der besten Inhalte.“ Übersehen hatte Honnefelder wohl, dass auch die Kommissarinnen eine überfällige Vergütungsregelung für die AutorInnen anstreben. Die Verlage hingegen wollen das Recht auf Nichtveröffentlichung und wollen besonders Google nicht im Bunde mit den steuerfinanzierten Bibliotheken: „Der Staat missbraucht diese Steuergelder, wenn er eine Monopolbildung unterstützt, indem er einer kommerziellen Suchmaschine das exklusive Recht gibt, gemeinfreie Bücher aus dem Bestand der Bibliotheken im Internet zugänglich zu machen“ sagte Honnefelder. Die Idee, Google mit der Digitalisierung europäischer Bibliotheken zu beauftragen, werde nur kurzfristig finanzielle Erleichterung bringen. Denn langfristig werde ein wirtschaftlich denkendes Unternehmen wie Google für den Abruf der Bestände Geld verlangen. Die Kosten für die Bibliotheken und damit auch für den Steuerzahler würden explodieren.

Aus linker Sicht spricht nicht viel für eine PPP mit Google. PPPs müssen immer eine hohe symbolische oder finanzielle Rendite für Unternehmen erwirtschaften, sonst wäre für diese eine Investition unter starkem öffentlichen Einfluss uninteressant. Die Frage bleibt, warum die Kommission nicht die beteiligten Regierungen zu einem Digitalisierungsgipfel einlädt und die öffentliche Finanzierung für die Bewahrung des schriftlichen Kulturerbes einsammelt. Parallel könnten die urheberrechtlichen Regelungen für verwaiste Bücher gelockert werden.

Solch ein Vorgehen wäre auf jeden Fall eher im Interesse von NutzerInnen und AutorInnen, als das Verschanzen und Mauern der deutschen Verlagswirtschaft.

 

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