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VFF-Verteilungsplan unter Beschuss

Die AG Dokumentarfilm hat nun auch in der zweiten Instanz mit ihrer Klage gegen den Mitteldeutschen Rundfunk gewonnen (zur ersten Instanz siehe hier). Die bei Sendeanstalten beliebte sogenannte „VFF-Klausel“ benachteiligt die Auftragsproduzenten der Sender in unangemessener Weise und darf zukünftig nicht mehr verwendet werden. Die Revision ist nicht zugelassen. Das ist nicht nur ein Sieg für die AG DOK, sondern bestätigt auch eine neuere Tendenz in der Rechtsprechung. Die willkürliche Umverteilung von Ausschüttungen zugunsten Dritter, die bei vielen Verwertungsgesellschaften gängige Praxis ist, wird von den Gerichten offenbar nicht akzeptiert.

Bei der sogenannten VFF-Klausel geht es darum, dass die Sender ihre Auftragsproduzenten dazu verpflichten wollen, gesetzliche Vergütungsansprüche aus der Privatkopie, dem Verleih- und Vermietrecht sowie der Kabelweitersendung in die Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten GmbH (VFF) einzubringen. Aus einem einfachen Grund: Die VFF wird zum großen Teil von eben jenen Sendern kontrolliert: 36 % des Stammkapitals halten der Südwestrundfunk für die ARD und 14 % das Zweite Deutsche Fernsehen, die anderen 50% liegen beim Bundesverband Deutscher Fernsehproduzenten e.V. (vergl. Satzung §5). Entsprechend gilt in der VFF ein Verteilungsplan, der die Sender gegenüber den freien Auftragsproduzenten krass bevorzugt: 45% der Gelder fließen von vornherein an die Sender, weil angeblich rund 45% der Produktionen Eigenproduktionen der Sender sind. Bleiben 55% für die freien Auftragsproduktionen übrig. Und dazu heißt es im Verteilungsplan der VFF: „Der auf die Auftragsproduktion entfallende Ausschüttungsbetrag wird zwischen den Auftragsproduzenten und der auftraggebenden Rundfunkanstalt im Verhältnis 50 :50 geteilt.“

Es handelt sich also um ein Umgehungskonstrukt. Laut Urheberrechtsgesetz sind die gesetzlichen Vergütungen unverzichtbar – sie können im Vorhinein nicht abgetreten werden, es sei denn, an eine Verwertungsgesellschaft. Diese gesetzliche Regelung hat es den Sendern unmöglich gemacht wird, sich die für die Produzenten bestimmten Vergütungen per Buyout-Vertrag unter den Nagel zu reißen. Also haben sie sich eine Hilfskonstruktion ausgedacht: Sie verpflichten einfach die Produzenten vertraglich, in der von den Sendern kontrollierten VFF Mitglied zu werden, und sorgen dafür, dass ein Großteil des Geldes über diesen Umweg an sie umgeleitet wird.

So geht es nicht, urteilte nun auch das OLG Dresden (11 U 1493/12). Zum einen könnten die Sender den Produzenten nicht vorschreiben, welcher Verwertungsgesellschaft sie ihre Rechte einzuräumen hätten. Zum anderen sei auch die hälftige Beteiligung der Sender an den Vergütungen der Produzenten nicht hinnehmbar. Wenn es laut Urheberrecht verboten sei, meinten die Richter, könne man dies nicht einfach durch kreative Vertragsgestaltung umgehen. „Der Zweck dieser Vorausabtretungsverbote, die Ansprüche bei ihrem ursprünglichen Inhaber zu sichern, wird dadurch unterlaufen“, heißt es in der Urteilsbegründung. Formal betrachtet, ist damit zunächst nur die VFF-Klausel in den Verträgen der Sendeanstalten gekippt. Faktisch steht nun allerdings auch der Verteilungsplan der VFF selbst zur Disposition.

Das Urteil ist nicht nur ein Sieg für die AG DOK. Es bestätigt auch eine Tendenz der Rechtsprechung, die in letzter Zeit immer wieder die originären Rechteinhaber gestärkt hat. Gesetzliche Vergütungen, etwa aus der Privatkopie, sind unverzichtbar, und müssen bei den „eigentlichen Schöpfern“ ankommen, also bei den Urhebern und Leistungsschutzberechtigten. Eine Umverteilung zugunsten von Buchverlagen, wie sie etwa in der VG WORT stattfindet, oder zugunsten von Musikverlagen, wie die GEMA sie praktiziert, ist damit unvereinbar. Es fehlt nur bislang an letztinstanzlichen Urteilen dazu. Aber immerhin: Martin Vogel hat im Mai 2012 ein erstes Urteil gegen die VG WORT erwirkt; im April wird mit der Entscheidung der Berufungsinstanz gerechnet. Bruno Kramm hat mit ähnlicher Argumentation Klage gegen die GEMA erhoben. Beide können sich nicht zuletzt auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs berufen.

GUE/NGL, Rosa-Luxemburg-Stiftung und LINKE Bundestagsfraktion veranstalten am Freitag, den 22.03.2012, eine Konferenz zur Zukunft der Verwertungsveranstaltungen. Auf dem Podium wird unter anderem Cay Wesnigk zu sehen sein, der als Vertreter der AG Dokumentarfilm sicher auch etwas dazu sagen wird, wie es aus seiner Sicht in Sachen VFF jetzt weitergehen muss. Das vollständige Programm findet sich hier.

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