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Wir sind die Literaturagentur Landwehr & Cie

„Wir sind die Urheber“, mit diesem Slogan hat in den letzten Monaten immer wieder mal der Journalistenverband freischreiber darum geworben, Urheber nicht mit Verwertern zu verwechseln. Jetzt führt ihn eine andere Gruppe von Urhebern im Munde, nämlich literarische Schriftsteller. 100 von ihnen haben unter diesem Titel ein öffentliches Statement unterzeichnet, in dem sie „gegen den Diebstahl geistigen Eigentums“ protestieren. Verantwortlich für die Seite ist Matthias Landwehr, seines Zeichens Literaturagent.

Manche Leute meinen, Literaturagenten seien so etwas wie moderne Wegelagerer: Sie treiben die Vorschüsse in die Höhe, die Buchverlage für die Rechte an Manuskripten zahlen müssen, und kassieren dabei selbst 15%. Andere argumentieren, sie stärkten gerade die Verhandlungsposition der Urheber gegenüber den Verwertern, die den wirtschaftlichen Wert, der mit der eigenen Arbeit auf dem Markt zu erzielen ist, oft nicht richtig einschätzen können.  An beiden Meinungen ist etwas Wahres dran: Literaturagenten sorgen dafür, dass „ihre“ Autoren bei Vertragsschluss nicht über den Tisch gezogen werden. Gleichzeitig verstärken sie auf dem Markt das Starsystem, welches dazu führt, dass etwa 41% des Geldes, das mit Urheberrechten verdient wird, bei den oberen 10% der Autoren ankommt, wie eine Studie nachgewiesen hat. Je höher die Zuschüsse sind, die Verlage für „Starautoren“ zahlen müssen, desto größer ist der Anreiz, den Großteil des Marketings und der Pressearbeit auf die Top-Titel zu konzentrieren. Die Folge: Das Geld, das einzelne erfolgreiche Autoren mit Hilfe ihrer Agenten eintreiben, fehlt in der Breite.

Literaturagenten wissen also sehr gut, was der Text des offenen Briefs bestreitet, dass nämlich Urheber und Verwerter durchaus nicht dieselben Interessen haben. Denn im Interesse der meisten Autoren wäre es, dass Verlage weniger Geld für Starautoren ausgeben, sodass für alle mehr übrig bliebe. Das wiederum wäre aber nicht im Interesse der Agenten, die dann viel mehr arbeiten müssten, um genauso viel Geld zu verdienen wie derzeit. Denn sie müssten sich dann ja mit weit mehr Autoren und Verlagen herumschlagen, um statt von wenigen Werken von vielen zu leben. Es gibt aber noch etwas, was erst recht nicht im Interesse der Agenten liegt: dass Autoren auf die Idee kommen könnten, ihre Werke gegenüber den Verlagen oder anderen Dienstleistern selbst zu vertreten. Ja, dass sie womöglich gar ihre E-Book-Rechte selbst in die Hand nehmen könnten. Denn auch dann würden die Agenten nichts mehr verdienen.

Damit kein Missverständnis aufkommt: Es ist völlig okay, wenn man sich als Autor entscheidet, mit einer Agentur zusammenzuarbeiten. Es gibt viele gute Gründe dafür.

Wenn aber eine Literaturagentur eine Kampagne gegen den „Diebstahl geistigen Eigentums“ koordiniert, sollte sie ihre Interessen dabei transparent machen. Oder war einfach keiner der hundert Autoren in der Lage, selbst eine Webseite aufzusetzen? Wie dem auch sei, im Impressum einer Pro-Urheberrechts-Kampagne einen Literaturagenten zu nennen, ist jedenfalls ungefähr so, als würde bei einer Kampagne für „freies Wissen“ Google im Impressum stehen.

Matthias Landwehr ist in der Branche übrigens gehasst und gefürchtet zugleich, als harter, oft kompromissloser Verhandler, der genau weiß, wann er in der stärkeren Position ist und dies sein Gegenüber auch spüren lässt. Er ist aber auch ausgesprochen anerkannt: Autoren reißen sich darum, von Landwehr vertreten zu werden. Gute Agenten sind schließlich gute Interessenvertreter für ihre Klientel. Ob es gut ist, wenn Landwehr diese Rolle jetzt auch im Bereich des Politischen übernimmt? Besser wäre es zweifellos, die Autoren würden sich selbst an der derzeitigen Urheberrechtsdiskussion beteiligen. Dafür allerdings ist es mit einer Unterschrift unter ein paar Absätze Verlautbarungsprosa nicht getan.

13 Kommentare zu “Wir sind die Literaturagentur Landwehr & Cie”

  1. Glamypunk sagt:

    Ich kann beim besten Willen nicht erkennen, was daran verkehrt sein soll, wenn ein Literaturagent sich für die Interessen seiner Klientel einsetzt. Das sollte sogar seine Pflicht sein.

    Im übrigen wimmelt der Artikel von merkwürdigen nicht belegten Unterstellungen. „Wegelagerer“, „Starsystem“, es fehle das Geld in der Breite etc.

    So ein niedriges, vorurteilsbeladenes und unrecherchiertes Niveau bin ich gewohnt von den orientierungslosen Piraten, von der Linke darf man etwas mehr erwarten.

  2. „Orientierungslose Piraten“ ist hingegen hohes, vorurteilsfreies und recherchiertes Niveau?

    SCNR 😀

  3. Glamypunk sagt:

    Das ist weltgeschichtliche Tatsache 😉

  4. hans dampf sagt:

    Interessantes Beschäftigungsfeld, das Glamypunk da betreibt als Kommentartourist unter jedemeinzelnen Urheberrechtsbeitrag…

  5. Alexander Schmidt sagt:

    An der Stelle „Der in diesem Zusammenhang behauptete Interessengegensatz zwischen Urhebern und »Verwertern« entwirft ein abwegiges Bild unserer Arbeitsrealität. In einer arbeitsteiligen Gesellschaft geben Künstler die Vermarktung ihrer Werke in die Hände von Verlagen, Galerien, Produzenten oder Verwertungsgesellschaften, wenn diese ihre Interessen bestmöglich vertreten und verteidigen.“ war ich beim Lesen der Kampfschrift ein bisschen irritiert.

    Historisch gesehen hat das Urheberrecht die Schriftsteller im 19. Jahrhundert in Deutschland gegenüber den Druckergilden ermächtigt, die die damaligen Verleger waren und die Druckrechte untereinander aushandelten. Die Schriftsteller wurden also erst durch das Urheberrecht überhaupt in die Lage versetzt, mit den Druckern (Verlagen), ungefähr auf Augenhöhe zu verhandeln. Zuvor hatten sie nur einmal die Möglichkeit etwas zu verdienen, und zwar, als sie den Auftrag für einen Text erhielten oder als sie den Tex dem Drucker direkt verkauften. Danach waren sie aus der Verwertung der Texte raus.

    Ähnlich ging das auch den Musikern gegenüber den Plattenverlagen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die bekamen für die Zeit im Aufnahmestudio einen Stundenlohn oder ein (niederes) festes Gehalt. Alles, was dann über den Plattenverkauf rein kam, floss in die Taschen der Plattenfirma. In den USA kam es deswegen in den 40ern zu einem Musikerstreik, und die Musiker erstritten sich eine Verwertungsbeteiligung.

    Die Kampfschrift der Urheber wird natürlich zum Treppenwitz, wenn jetzt rauskommt, dass ein maßgeblicher Betreiber der Aktion kein Urheber ist, sonder einer, der sich symbiotisch an Künstler anheftet und die Künstler nun anleitet wie, wo und wann sie ihre Krododilstränen durchs Internet und die sonstigen Medien kullern lassen sollen.

    Igitt, kann ich da nur sagen. Wer Künstler mit so dreisten Maden im Speck hat, muss dringend was am Urheberrecht reparieren. Die Piraten haben auf wichtige Punkte aufmerksam gemacht: Die Fristen, vor allem die nach dem Tode der Urheber, müssen stark gekürzt werden, und Privatleute dürfen nicht wegen des Urheberrecht von dubiosen Rechtsanwälten mit Abmahnungen geschröpft werden.

  6. Stefan sagt:

    „Ich kann beim besten Willen nicht erkennen, was daran verkehrt sein soll, wenn ein Literaturagent sich für die Interessen seiner Klientel einsetzt.“

    Es ist genausowenig verkehrt wie ein Bauer, der sich für die Gesundheit seines Mastviehs oder seiner Milchkühe einsetzt.

    Beides ist Teil eines Geschäftsmodells.

    Aber: mehr auch nicht. Moral oder Altruismus („die armen Schweine“, pun intended) hat hier keine vorrangige Bedeutung und dient allerhöchstens ebenfalls der Erhaltung (oder moralischen Rechtfertigung) dieses Geschäftsmodells.

    Landwirte wären arbeitslos, wenn die Kühe plötzlich selber zu den Verbrauchern gehen würden, um sich melken zu lassen, und die Schweine ihren Schinken selber auf dem Markt anböten (vgl. http://remotestorage.blogspot.de/2010/07/douglas-adamss-cow-that-wants-to-be.html).

    Genau das ist aber im Gegensatz zu Landwirten bei Schriftstellern dank Internet durchaus realisierbar, und davor haben die Mittelsmänner natürlich panische Angst. Kein Wunder also, dass sie ihre Schäfchen im Trockenen halten wollen, und dabei manchmal vergessen, ihr Wolfsgebiss ausreichend zu verstecken.

  7. Alexander Schmidt sagt:

    @Stefan „Beides ist Teil eines Geschäftsmodells.“

    Vollkommen richtig. Es ist Geschäft, keine Kunst.

    Wir können nicht anfangen, alles was irgendwie vage mit Kunst, Werk, Schaffen oder darum herum zu tun hat, unter jahrezehntelangen/jahrhundertelangen Universal-Monopolschutz zu stellen.

    Jedes Recht, das dem einen gegeben wird, wird einem (oder vielen) anderen genommen.

    Die Künstler sollen ein Urheberrecht haben, aber keines, das ihre gesamten Zu– und Nacharbeiter umfasst oder sämtliche Bürger zu totalüberwachten Urheberrechtssklaven macht.

    Das Urheberrecht muss die Grund-/Menschenrechte respektieren und nicht umgekehrt. Das heißt, dass sich kein anderer als der tatsächliche Urheber mit den Werken schmücken darf und dass Geld, das mit diesen Werken verdient wird, auch den Urhebern zugute kommt. Ansonsten hat jeder Mensch als Vergeltung für den gewährten Urheberschutz das Recht an dieser Kultur zu partizipieren.

  8. […] Medienordnung schaffen Positionspapier des Parteivorstandes « Wir sind die Literaturagentur Landwehr & Cie […]

  9. […] ihre Miete erwirtschaften müssen. Die gesamte Bigotterie des Aufrufs, der durch einen bekannten Literaturagenten orchestriert wurde und in einer Publikation des Holtzbrink-Verlags sein Forum fand, wird durch den […]

  10. […] gerufen: Matthias Landwehr ist Literaturagent – wer sich ein Bild über ihn machen möchte, sollte hier mal reinschauen. Nicht eingegangen wird außerdem auf die Abmahnindustrie und die ist es doch immerhin, die um die […]

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