DIGITALE LINKE
— Politik in der digitalen Welt! —

Archiv für Mai 2012

Heute keine Urheberrechtsreform – Ist das auch gut so? Ein Kommentar zur Positionierung der Bundesjustizministerin in Sachen Urheberrecht.

Seit Anfang des Jahres tobt die mediale Schlacht um die Zukunft des Urheberrechts als stünde der Untergang des Abendlandes mal wieder bevor. Bis heute allerdings schwieg die Person, deren oberstes Zuständigkeitsgebiet die Neuregelung von Gesetzen ist: Die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger.
Und auch wenn sie sich in ihrem heutigen FAZ-Artikel einseitige Schuldzuweisungen und Belehrungen über angebliche Naivitäten bezüglich des Wesens des Internets nicht verkneifen kann, sie schlägt sich nicht billig auf eine Seite und kennzeichnet die deutschen Copyright Wars als das, was sie in ihrer Heftigkeit sind: eine mediale Inszenierung.

Andererseits ist es ja auch nicht so, das alles in Butter wäre beim Urheberrecht. Vor allem hat Leutheusser- Schnarrenbergers Ministerium seit mindestens 2009 die Hausaufgaben in diesem Bereich nicht erledigt. > Weiterlesen

VG WORT prellt Autoren um Geld

Martin Vogel, Richter in den Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts und Mitautor des wichtigsten deutschen Urheberrechtskommentars, hat einen Prozess gegen die VG WORT gewonnen. Das Ergebnis: Die Verwertungsgesellschaft schüttet zu Unrecht Gelder, die den Autoren zustehen, an Verlage aus. Das Urteil ist eine Blamage nicht nur für die VG WORT, sondern auch für die Politik. Weil das Deutsche Patent- und Markenamt als Aufsichtsbehörde die widerrechtliche Praxis längst hätte beenden müssen. Aber auch, weil der Deutsche Bundestag 2008 eine entsprechende Petition von Martin Vogel abgelehnt hat, ohne sich mit dessen Argumenten näher auseinandergesetzt zu haben.

Die ganze Geschichte ist freilich noch länger. Sie geht ungefähr so: Die Bundesregierung setzt eine Kommission prominenter deutscher Urheberrechtler ein, um ein Gesetz zu entwerfen, das Autoren finanziell besserstellen soll. Die Verlegerlobby läuft dagegen Sturm. Die Regierung erklärt, alles sei nicht so gemeint gewesen, und ändert das Gesetz erneut, wobei sie sich so ungeschickt anstellt, dass die Autoren schlechter wegkommen als zuvor. > Weiterlesen

Das Netz, die Eigentumsfrage und die Freiheit der Kommunikation (Teil III)

Offenheit als Kontingenz

Tatsächlich muss die praktizierte und noch bestehende Offenheit des Netzes als „kontingent“ (ebd.) angesehen werden. Umgekehrt allerdings gilt das ebenso für seinen prognostizierten Zerfall in Territorien. Beide Szenarien verweisen in ihren grundlegenden Implikationen zurück auf zu führende politische Auseinandersetzungen. Denn folgendes ist zu proklamieren: Obgleich die Offenheit des Netzes nicht als Wesensnotwendigkeit zu begründen ist, so bleibt sie doch politisch möglich. Darauf reflektiert in besonderer Dringlichkeit ebenfalls ein jüngerer Mahnruf von Tim Berners-Lee.

Die konkreten Bedrohungen auflistend – Einzäunung und Abschottung von Informationen in Sozialen Netzwerken, Smartphones und Pads; Drosselung und Unterbindung des Zugangs zu rivalisierenden Diensten im mobilen Internet; fortschreitende Überwachungszugriffe auf die Informationsinfrastruktur durch autoritäre ebenso wie durch demokratische Regierungen –, konstatiert er: „Sollten wir, die Nutzer des Netzes [im Orig.: Web], diese und andere Tendenzen weiterhin ungehindert an uns vorbeiziehen lassen, zerbricht das Netz in fragmentierte Inseln. Wir verlören die Freiheit zur Vernetzung mit den Webseiten unserer Wahl.“ (Berners-Lee 2010)

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Das Netz, die Eigentumsfrage und die Freiheit der Kommunikation (Teil II)

Strategische Kontrollzugriffe

Grundlegender Ansatzpunkt aller Strategien zur Kontrolle des Internet bildet der Zugriff auf die physische Transportinfrastruktur (Goldsmith/Wu 2008). Provider und Netzbetreiber sind als Gatekeeper und Intermediäre von Kommunikation vorrangiges Ziel staatlicher wie privater Bestrebungen zur Rechtsdurchsetzung. Zunehmend im Besitz der entsprechenden Steuerungstechnologien verfügen sie über ein Werkzeug, das es erlaubt, Datenpakete potentiell nach Inhalt, Quelle oder Ziel zu differenzieren, und eben auch, missliebige Datenverkehre zu unterbinden.

Maßgebende Akteure der Medien- und Unterhaltungsindustrie suchen daher seit geraumer Zeit, das eigene Agenda-Setting in die Debatte um Netzneutralität hineinzutragen und in die Prozesse administrativer Entscheidungsfindung zu inkludieren. Bereits im März des Jahres 2010 hatte sich in den USA ein Bündnis aus Medienindustrie und neokorporatistisch agierenden Gewerkschaften mit einem weitreichenden Forderungskatalog an die US-Regierung gewandt. Darin enthalten war die Aufforderung, die Intermediäre im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen einzubinden und die Thematik in die von der Federal Communications Commission (FCC) geleiteten Verhandlungen zur Netzneutralität aufzunehmen (AFTRA et al. 2010). > Weiterlesen

Das Netz, die Eigentumsfrage und die Freiheit der Kommunikation (Teil I)

Die Zeiten, in denen sich die Kulturschaffenden in ihrem Großteil auf der linken Seite des politischen Spektrums verorteten, sind seit langem vorbei. Tempi passati – heute versammeln sie sich hinter ihren Verwertern. Mit ihnen fordern sie immer lauter schärfere Sanktionen gegen Urheberrechtsverletzungen im Netz. Die Grundlagen digitaler Kommunikation kaum durchschauend, sind sie gar bereit, die Totalüberwachung des Austausches von Informationen in Kauf zu nehmen. Zeit also, die Verhältnisse einmal genauer zu reflektieren. Unter obengenanntem Titel dokumentieren wir in einer dreiteiligen Vorabversion Auszüge eines längeren Textes von Lothar Bisky und Juergen Scheele. Sobald die vollständige Printversion vorliegt, werden wir darauf verweisen. [Red.]

Delikt Kopie

Das von der Rechteindustrie zur Verhandlung gebrachte Delikt Kopie erweist sich bis in die Begrifflichkeiten und die Bewertung des Schadensausmaßes hinein als vermint. Verbreitete Terminologien wie Internetpiraterie und Raubkopie sind als „irreführend“ (Brodowski/Freiling 2011) einzustufen, schließlich bezeichnet Raub die Wegnahme einer Sache unter Gewalt oder unter Bedrohung für Leib und Leben (§ 249 StGB), zählt entsprechend zu mittelschwerer und schwerster Kriminalität, ebenso wie Piraterie juristisch besehen für schwerste Gewaltkriminalität auf Hoher See steht. An einer Dekomposition solcher in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangenen Begriffssemantiken muss sich gleichwohl nicht versucht werden, zumal urheberrechtskritische Ökonomen umgekehrt dazu übergegangen sind, das Verhalten der Unterhaltungsindustrie als Raubrittertum zu brandmarken. > Weiterlesen

LINKE stellt Gesetzentwurf zum Urhebervertragsrecht zur offenen Diskussion



„Die Buchverlage stehen ohne Wenn und Aber zum Prinzip der angemessenen Beteiligung der Urheber an den Erlösen ihrer Werke.“ So äußert sich Jürgen Hogrefe, Vorsitzender des Urheber- und Verlagsrechts-Ausschusses im Börsenverein des Deutschen Buchhandels heute in einer Pressemitteilung. Komisch, dass zum Beispiel die Literaturübersetzer die Buchverlage bis vor den Bundesgerichtshof verklagen mussten, um diese angemessene Beteiligung durchzusetzen. Das Ergebnis war ernüchternd für die Verlage, insbesondere, was die Beteiligung an den Nebenrechten anging, also etwa an den Erlösen aus Taschenbuch- oder Hörbuch-Lizenzen. Diese werden von den Verlagen, die Hardcoverausgaben herausbringen, oft an andere Vertragspartner sublizenziert. Ein Fünftel der Summe, die der Autor erhält, soll nach Meinung des BGH der Übersetzer bekommen: 12% vom Nettoerlös aus diesen Rechten.

Das wiederum fand der altehrwürdige Carl Hanser Verlag nicht gerecht. Und beschloss, vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen zu klagen, dass er eine angemessene Vergütung zahlen sollte. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde angenommen. Es wird nun also auf höchster Ebene darüber entschieden, ob es möglich ist, dass der Gesetzgeber Eingriffe in die Vertragsfreiheit vornimmt, um den schwächeren Partner zu schützen. Denn genau dies ist im Rahmen des 2002 eingeführten Urhebervertragsrechts der Fall gewesen. Damit sollte den Urhebern der Rücken gestärkt werden. > Weiterlesen

Im Schützengraben der Urheberrechtsdebatte – eine Analyse des Aufrufs „Wir sind die Urheber“

Der Kampf um die ideologische Hegemonie in der Urheberrechtsdebatte geht in die nächste Runde.

Der Brief der Tatort-Autor_innen etwa wurde auch hier von LINKS beantwortet. Nachdem die 100-Köpfe-Kampagne des Handelsblattes unter anderem deswegen schief ging, weil mindestens so viele Nichturheber wie Urheber dazu zählten, finden sich nun mehrere neue Initiativen gegen die vermeintliche „Kostenloskultur des Internets“. Bei der Linksfraktion ging ein Brief einer Journalistin ein, die das LINKE 10-Punkte-Papier zum Thema „Urheberrecht in der digitalen Welt“ scharf kritisierte. Die Mail, in der die Autorin um Nichtveröffentlichung bat, erschien etwa zeitgleich auf dem Blog des Deutschen Journalistenverbandes, gekürzt um die Bitte der Nichtveröffentlichung. Die Antwort der angeschriebenen Abgeordneten ist dort inzwischen ebenfalls zu lesen.

Die Kampagne Ja zum Urheberrecht  machte mit Plakatmotiven von sich reden, die die Sympathiewerte für die Krimiautoren wohl nur begrenzt steigerten.

Am meisten Furore macht derzeit sicher die Kampagne wie-sind-die-urheber.de Unter den 100 Erstunterzeichner_innen finden sich fast ausnahmslos Buchautorinnen und -autoren. Organisiert wurde das Ganze vom Literaturagenten Matthias Landwehr. Mittlerweile haben mehr als 1500 Personen unterschrieben. Einige, die angesprochen wurden, haben auch nicht unterschrieben und begründen dies öffentlich. Andere starten erfolgreiche Gegenkampagnen wie diese oder diese. Vor der dennoch beeindruckenden Liste der Unterzeichnenden steht ein äußerst dürftiger Aufruf, der an dieser Stelle über diesen Artikel von Christian Stöcker hinaus, kommentiert werden soll: > Weiterlesen

Wir sind die Literaturagentur Landwehr & Cie

„Wir sind die Urheber“, mit diesem Slogan hat in den letzten Monaten immer wieder mal der Journalistenverband freischreiber darum geworben, Urheber nicht mit Verwertern zu verwechseln. Jetzt führt ihn eine andere Gruppe von Urhebern im Munde, nämlich literarische Schriftsteller. 100 von ihnen haben unter diesem Titel ein öffentliches Statement unterzeichnet, in dem sie „gegen den Diebstahl geistigen Eigentums“ protestieren. Verantwortlich für die Seite ist Matthias Landwehr, seines Zeichens Literaturagent. > Weiterlesen

Vorratsdatenspeicherung: Drohkulisse Vertragsverletzungsverfahren und Zwangsgeld

Gestern debattierte der Innenausschuss des Bundestages über den Konflikt zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. Ein Vertreter der EU-Direktion Innere Sicherheit – näheres dazu auch auf netzpolitik.org – bekräftigte erneut, dass der Bundesrepublik eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen Nichtumsetzung der Richtlinie droht. Sollte eine Verurteilung erfolgen, könne entweder ein Zwangsgeld ab dem Tag des Urteils oder aber ein Pauschalbetrag rückwirkend ab Inkrafttreten der nicht umgesetzten Richtlinie verhängt werden.

Doch wie sieht es generell mit EU-Vertragsverletzungsverfahren aus? Wie viele sind gegen die Bundesrepublik anhängig und in welcher Höhe wurden Strafgelder bislang verhängt? Das wollte Jan Korte, DIE LINKE, in einer Kleinen Anfrage (BT-Drs. 17/9385) von der Bundesregierung in Erfahrung bringen. Die Antwort liegt nun in einer noch unveröffentlichten Vorabversion (pdf) vor. Ihr ist zu entnehmen: > Weiterlesen

freischreiber für Pilotprojekte zur Urhebervergütung

Wir dokumentieren hier im Wortlaut das Statement, das Wolfgang Michal vom Journalistenverband freischreiber auf der Konferenz „Kreatives Schaffen in der digitalen Welt“ am 7. Mai in Berlin gehalten hat. > Weiterlesen